Lamers,
Heinz
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Holzkaufmann und Politiker in Kevelaer
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* 1944
Der
Kevelaerer Holzkaufmann war politisch nie auf dem Holzweg, obwohl er
zwischendurch zweimal die Parteizugehörigkeit wechselte. Heinz Lamers
blieb und bleibt im Herzen ein Roter - "einen Schritt links von der
Mitte wie Helmut Schmidt".
Lamers, ab 1975 Ratsmitglied mit kurzen Unterbrechungen bis 2009, war
schon immer ein sozialdemokratisch durchwirkter Kevelaerer, der sich auf
die Seite der Schwächeren stellte. Kluges Daherschwätzen ohne Bezug zum
Alltag der Leute konnte und kann er nicht ausstehen.
Einige Male schrieb Heinz Lamers Lokalgeschichte mit. Als seine
SPD-Fraktionsführung zusammen mit Ratskollegen 1992 zu einer Dienstreise
nach Fürstenwalde östlich von Berlin aufbrechen wollte, schoss Lamers
mit seiner geradlinigen Kritik zwar übers Ziel hinaus, deutlich wurde
aber in diesem Eklat (die Reise musste abgesagt werden), dass Lamers in
der hergebrachten Konstellation nicht mehr arbeiten konnte. Er legte
sein Mandat nieder und trat aus der SPD aus. Für ihn ein konsequenter
und überaus schmerzhafter Schritt.
1993 schrieb er wiederum Lokalgeschichte mit; er gehörte zu den
Gründungsmitgliedern der KBV, für die er bei den folgenden
Kommunalwahlen mit Spitzenergebnissen in den Rat einzog. Die Wählerinnen
und Wähler vertrauten ihm.
2001 machte Lamers erneut kompromisslos Nägel mit Köpfen. Innerhalb der
KBV, die inzwischen ein hohes Enttäuschungspotential für mehrere
renommierte Mitglieder barg, wurde ein Ausschlussverfahren gegen den
Ratskollegen Josef Zeller angestrengt, der zwar einen Fehler gemacht,
ihn aber eingeräumt und sich entschuldigt hatte. Lamers mochte das
Ausschlussverfahren nicht mittragen. Er verabschiedete sich wiederum aus
dem Rat - und aus der KBV. Es wurde politisch still um Lamers.
Dann kam der letzte Tag des Jahres 2006. SPD-Parteichef Heinz Ermers
überkamen Pfadfindergefühle. „Ich musste noch eine gute Tat
vollbringen.“ Er hatte läuten gehört, dass
Hein Friesen
wie Lamers fünf Jahre zuvor aus der KBV ausgetreten war und nicht
abgeneigt war, in seine politische Familie, die SPD, zurückzukehren. So
klopfte Ermers in Regina Pacis im zweiten Stock an Friesens Tür,
begehrte Einlass und eine Unterschrift unter den Aufnahmeantrag.
Hein Friesen verblüffte Ermers mit einer forschen Begrüßung: „Auf dich
warte ich schon lange!“
Dann bekannte er, dass er wohl in die Arme der Partei zurückkehren
wolle. Doch der alte Hase stellte forsch eine Bedingung: Auch Heinz
Lamers solle noch am selben Tag, Silvester 2006, in die SPD
zurückkehren.
Was blieb Pfadfinder Heinz Ermers übrig, als das dahineilende Jahr mit
einer zweiten guten Tat zu krönen. Er machte sich auf zum Heykampring
und schilderte Heinz Lamers das Friesen‘sche Ultimatum. Lamers, zuvor
mit
Helmut Esters,
einem weiteren Alt-Hasen, schon fast handelseinig geworden über eine
Rückkehr in die ‚Genossenschaft‘, zögerte nicht. Seit dem 1. Januar 2007
waren beide wieder drin. Die SPD war immer ihre Heimat geblieben.
„Wir
hatten längst den politischen Virus drin. Wir konnten nicht ohne. Wir
wollten die Arbeit weiterführen“, sagte Lamers.
Wiedereintritt in die SPD Silvester 2006: Heinz Lamers (r.) und Hein
Friesen bekommen von Heinz Ermers ihre SPD-Parteibücher „zurück“.
Und: „Alle Parteien arbeiten letztendlich für unsere Stadt. Darum ist
Politik für mich ein Wettbewerb der Ideen. Die besten müssen sich
rechnen und in sachlicher Auseinandersetzung auf den Weg gebracht
werden.“
Mit diesen Worten offenbarte sich Lamers auch als Wirtschaftspolitiker.
Gern denkt er bis heute an die Arbeit des
Wirtschaftsförderungs-Ausschusses ("Vorgänger" der
WfG), in dem er sich für Betriebe ebenso stark gemacht hatte wie für
Arbeitsplätze. Von den vielen Pendlern wollte er etliche in Kevelaer
halten.
Eine kleine Sternstunde war für ihn, als der Ausschuss einer
Unternehmung, die in einen Finanz-Engpass geraten war, nach
vertrauenbildenden Gesprächen mit einer Geldspritze über die Zeit half
(heute kaum noch denkbar). Die Unternehmung überlebte, zahlte den
Zuschuss komplett zurück und zählt heute zu den florierenden
Unternehmungen unserer Stadt.
Nach seinem Wiedereintritt in die SPD war Heinz Lamers bald wieder als
Ratsherr an Deck. Nach der Kommunalwahl 2009, bei der die SPD ihre
Position als zweitstärkste Partei in der Stadt zurückgewann, wählte ihn
die Fraktion zum Vorsitzenden. Im November 2009, wenige Wochen nach dem
Start in die neue Aufgabe, legte Heinz Lamers den Vorsitz und sein
Ratsmandat nieder. Er hatte sich einem Gesundheitscheck im Krankenhaus
unterziehen müssen. Sein Zustand war nicht so, dass er die Übernahme der
neuen Belastungen in der politischen Arbeit hätte verantworten können.
Der Abschied fiel ihm schwer. Sehr tief saß das Virus
politicus.
Und manchmal sorgt es noch heute dafür, dass es "mir in den Fingern
juckt", sagt Heinz Lamers. Bereut hat er seine Entscheidung nicht.
Seinen Beruf behielt er. Es lag ihm, als langjähriger Prokurist bei Holz
Derks im Einkauf und vor allem im Verkauf Menschen zu begegnen und mit
"einem Quätschen hier und einem Quätschchen da" Geschäfte zu tätigen.
Erst im Mai 2014, mit 69 Jahren, sagte er tschüss.
Seit den Abschieden aus Politik und Beruf "bin ich noch nicht zum
Luftholen gekommen", berichtet Heinz Lamers lächelnd. Es sind schöne
Unruhe-Umstände, zum Beispiel wenn er und seine Frau Marlene ihre
Enkelkinder im Haus haben. Es sind vier an der Zahl von ihren Kindern
Henrik, Kristina und Ruth.
2012 ist Heinz Lamers, der seine Lungenflügel gern beim Rennradfahren
stärkt, in den Männer-Gesang-Verein eingetreten. Bis dahin war ihm sein
Sangestalent selbst nicht bekannt gewesen. Nach dem Motto "Singen kann
jeder" hatte er sich in den Chor getraut. Seither trifft er wie schon
als Prokurist und Politiker den guten Ton.
Gern möchte Lamers, der "in hohem Alter" noch mit dem Klavierspielen
begonnen hat, die Kunst auf der Klaviatur verfeinern. Fröhlich empört
stellt er fest: "Alle unsere Kinder können Klavierspielen." Da muss der
Vater hinterher, um an Weihnachten was Gutes vorzutragen.