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Das
große Täuschungsmanöver
im Munitionsdepot
Von Martin Willing
Die nächste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wurde spannend, denn auf ihr ging es um den Antrag der Grünen, den Ratsbeschluss für die Verlängerung der Fremdnutzung der Bunker um 15 Jahre aufzuheben, weil „wirtschaftliche Schwierigkeiten“ des Traberparks, von denen Ratsmitglieder ausgegangen waren, nach Hölzles Beteuerungen vor dem Landgericht „nie bestanden“.
Die CDU ging in die Offensive und schlug vor, einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer zu beauftragen, der die wirtschaftliche Lage des Traberpark-Unternehmens untersuchen und damit die „Geschäftsgrundlage“ für die Ratsbeschlüsse klären sollte. Wegen dieses CDU-Antrags, der einmütig angenommen wurde, legten die Grünen ihren weit gehenden Antrag vorerst auf Eis.
Die Situation war skurril: Die Ratsmitglieder wollten von einem unabhängigen Prüfer geklärt wissen und womöglich hören, was auszusprechen den KBV-Politikern durch Den Heyberg und Gerichtsbeschluss verboten worden war, nämlich dass es „wirtschaftliche Schwierigkeiten“ gebe oder gegeben habe.
Die Offensive der CDU sollte natürlich auch ihren Bürgermeisterkandidaten Paal vor dem Vorwurf schützen, er habe den Ratsmitgliedern wissentlich falsche Informationen über die Lage der Firma gegeben. Eine Bestätigung wirtschaftlicher Probleme läge zudem im Interesse des Traberparks: Denn sonst könnten die Ratsmitglieder dem Unternehmen die existenziell wichtige Unterstützung bei der Fremdnutzung entziehen, so wie es die Grünen bereits beantragt hatten.
„Wenn Hölzle gegenüber dem Landgericht die Wahrheit gesagt hat, dann ist der Stadtrat jahrelang getäuscht worden„, schrieb ich Ende November 1998 im KB zum Ausklang der Traberparkaffäre. „Dieser krasse Widerspruch zwischen dem, was das Ratsgremium von dem Unternehmen glauben sollte, und dem, was vor Gericht versichert worden ist, hätte in einem funktionierenden Kontrollsystem der Politik sofort eine Untersuchung ausgelöst. Statt dessen lassen sich CDU und SPD als Fraktionen vorführen, die keine Kraft mehr haben, diesen ‚Rosstäuscherstall‘ auszumisten.“
Das war‘s. Alle Protagonisten schlawinerten sich ohne erkennbare Schäden durch die Affäre. Stadtdirektor Paal wurde 1999 bei der Direktwahl mit einem ordentlichen Ergebnis zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister von Kevelaer gewählt; Hölzle und Verrieth zogen sich zwar wenig später aus der aktiven Politik zurück, sind aber noch heute über den Traberpark verbunden; und Paal, den die CDU zur Kommunalwahl 2004 nicht mehr zur Kandidatur ermunterte, macht seitdem mit Verrieth in einer gemeinsamen Firma Immobiliengeschäfte.
Wie schon so oft in der Vergangenheit bei anderen „Klöpsen„ stand das Kevelaerer Blatt bei der Aufklärung der Traberparkaffäre allein auf weiter Flur. Keine einzige andere Zeitung in dieser Region griff die Geschichte auf. Erst nachdem in öffentlichen Ratssitzungen darüber „offiziell„ gesprochen und entschieden wurde, konnten andere Medien das Thema nicht länger totschweigen.
Dafür interessierte sich das „DJV-Journal“, ein Fachblatt für Journalisten in Nordrhein-Westfalen, für den Fall und schildert vergnügt, wie sich eine kleine Zeitung gegen Angriffe eines Wirtschaftsunternehmens, das von der Stadt gestützt wurde, erfolgreich zur Wehr setzte.
Ja, und was ist aus der Großhalle im Traberpark nun geworden?
Im Winter 1998 wurde der bisherige Geschäftsführer von Den Heyberg ausgewechselt. Der neue war von Beruf Jurist und hieß Peter Roosen, einst CDU-Parteichef in Kevelaer und Kleve. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, den Bauantrag für die „Märchenhalle von Twisteden“ zurückzuziehen.
Glücklich wurde Roosen in seinem Job nicht. Im Streit musste er einige Jahre später im Traberpark die Segel streichen. Als Geschäftsführer beerbte ihn Franz Wustmans.
© Martin Willing 2012, 2013