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Polders Goldschmiede

Familienbetrieb mit 150-jähriger Tradition  

Die vier Goldschmiede Wilhelm Polders
Die vier Goldschmiede Wilhelm Polders I, II, III und IV (v.l.).

150 Jahre alt wurde die Goldschmiede Polders in Kevelaer im Jahr 2012 alt. Vier überragende Meister, alle Wilhelm mit Vornamen, fertigten profane und vor allem sakrale Kunst, die heute auf der ganzen Welt zur Ehre des Höchsten eingesetzt wird. Erst vor wenigen Wochen übergab Seniorchefin Maria Polders (91) bei einer Privataudienz Papst Benedikt XVI. einen wertvollen Messkelch. Auch sein Vorgänger Johannes Paul II. hatte einen Messkelch aus der Kevelaerer Schmiede in Gebrauch gehabt, zum Beispiel 1991, als er Markus, einen Sohn von Maria Polders und Wilhelm Polders III, in Rom zum Priester weihte.

Doch beginnen wir mit den Anfängen der Werkstatt Polders und blicken tief in das 19. Jahrhundert! Eine berühmte Gestalt kreuzte den Weg des jungen Kupferschlägers und Wandergesellen Wilhelm Mathias Polders: Anfang der 1850er-Jahre unterzeichnete Adolf Kolping das Wanderbüchlein des 19-Jährigen und schrieb ihm eine Empfehlung dazu: Polders sei ein „durchaus braves und treues Mitglied des Vereins“, das er „aufs beste empfehlen“ könne.

Tntenfass PoldersPolders I, 1831 in Kapellen geboren, durchwanderte zehn Jahre lang Europa. In Kevelaer siedelte er sich an und bildete sich zum Gold- und Silberschmied weiter. Sein Meisterstück war ein Tintenfass.

Tintenfass – Meisterstück von Wilhelm Polders I. Bis heute wird es in der Familie gehütet.

Stärker als profanes Kunsthandwerk faszinierten ihn im zweitgrößten Wallfahrtsort Deutschlands allerdings sakrale Werkstücke. 1862 – das genaue Datum ist nicht bekannt – gründete er die Gold-, Silber- und Kupferschmiede Polders und kaufte 1868 das altehrwürdige, mindestens seit 1650 bestehende Haus „In den bonten Os“ an der Hauptstraße, in dem die Unternehmung noch heute angesiedelt ist. Er heiratete im selben Jahr Katharina Leukers.
 
Eligius aus der Goldschmiede PoldersUnter seinen fünf Kindern war ein Nachfolger. 1878 kam Wilhelm II zur Welt und hielt es wie sein Vater: Als Kolpingsohn wanderte er von Meister zu Meister, erweiterte die handwerklichen Fertigkeiten um den Bronzeguss und stellte schon als Zwanzigjähriger beim Katholikentag 1898 eigene Werke aus. Sein Vater erlebte diese Auszeichnung nicht mehr; er war zwei Jahre zuvor gestorben.

Wilhelm Polders II arbeitete in seiner hochmodernen Werkstatt für Auftraggeber in ganz Deutschland, auch für Kunstinteressenten in den Niederlanden, zudem für Priesterseminare, Pfarr- und Urwaldkirchen am Amazonas, in Afrika und in den USA. 1910 entwarf er den Kronleuchter, der bis heute in der Kerzenkapelle hängt – ein wahres Meisterwerk mit 20 Lichtarmen, 200 Kilogramm schwer, komplett von Hand ohne ein einziges Fertigteil gearbeitet.

Figur des Eligius aus der Goldschmiede Polders. Der Heilige steht für die Verpflichtung der Gold- und Silberschmiede, sich der christlichen Kunst anzunehmen und mit ihren Talenten Werke zu schaffen, die zur Ehre Gottes und der Stärkung des Glaubens dienen.

Vier Jahre später kam Wilhelm III, eines der sechs Kinder von Wilhelm Polders II und seiner Frau Maria Lemmen, zur Welt. Seine Meisterschaft gründete auf einer erstklassigen Ausbildung bei großartigen Goldschmieden und Bildhauern, in Schulen und Akademien. Er übernahm die Verantwortung für die Werkstätte, als sein Vater 1951 starb.

Wilhelm Polders III nutzte das Zweite Vatikanische Konzil in den 1960er-Jahren und die damit einhergehende geistliche Erneuerung auf seine Weise; er übertrug sie auf die Ausgestaltung der Kircheninnenräume, verzichtete auf Schmuck- und Stilelemente, die eitler Schönheit gedient hätten, und rückte die zentralen christlichen Botschaften in die Mitte. Er beschickte Weltausstellungen und Katholikentage, schuf Werke für Kirchengemeinden in der ganzen Welt, für Papst Paul VI. und für Papst Johannes Paul II.

Polders-KelchAn vielen Orten der Welt und besonders in Deutschland stoßen Kevelaerer immer wieder unvermittelt auf Wertvolles aus den Werkstätten Polders. Als Pilger der Norder Küsten-Wallfahrt im September auf ihrer Rückfahrt die Abtei Hamborn besuchten, zeigte Pater Georg ihnen in der Sakristei mit ihren kostbaren Sakralschätzen neben reich verzierten liturgischen Gewändern auch goldenes Gerät, darunter einen Kelch aus der Goldschmiede Polders. Wie viele Polders-Werke wird er zu besonderen Anlässen verwendet – z.B. zu den Ordensfesten der Abtei Hamborn: am 6. Juni, dem Festtag des Heiligen Norbert, und am 28. August, dem Festtag des Heiligen Augustinus; zudem bei Priesterweihen und Ordensgelübden und bei Abtwahlen. Dann werden darin die Stimmzettel gesammelt. Das war zuletzt 2005 der Fall und wird wieder geschehen 2015. Geschaffen hat den Kelch Wilhelm Polders III. Die rote Emaille-Schicht des Kelchs ist übrigens ohne Naht gearbeitet, ein besonders aufwendiges und schwieriges Verfahren.

Wilhelm Polders III arbeitete so brillant, dass Johannes Paul II. ihn 1987 für seine Verdienste um die kirchliche Goldschmiedekunst zum Ritter des Gregorius-Ordens ernannte. Polders sagte damals der Redaktionsleiterin des Kävels Bläche: "An erster Stelle stehen für mich das Vorbild der Schöpfung und eine entsprechende Einstellung zum Schöpfer der Welt.“

Über seinen bevorzugten Werkstoff meinte er: „ Gold ist ein Metall mit Eigenschaften, die man einer göttlichen Potenz zuordnen kann." Gold sei unvergänglich und faszinierend. Er habe es immer wieder als herrlich erlebt, wie es flüssig werde, verdampfe und in unvorstellbarer Farbenpracht festen Bestand annehme. Ihn erstaune seit Jahren wieder und wieder das Wissen, dass aus einem einzigen Gramm Gold ein 40 Kilometer langer Faden gesponnen werden könne.

So war Wilhelm Polders III nicht allein der ausgezeichnete Handwerker, sondern auch der Künstler, der den Werkstoffen viel Freiheit ließ, unter seinen Händen ihre Eigenheiten zu entfalten.

Ihm verdanke die Unternehmung Polders ihren „hohen künstlerischen Rang von kirchenhistorischer Bedeutung“, schrieb 1987 zur Ordensverleihung der Kölner Arzt und Historiker Peter Berglar. Polders habe jene „Sprache tiefer Ehrfurcht und Bescheidenheit, die die Künstler des Mittelalters auszeichnete, übersetzt in die Redeweise des zwanzigsten Jahrhunderts“.

Was Polders zu dem Meister gemacht habe, der er war, „das ist die Verschmelzung von Gottes-Dienst und Kunstfertigkeit in einer Person“.

Als Wilhelm Polders III 1992 starb, schrieb Prälat Dr. S. Neuhaus, Domherr an St. Peter zu Rom, in einem Nachruf, Polders sei einer „der bedeutendsten Erneuerer kirchlicher Goldschmiedekunst in Deutschland“ gewesen.

Heute wirkt Wilhelm Polders IV, Jahrgang 1954, Sohn von Maria und Wilhelm Polders III, ebenfalls bestens ausgebildet und international erfolgreich, im schönen Erkerhaus an der Hauptstraße und lässt jedes Sakral-Stück aus seinen Händen und den Händen der teils über Jahrzehnte treuen Mitarbeiter in der Sprache der Formen, Farben, Steine und Metalle biblische Geschichten erzählen. Ihm ist gleich seinem Vater jede christliche Symbolik vertraut wie die eigene Muttersprache.

Von den sieben Polders-Kindern - sechs leibliche und ein angenommenes ungarisches Flüchtlingskind - arbeiteten und arbeiten weitere mit wertvollen Rohstoffen, darunter Mareile Baumgärtner, geborene Polders, Ludger Polders und Ferenc „Pepi“ Jóvári.

In der fünften Generation ist kein „neuer“ Wilhelm in Sicht, wohl aber ein Benedikt, Sohn von Ludger und Gabriele Polders, im dritten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Goldschmied und vor wenigen Tagen 20 Jahre jung geworden.

Vier Polders-Generationen hat Maria Polders, Tochter des Hoteliers Anton Voss vom „Weißen Kreuz“ am Kapellenplatz, seit 1946, dem Jahr ihrer Heirat mit Wilhelm Polders III, erlebt – die des Schwiegervaters, die des eigenen Mannes, des Sohns und jetzt des Enkels. Sie ist immer eine starke Partnerin gewesen – als Geschäftsfrau und Unternehmerin, als Mensch mit weltweiten Kontakten und als Mutter ihrer Kinder.
Maria Polders, bis heute die Seniorchefin der Werkstätten, blieb die sehr stille Kraft im Hintergrund.

Als Johannes Paul II. sie 1996 für ihr Lebenswerk zur „Dame des Gregorius-Ordens“ ernannte, reagierte sie mehr erschreckt als erfreut. Weihbischof Heinrich Janssen musste Überzeugungsarbeit leisten, um die Auszeichnung wenigstens in kleinstem Kreis überbringen zu dürfen (er schaffte es). Bischof Reinhard Lettmann hatte über Maria Polders in einem Brief an den Papst geschrieben: „Ihr ganzes Leben lang hat sie sich um die Caritas vor Ort und in der Welt bemüht.“ Wo Maria Polders Not der Menschen gesehen habe, habe sie selbstlos geholfen und sei dabei vielen ein Vorbild gewesen.

Bis heute ist Maria Polders ebenfalls eine Meisterin, keine der Goldschmiedekunst - ihre Kunst oder besser ihre Natur ist es, Leben unaufdringlich zu begleiten, sanft zu führen und das Wesentliche in den Blick zu rücken. So übergab sie Papst Benedikt XVI. vor wenigen Wochen nicht allein, wie oben beschrieben, einen Kelch, sie sagte ihm ihr Gebet an der Gnadenkapelle zu. Besonders dafür dankte er ihr später in einem Brief.

Maria Polders und Papst Benedikt
Maria Polders und ihr Sohn Ludger (l.) im Oktober 2012 bei einer Privataudienz mit Papst Benedikt XVI. und seinem Privatsekretär Georg Gänswein (r.) vor dem Petersdom. Der Pontifex nahm sich ungewöhnlich viel Zeit und erinnerte sich gemeinsam mit den Gästen aus Kevelaer an seinen Besuch in der Marienstadt vor 25 Jahren. 1987 hatte Ludger Polders als junger Student den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation in Düsseldorf vom Flughafen abgeholt und dem hungrigen Mann aus Rom den eigenen Wegproviant überlassen. Jetzt schenkte Maria Polders dem Papst einen Messkelch.

Die Geschichte der Goldschmiede Polders ist nicht denkbar ohne die innere Verbindung ihrer Mitglieder zum Gnadenort. Das Haus an der Hauptstraße war und ist bis heute eine Art „Gaststätte zum guten Hirten“, eine Schaltstelle, an der sich immer wieder Menschen unterschiedlichster Herkunft begegnen – oft im Erkerzimmer über dem Geschäft: Arme aller Art, Suchende, Beter, Bischöfe, Kardinäle, Weisheitslehrer und ungezählte „Normalsterbliche“, die in der Ruhe dieses Hauses wertvolle Stunden erleben und am Ende um gute Gedanken bereichert die steile Treppe hinunter in den Alltag steigen.

Maria PoldersEs gibt viele bewegende Geschichten rund um die Polders-Generationen, kleine Geschichten aus der engsten Familie und Weltgeschichten, die zum Beispiel vor der Wende – spannend wie ein Kriminalroman - hinter dem Eisernen Vorhang spielten und deutlich machen, dass es über das edel geschmiedete Metall hinaus immer und zuerst um christliche Botschaft ging. Das Besondere an all diesen Geschichten von Hilfe und Zuwendung: Sie werden in der Öffentlichkeit nicht erzählt. Sie haben vor Jahr und Tag ihre Wirkung gezeitigt und dürfen nun ruhen.

Begleitet waren und sind sie alle von dem Leitwort der Eheleute Maria und Wilhelm Polders: „Amor omnia vincit – Die Liebe überwindet alles.“ Das Wort hat sie durch die Zeit getragen und war bei mancher Prüfung der letzte Halt und die schönste Verheißung.


Wilhelm Polders IV. und sein Mauerkreuz
Wie seine Vorgänger ist Wilhelm Polders IV. der Kirche eng verbunden. Als er Mitte der 80er-Jahre Ost-Berlin besuchte, um einen Messkelch zu überbringen, „fühlte ich mich dort stark eingeengt“, erzählte er später dem KB. „Ich habe es kaum ausgehalten. Diese ganzen Kontrollen, die Mauer – schrecklich. Es schnürte mir förmlich den Hals zu.“ Als er wieder zu Hause war, schuf er ein Kreuz, das er Mauerkreuz nannte und mit einer Fürbitte verband: „Gib, dass die Mauern brechen.“

1986 übergab er das Kreuz Edgar Kutzor, Pfarrer an St. Matthias in Schöneberg, in den sechziger Jahren Kaplan in Kevelaer und ein Nachfolger des späteren Kardinals von Galen, der 15 Jahre in diesem Berliner Stadtteil tätig gewesen war. Zunächst hängte Kutzor das Kreuz in eine Kapelle. Als seine Kirche 1989 neue Apsis-Fenster bekam, beschloss die Gemeinde, das Kreuz dort wirken zu lassen. Am 19. August brachte Kutzor es an. Es war – wie sich später herausstellte – genau jener Tag, an dem während eines Friedenspicknicks an der österreichisch-ungarischen Grenze Hunderte in die Freiheit aufbrachen und der „Eiserne Vorhang“ Risse bekam. Drei Monate später fiel die Mauer. Heute zeichnet das Mauerkreuz aus Kevelaer für die Pfarrgemeinde St. Matthias ein Stück Geschichte nach. Pfarrer Kutzor spricht von der „sichtbaren Erfüllung der Bitte von Wilhelm Polders.“

Die Festschrift zum Firmenjubiläum
Pfarrer Markus Polders stellte zum Jubiläum eine bemerkenswerte Festschrift zusammen. Darin erzählt er die Geschichte der Werkstätten durch alle Generationen, zeigt unvergleichliches Kunsthandwerk von Familienmitgliedern, lässt berühmte und weniger berühmte Wegbegleiter zu Wort kommen und das Wesen sakraler Kunst beschreiben. Das über 70 Seiten starke Heft ist, wie Markus Polders schreibt, ein Dank an den „Schöpfergott für die 150-jährige ungebrochene Tradition goldschmiedischen Schaffens und die Weitergabe christlicher Werte von Generation zu Generation“.

Delia Evers

Quellenhinweise:
Wilhelm-Kopfbilder I bis III und Papstbild: Privatarchiv der Familie Polders; Kopfbilder Maria Polders und Wilhelm Polders IV, Eligius und Tintenfass: Delia Evers 

© Martin Willing 2012, 2013