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Einen
Tag jünger als die Stadt Kevelaer ist die erste Bürgerin, die nach der
am 25. Juni 1949 datierten Erhebung der Landgemeinde Kevelaer zur Stadt
geboren wurde: Maria Kammans, verheiratete Lemmen. Kevelaer erklärte sie
zum Ehrenpatenkind.
Der Brief ist auf einfachem Dienstpapier geschrieben, ausgefertigt im
Amt Kevelaer, Abteilung 2, und stammt vom 1. Juli 1949. Schwungvoll
unterschrieben haben zwei Herren, die Geschichte geschrieben haben und
längst selbst Geschichte sind: Amtsbürgermeister
Peter Plümpe und Amtsdirektor
Fritz Holtmann. Sie ließen die Familie Anton Kammans, Bahnstraße 20,
wissen:
„Der Rat der Stadt Kevelaer hat beschlossen, dem nach der Stadterhebung von Kevelaer zuerst geborenen Stadtbürger ein Sparkassenbuch in Höhe von DM 100,-- zu überreichen. Ihrer Familie wurde die Ehre zuteil, der neuen Stadt die erste neugeborene Stadtbürgerin zu schenken. Mit der Überreichung eines Sparkassenbuches ... verbinden wir unsere herzlichsten Glück- und Segenswünsche zur Geburt Ihres Töchterchens“.
Während die Offiziellen
der Stadt Kevelaer 50 Jahre später zum Stadtjubiläum nicht einmal eine
Flasche Sekt köpften, feierte einen Tag später, am 26. Juni, Kammans
Töchterchen Maria ihren 50. Geburtstag in Moeselaegens Barockraum im
HZK. Die Familienfeier im festlichen Rahmen musste Bürgermeister
Dr. Friedrich Börgers und Stadtdirektor
Heinz Paal mit leichter Wehmut erfüllt haben: Jedenfalls waren sie
froh, wenn schon nicht den Fünfzigsten der eigenen Stadt, so doch den
Fünfzigsten von Maria Lemmen mitfeiern zu dürfen. Sie gratulierten mit
Anstand und Blümchen herzlich zum halben Jahrhundert.
Maria
Lemmen freut sich darüber, Patenkind jener Stadt zu sein, in der sie
lebt. „Kevelaer ist mein Zuhause. Hier fühle ich mich wohl“. Und hier
arbeitet sie gern mit ihrem Mann Peter im gemeinsamen Teeladen an der
Busmannstraße. Sie erinnert sich an Erzählungen ihrer Mutter, wie damals
alles abgelaufen ist. Ihre Mutter war zur Zeit der Stadterhebung
hochschwanger, als heftige Wehen einsetzten. Sie begab sich
schnurstracks zu Fuß ins Krankenhaus und wurde von ihrem Töchterchen
entbunden. Als sie hörte, dass es Patenkind der Stadt werden sollte, war
sie stolz darauf.
Maria Lemmen als Kleinkind.
Auch Maria selbst freute sich daran, obwohl ihr Dasein als Patenkind
nach dem ersten Brief von 1949 keine große Rolle mehr spielte. 1950
schickten Marias Eltern der Stadt einen Brief und ein süßes Babybild vom
einjährigen Geburtstagskind „Maria, deren Ehrenpatenschaft Sie
übernommen haben. Möge das Bild einen Platz in der Stadtchronik finden“.
Zur Kommunion gab´s eine kleine finanzielle Zuwendung. Und zum 30.
Wiegenfest sprach Stadtdirektor
Dr. Karl-Heinz Röser, durch Zufall an das in Vergessenheit geratene
Patenkind Maria erinnert, noch einmal einen Glückwunsch aus (ihren
eigenen Dreißigsten hatte die Stadt Kevelaer übrigens im Gegensatz zum
Fünfzigsten mit einer großen Straßenparty gefeiert).
Als 1999 der 50. Geburtstag von Maria Lemmen näherrückte, fiel ihr
mitunter die Ehrenpatenschaft ein, ohne dass sie sich Gedanken darüber
machte. Als sie zwei Tage vor dem 26. Juni das KB las, dachte sie: „Mal
gucken, ob die Redaktion was über den Stadtgeburtstag und die
Patenschaft drin hat“. Das KB hatte was drin. Maria Lemmen: „Das fand
ich schön“. Mehr erwartete sie nicht.
So war sie völlig überrascht, als sie bei ihrer Feier irgendwann mal
hochschaute und Bürgermeister Friedrich Börgers direkt in die Augen sah:
„Da habe ich mich richtig gefreut“. Sein Geschenk, eine Radierung von
Norbert Cleve, die das Alte Rathaus zeigt, bekam einen Ehrenplatz im
Haus.