Hiep & Mammarella
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Gartenbauunternehmen und Marketingpreisträger in Kevelaer | 1984 - 2013
1996 erhielten Albert Hiep und Vittorio Mammarella (v.l.)
den Marketingpreis der Stadt Kevelaer - hier mit dem Festredner
NRW-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (4.v.r.).
Anfang 1996 stellte sich das Gartenbauunternehmen Hiep & Mammarella, das
im Februar 1984 aus dem Zusammenschluss der beiden Gartenfreunde Albert
Hiep (Profi aus Kevelaer) und Vittorio Mammarella (Hobbygärtner)
entstanden war, mit einem Neubau auf 10.000 Quadratmetern Lagerfläche im
Kevelaerer Gewerbegebiet vor. Der äußere Eindruck: Alles unter Glas.
Und: Alle Zeichen auf Erfolg.
Gesellschafter des Unternehmens waren die Gartenbauexperten Albert Hiep
und Vittorio Mammarella, die Pflanzen aus dem Mittelmeer-Raum
importierten, um sie in Mitteleuropa zu vermarkten. Stellvertretender
Betriebsleiter war Roland van Lipzig. Hauptsächlich bestand das
Import-Sotiment aus rund 250 verschiedenen Zitrusbäumen und Palmen aus
Spanien, Portugal, Frankreich und Italien. Hiep & Mammarella verkaufte
nicht an Endverbraucher, sondern Wiederverkäufer wie Großhändler
Baumärkte und Einzelhandelsgeschäfte in ganz Deutschland, in den
Beneluxländern, der Schweiz, Österreich und in einige Regionen von
Skandinavien.
Zu den 10.000 Quadratmetern unter Glas im Gewerbegebiet kamen noch eine
2.500 qm große Verladehalle und ein Verwaltungsgebäude hinzu.
Beschäftigt wurden nach der Neubaueröffnung im Gewerbegebiet 1996 neben
den beiden Gesellschaftern zwölf Angestellte. Die Betriebsfläche von
Hiep/Mammarella betrug insgesamt 1,6 Hektar.
Im
selben Jahr wurde der moderne Gartenbaubetrieb mit dem
Marketingpreis der Stadt
Kevelaer ausgzeichnet. Schon vor der Bekanntgabe der Preisgträger
und Verleihung der Preise im
Konzert- und Bühnenhaus ahnten die Gäste, wer geehrt werden würde,
denn Orangenbäume, üppige Palmen und ein wahres Meer von
Weihnachtssternen deuteten auf die Unternehmer Hiep und Mammarella hin.
Interessiert folgte damals NRW-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement als
Ehrengast und Festredner der Veranstaltung in Kevelaer.
Zur Verleihung des Marketingpreises an Hiep & Mammarella führte
WfG-Geschäftsführer
Hans-Josef
Kuypers aus:
►
Es gibt sie noch, die berufliche Karriere wie sie uns häufig in
amerikanischen Soap-Operas präsentiert wird. Wer hat nicht irgendwann
vom amerikanischen Einwanderer gehört, dessen Leben jenseits des großen
Teichs als Tellerwäscher begann und der zum Großindustriellen
avancierte.
WfG-Geschäftsführer Hans-Josef Kuypers (Aufnahme aus 1993).
An genau diesen Lebensweg habe ich gedacht, als ich einen der nun
folgenden Preisträger besucht hatte und der meinen Respekt gewann wie
selten jemand zuvor.
Seinen Sprung in die berufliche Selbständigkeit wagte er in den
1960er-Jahren.
Am 7. Juli 1964 mutierte der gelernte Autoschlosser und damalige
LKW-Fahrer zum Jungunternehmer. 30 Mark Bargeld und 3.000 Mark Schulden
prägten die Situation, in der der Frischvermählte damals steckte. Einen
eigenen Lkw habe er gehabt, viel Mut und die Leidenschaft, mit der man
sein Hobby zum Beruf macht.
Spricht man mit ihm, dann erübrigt sich die Frage, ob er diesen Weg so
noch einmal gehen würde. Eher hat man den Eindruck, als bedauere er, daß
all diese Jahre so schnell verflogen sind. Und mit ihnen die vielen
kleinen Schritte und Probleme, mit denen er seinen Weg nachzeichnete.
Das Leben unseres Marketing-Preisträgers ist der Handel mit
Topfpflanzen. Er begann einst damit, auf Wochenmärkten seine Pflanzen
anzubieten und auf den Jahrmärkten seine Blumen zu versteigern.
Schon als Kind mag manch einer von uns gesehen haben, wie der gebürtige
Italiener - und späte-stens jetzt kennen sie die Preisträger - schon als
Kind mag manch einer von uns erlebt haben, wie er für jeden
zehn-Mark-Schein, den er den Menschen aus der Jacke lockte, „noch eine,
und noch eine und noch eine Pflanze" auf den Arm legte und sie an die
Kirmesbesucher weitergab, für die spätestens von dem Moment an in
Anbetracht der schweren Last der Kirmesbesuch sein Ende nahm.
„Das war für mich echte Marktforschung - das hat mir die Wege und
Nischen aufgezeigt, nach denen ich suchte", sagt er heute. Zehn Jahre
später - man schrieb das Jahr 1974 - lernte Vittorio Mammarella Albert
Hiep kennen, der am Heideweg in Keylaer eine Gärtnerei führte.
Zunächst griff man sich beim Beschaffen der Ware unter die Arme, gab
sich wichtige Tips und Hilfen - später sollten beide dann die Hiep und
Mammarella Blumenimport/-export gründen. Doch das dauerte noch etwas.
1974 fuhr Vittorio Mammarella mit seinem eigenen Lkw nach Sizilien, um
die Zitrusplanze als Zimmerpflanze in unsere Region zu holen, zu testen
und zu stabilisieren. Es sollte ein Weg des Erfolgs werden.
Genauso wie sein Anfang der 80er-Jahre gestarteter Versuch, in der
Region von Ventimillia an der Cote d’Azur zwischen Nizza und Genua
gelegen, auf eigene Art Magariten für den deutschen Markt kultivieren zu
lassen. Die Lichtintensität dort war ideal und das ganzjährig milde
Klima brachte alle energetischen Vorteile für die niederrheinischen
Unternehmer. Die Sache lief.
Sollte es bis dahin noch jemanden gegeben haben, der am Erfolg der
Kooperation seine Zweifel hatte - er wurde überzeugt. Zunächst erwarb
Vittorio Mammarella 5.000 Quadratmeter Gewerbefläche am Gewerbering in
Kevelaer und gründete 1984 zusammen mit Albert Hiep die „Gesellschaft
Bürgerlichen Rechts".
Heute zählt das Unternehmen Hiep/Mammarella am Gewerbering 37 auf 21.000
Quadratmetern Gewerbefläche 15 Mitarbeiter, 240 Quadratmeter Büroräume
und eine hochmoderne 2.000 Qua-dratmeter große Verladehalle, wo Importe
aus Südeuropa für den Export nach Dänemark, England, Schweiz, Holland
und Österreich kommissioniert werden. Was besonders imponiert:
Bei aller gewachsenen Internationalität sind die Unternehmer Hiep und
Mammarella ihren Ursprüngen treu geblieben. In Ventimillia/Ligurien
leben mittlerweile 87 Betriebe - ich darf das noch mal wiederholen - 87
Betriebe zwischen Nizza und Genua von den Aufträgen des Kevelaerer
Unternehmens. 80.000 Einwohner leben hier mehr oder weniger vom Anbau
der Magariten, die von „Vittorio", wie Herr Mammarella hier geradezu
liebevoll genannt wird, jedes Jahr dort bestellt werden.
Sieben Millionen Sträucher und Bäumchen waren es bislang, die über
Hiep/Mammarella den Weg zum Niederrhein gefunden haben. Sieben Millionen
Pflanzen, die alle für die Geschichte stehen, wie sie 1964 mit 30 Mark
Startgeld, einem finanzierten LKW und viel unternehmerischem Mut begann.
Soweit die Laudatio von Kuypers bei der Preisverleihung im Jahr
1996.
Im Jahr darauf firmierte Hiep & Mammarella um in "Hiep & Mammarella OHG,
Kevelaer, Gewerbering 37. Offene Handelsgesellschaft", begonnen am 1.
Januar 1997. Persönlich haftende Gesellschafter waren der Gärtner Albert
Mathias Hiep in Kevelaer und der Kaufmann Vittorio Mammarella in
Kevelaer-Wetten. Gegenstand des Unternehmens war nach wie vor der Im-
und Export von sowie der Handel mit Pflanzen aller Art. 2003 stieg - als
künftiger Nachfolger der beiden Unternehmensgründer - Roland van Lipzig
als weiterer persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft
ein.
Die jahrelange Erfolgskette hielt allerdings den gravierenden
Veränderungen auf dem Markt nicht mehr stand. Bereits im Sommer 2013
wurde bekannt, dass das bis dahin wirtschaftlich verwöhnte
Gartenbauunternehmen keine gute Zukunft mehr vor sich hatte. Der
Branchendienst "taspo.de" berichtete am 29.6.2013:
► Hiep und Mammarella: aktuelle Wirtschaftslage führt zur Aufgabe. -
Nach über 30 Jahren gibt der Fachhändler Hiep und Mammarella seine
Geschäftstätigkeit auf. Darüber informierte Ronald de Graaf, Prokurist
der Firma, jetzt die TASPO.
In dem Bericht hieß es weiter über de Graaf und seine Firma:
► Seine Frau Alexandra de Graaf-Mammarella ist zusammen mit Dirk Hiep
Gesellschafter. Sie hatten als Kinder der Firmengründer Albert Hiep und
Vittorio Mammarella den Generationswechsel vor drei Jahren vollzogen.
Mediterrane Pflanzen aus Italien, Spanien und Portugal bilden das
Kerngeschäft des Fachgroßhändlers, der sich zu einem der großen
Spezialimporteure in Europa entwickelt hatte.
Das Sortiment umfasst Kübelpflanzen, Baumschulware, Kakteen, Sukkulente,
Palmen und Solitärpflanzen. Die Kunden sind große Baumarkt- und
Gartencenterketten, auch inhabergeführte Einzelhandelsbetriebe. Dann kam
die Krise in Europa, die wirtschaftliche Lage brachte starke
Veränderungen im Fachhandel mit sich, sagt de Graaf. Der Druck der
Discounter und Baumärkte auf dem Markt wächst, sie kaufen größtenteils
jetzt selber ein. Der Zwischenhandel und Fachgroßhandel sind dadurch
ausgeschaltet.
Auch haben einige harte Winter hintereinander ihre Spuren im Verkauf
hinterlassen. Die Energiekosten, für Heizung und Transport sind enorm
angestiegen. Wenn dann noch ein schlechter Absatz so wie in diesem
Frühjahr oben drauf kommt, „dann müssen wir jetzt die Reißleine ziehen“,
so de Graaf. „Wir haben den Punkt erreicht, wo wir aus freien Stücken
aufhören können, ohne Verluste einzufahren. Wir wollen so frühzeitig
agieren.“
Weitere Investoren sind am Markt nicht zu bekommen, wie schon die
Konkurse prominenter anderer Blumen- und Pflanzengroßhändler in
Deutschland und den Niederlanden gezeigt haben. „Daher haben wir
beschlossen, unsere Offene Handels-Gesellschaft zum 31. Dezember 2013
aufzulösen. Bis dahin können wir unsere Kunden bedienen und unsere Lager
langsam ausverkaufen.“
Auch die zwölf teilweise sehr langjährigen Mitarbeiter sind bereits im
Mai 2013 informiert worden, und es ist ihnen entsprechend
gekündigt worden.
Damit war der Schlussakkord für das innovative Gartenbauunternehmen
eingeleitet.
Das Jahr 2013 endete für Vittorio Mammarella noch trauriger. Am letzten
Tag des Jahres musste er bekanntgeben, dass seine Frau Irmgard, geb.
Heck
(Bild), am 30. Dezember im Alter von 67 Jahren verstorben war.
Beisetzung der Urne von Irmgard Mammarella auf dem Friedhof in Wetten
(6.1.2014).