Polders, Wilhelm III
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Goldschmied
in Kevelaer | * 1914 | † 1992
In
der
Goldschmiedefamilie Polders hat sich die Weitergabe von Talenten,
Werkstatt und Namen vom Vater auf den Sohn bereits dreimal ereignet: Von
Wilhelm Polders I (* 1828, † 1896) über Wilhelm Polders II (* 1878, †
1951) und Wilhelm Polders III (* 1914, † 1992) auf Wilhelm Polders IV (*
1954).
Die herausragende Bedeutung von Wilhelm Polders III wird deutlich im
Kontext der Entwicklungsschübe, die die Poldersche Kunstwerkstatt seit
dem vorigen Jahrhundert genommen hat. Sein Großvater Wilhelm Polders I,
gelernter Kupfer- und Goldschmied, konzentrierte sich bereits zunehmend
auf sakrale Handwerkskunst. Sein Vater, noch vom Historismus
beeinflusst, bereitete den Abschied von überreicher Ausschmückung vor
und wählte klarere, einfachere Formen für Kelche, Monstranzen, Ziborien,
Tabernakel, Taufbecken, Kreuze, Reliquiare, Kerzenständer, Leuchter,
Ewig-Licht-Lampen, Weihwasserkessel, Ölgefäße, Taufgarnituren,
Kanontafeln, Glocken, Lavabos und Messkännchen.
Den Wandel zur Moderne zu vollziehen, blieb Wilhelm Polders III
vorbehalten, dem das Glück zufiel, in einer Zeit der Erneuerung,
ausgelöst durch das Zweite Vatikanische Konzil in den 1960er-Jahren,
leben und arbeiten zu dürfen.
Wilhelm III hatte sich auf seinen Beruf und die Fortführung der
väterlichen Goldschmiede bestens vorbereitet. Von 1928 bis 1932 Lehrling
bei seinem Vater, besuchte er bis 1934 die Kunstgewerbeschule in
Krefeld, bildete sich anschließend beim Bildhauer Brüx in Kleve und bei
Goldschmieden in Regensburg, Innsbruck, Bozen und Wien weiter, schrieb
sich von 1938 bis 1940 in der Akademie für angewandte Kunst in Wien bei
Professor Mayer ein, legte 1939 in Wien die Meisterprüfung als Gold- und
Silberschmied ab und trat 1945 - nach viereinhalbjährigem Kriegseinsatz
als Offizier - ins väterliche Geschäft ein.
Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit, von seinem Vater und mit ihm zu
lernen, denn schon 1951, nach dem Tod von Wilhelm Polders II, hatte er
den Kunsthandwerksbetrieb selbstständig zu führen. Entscheidende Hilfe
war ihm dabei seine Frau
Maria, die er 1946 geheiratet hatte und die, neben der Erziehung von
schließlich sieben Kindern, ihm als tüchtige Geschäftsfrau zur Seite
stand und den Rücken freihielt von kaufmännischen Pflichten, die nicht
zu den liebsten Beschäftigungen eines Künstlers und Handwerkers zählen.
Als mit dem Vaticanum II nicht nur eine geistliche Erneuerung in der
katholischen Kirche eintrat, sondern auch eine in Raum und Ausstattung
der Gotteshäuser, kam die Stunde des Wilhelm Polders III, über den
Prälat Dr. S. Neuhaus, Domherr an St. Peter zu Rom, 1992 in einem
Nachruf schrieb, er sei einer „der bedeutendsten Erneuerer kirchlicher
Goldschmiedekunst in Deutschland“ gewesen.
Der Sehnsucht nach religiöser Einfachheit, nach Wiederbesinnung und
Neubelebung des Wesentlichen sollten der kirchliche Raum und die
sakralen Gegenstände entsprechen, heißt es weiter bei Neuhaus. „Der
Wille zur Rücknahme des individuellen schöpferischen Ich, der Wille, daß
nur Christus und seine Heilsgeheimnisse und das große Mysterium der
Kirche ins Licht treten sollten“, seien „Akte künstlerischer Demut“
gewesen: „Abstraktion und Konzentration als Ausdruck einer sich nicht
selbst in den Vordergrund spielenden Hingabebereitschaft des Künstlers
an Gott“. Neuhaus: „Mit solcher Tendenz war - und das ist der
persönliche Glücksfall gewesen - das Naturell und das künstlerische
Ethos von Wilhelm Polders von Anfang an im Einklang“. Und: „Sämtliche
Arbeiten von Polders, die vielen Tabernakel, Kelche, Monstranzen,
Reliquiare, sprechen jene Sprache tiefster Ehrfurcht und Bescheidenheit,
die ja die Künstler des Mittelalters auszeichnete, aber dennoch
übersetzt in die Redeweise des zwanzigsten Jahrhunderts“.
Ähnlich formulierte das KB in seinem Nachruf auf Wilhelm Polders: „Ein
so gefragter Goldschmied zu sein und zugleich bereitwillig anzunehmen,
daß die Aufgabe von ihm verlangt, sich selbst zurückzunehmen, das kann
nur ein Mensch leisten, der zur Demut fähig ist. Erst kraft dieser
Tugend gelang ihm sein international anerkannter Beitrag zur Erneuerung
in den katholischen Gotteshäusern, wo insbesondere nach dem 2.
Vatikanischen Konzil barocke Ablenkungen durch eine Neubesinnung auf das
Zentrum des Glaubens auch in der Ausgestaltung des Kircheninnern
abgelöst wurden. Mit diesem Lebenswerk ragt Wilhelm Polders III in der
1862 begonnenen Geschichte der Polders-Schmiede als bedeutendster Kopf
des nun in vierter Generation geführten Unternehmens heraus.“
Und noch einmal Neuhaus: „Was ihn legitimiert hat und zum Meister
machte, der für seine Verdienste um die Kirche von Papst Johannes Paul
II. zum Komtur des St. Gregoriusordens erhoben wurde, das war die
Verschmelzung von Gottes-Dienst und Kunstfertigkeit in seiner Person“.