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Kapitel 2 |
Gut 4000 Menschen drängen sich im
Hohen Dom zu Münster. Es ist der 18. Januar
2004, der Tag der Bischofsweihe von Franz-Peter Tebartz-van Elst
im Hohen Dom zu Münster. Die Gläubigen stehen in allen Gängen und bis in den
hintersten Kirchenraum. Gerade füllte erhebend schallender Gesang das
Gotteshaus. Jetzt ist kein Laut zu hören.
So still können 4000 Menschen
sein.
Sie alle schauen zum Altarraum; vorne im Mittelschiff sitzt Mutter
Maria Anna mit Kindern und Kindeskindern, die Augen an ihren Franz-Peter
geheftet. Was mag die Familie empfinden?
Hauptkonsekrator Bischof >
Reinhard Lettmann legt
Franz-Peter Tebartz-van Elst, der gerade sein Treueversprechen gegeben
hat, still schweigend die Hände auf und vollzieht den eigentlichen
Weiheakt. 30 Bischöfe folgen ihm in feierlicher Ruhe und behüten und
stärken den Twistedener in gleicher Weise mit bloßen Händen.
Franz-Peter Tebartz-van Elst kniet. Zwei Mitkonsekranten bedachen ihn
mit dem Evangelienbuch. So verharrt er lange, gesammelt, mit
geschlossenen Augen, lächelnd. Noch immer ist es ergreifend still im
Dom, so als ahnten die Gläubigen Reichtum und Wert der Zeit unter dem
kostbaren Dach.
Franz-Peter Tebartz-van Elst:
unter einem kostbaren Dach.
Foto: Delia Evers
Später wird Tebartz-van Elst in seinen Dankesworten sagen, dass diese
Minuten der Geborgenheit ihn besonders ergriffen haben. „Da war mir
innerlich vor Augen, welchen Zuspruch und Anspruch ich unter dem Wort
Gottes finden darf.“ Das Evangelium sei ihm zur Heimat geworden. In
Jesus Christus und im Evangelium habe er seine Kirche gefunden. „Was mir
so geschenkt worden ist, möchte ich weitergeben.“
Bischof Reinhard Lettmann und die Mitkonsekranten sprechen das
Weihegebet. Die Festgemeinde bekräftigt es und singt: „Amen, so sei es,
ruft Amen in freudigen Chören!“ Lettmann salbt den jungen Mann mit
Crisam. Tebartz-van Elst bekommt das Evangelienbuch überreicht als
Zeichen seines Verkündigungsauftrags. Er erhält Bischofsring, Mitra und
Hirtenstab.
In der Predigt hat Reinhard Lettmann
seinen neuen Amtsbruder nach einem Papstwort als „Diener des Evangeliums
Jesu Christi für die Hoffnung der Welt“ bezeichnet. Er ermahnt ihn zur
Bescheidenheit und nimmt Bezug auf eine der drei Lesungen des Tages, auf
die Hochzeit zu Kana und die Wasserträger, die den Gang zum Brunnen
machen, um sechs große Krüge zu füllen.
Lettmann: „Wir Bischöfe gleichen
in unserem Dienst den Wasserträgern. Wir können das Wasser nicht in Wein
verwandeln. Das kann allein der Herr. Wir können nicht letztlich
bewirken, dass Gott das Herz eines Menschen ergreift, es umwandelt und
ihm seine Gnade schenkt.“ Der Dienst der Bischöfe sei ein
Zubringerdienst. „Das lässt uns bescheiden werden in allem, was wir
tun.“ Aber der Herr brauche die Wasserträger. „Er braucht uns. ´Wir sind
Diener Gottes` [1 Kor 3, 9]. Das gibt uns Selbstbewusstsein.“
Nach der Eucharistiefeier, mitzelebriert von Heimatpfarrer Alois van
Doornick, spricht Bischof Tebartz-van Elst. Er wendet sich an Reinhard
Lettmann, erwähnt dessen „zugewandten Dienst, der mich immer tief
beeindruckt hat“, dessen Weise, „wie du dem Amt Profil gegeben hast“. Er
dankt Lettmann dafür, „dass du mir die Hände aufgelegt hast“. Dieser
Moment werde für ihn eine bewegende Erfahrung bleiben.
Dann schaut der junge Bischof zu seiner Familie vorn im Mittelschiff.
„Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, bin ich tief erfüllt von dem, was
mir zu Hause geschenkt worden ist“. Er dankt seinen Eltern im
Gotteshaus. Vielen stockt der Atem. Seine Mutter ist vor Ort, sein Vater
ist vor wenigen Wochen gestorben. Und schon spricht Tebartz-van Elst
seine Mutter an, die vorn in der Bank sitzt, dann seinen Vater, „der vom
Himmel aus zugegen ist“ und in neuer, österlicher Nähe an der Seite der
Familie weile. Die Menschen im Dom sind ergriffen. Angehörige haben
Tränen in den Augen.
Tebartz-van Elst bleibt froh wie während der ganzen Feier und ermuntert
die Gemeinde, nicht die schwindende Zahl der Christen zum Maßstab zu
machen, sondern die Kraft des Glaubens, „dass der Auferstandene in
seiner Kirche lebt und wirkt“. Dann könnten die Gläubigen dem kommenden
Christus entgegen gehen und an Marias Seite sicheres Geleit finden. (Delia Evers)
Kapitel 2 |
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© Martin Willing 2012, 2013