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Im Herbst 1987 Begegnung mit Mutter Teresa
Das zweite hochkarätige Ereignis des Jahres 1987 war der marianisch-mariologische Doppelkongress im September.
Mutter Teresa am 19. September 1987 vor dem Gnadenbild der „Trösterin der Betrübten„ in Kevelaer. Foto aus: „Maria - Mater Fidelium - Mutter der Glaubenden„, Butzon & Bercker, Kevelaer 1988.
Roman Rovira vom
IMAK berichtet in seiner Dokumentation zum 17. Marianischen Weltkongress
(„Maria - Mutter der Glaubenden“, Essen 1989), was Papst Johannes Paul
II. vor dem Angelus in Castel Gandolfo am Sonntag, 6. September 1987,
sagte:
„Während meines Pastoralbesuches in einigen Diözesen der Vereinigten
Staaten (...) findet in Kevelaer, in Deutschland, der Internationale
Mariologische und Marianische Kongreß statt über das Thema: ‚Maria,
Mutter der Gläubigen‘. (...) Deshalb bitte ich euch, mit mir zu beten,
damit die Anliegen und die Arbeiten des kommenden Kongresses von
Kevelaer unter dem Schutz unserer himmlischen Mutter den Segen und die
Hilfe des Heiligen Geistes erhalten zum Wohl der gesamten Kirche und der
ganzen Welt. Die Gedanken gehen auch zum Marienheiligtum, das nach
Maria, Trösterin der Betrübten, benannt ist und bei der Kongreß
stattfindet. Vor ungefähr 350 Jahren hatte ein Händler bekanntlich den
inneren Antrieb, neben einem bereits vorhandenen Kreuz an der Straße von
Kevelaer einen Bildstock für die Gottesmutter mit dem Jesuskund
aufzustellen. Zu diesem Zweck bediente er sich einer einfachen
Ansichtskarte mit der Reproduktion der Gnadenmutter von Luxemburg, die
ihm lieb geworden war. Deshalb sind sie hier beisammen, das Kreuz Jesu
und die heilige Gottesmutter: Seit damals pilgern die Gläubigen
ununterbrochen zu ihr und bringen alle Nöte und Sorgen des persönlichen,
familiären und gesellschaftlichen Bereiches mit sich (...) Diesen so
zahlreichen Pilgern aus dem Rheinland und Westfalen wie auch aus dem
nahen Holland und sogar aus Belgien wollte ich mich ebenfalls
anschließen, als ich im Mai dieses Jahres Kevelaer besuchte und dem
mütterlichen Schutz Mariens die ganze Kirche in den einzelnen Gliedern
des Gottesvolkes anvertraute: die Familie, die Jugend, die Arbeiter und
besonders die Einsamen und Verlassenen, die Kranken und Alten."
Soweit die Worte des Papstes.
Gunther Maria Michel notiert in seinen „Bemerkungen zum 10. Internationalen Mariologischen und 17. Internationalen Marianischen Kongreß“ (11.-20.8.1997):
Das Jahr 1987 brachte Kevelaer die wohl bedeutsamsten Ergebnisse seiner Geschichte seit der Einsetzung des Wallfahrtsbildes im Jahre 1642: den Besuch Papst Johannes Paul II. und den Maria gewidmeten Doppelkongreß. (...) Und in der Tat, 65.000 Gläubige, darunter mehr als fünfzig Bischöfe und Kardinäle aus vier Erdteilen und Tausende von Priestern und Ordensleuten, sind der Einladung nach Kevelaer gefolgt, um zur größeren Ehre des allein anbetungswürdigen dreifaltigen Gottes die jungfräuliche Gottesmutter Maria in ihrem Heiligtum zu ehren.
Keinen Trubel mit Bier- und Würstchenbuden konnte man da erleben, aber ein Fest, ernst und froh zugleich, gefeiert von Menschen der verschiedenen Sprachen und Nationalen, Rassen und Systeme, Klassen und Schichten, Stände und Berufe, von Frauen und Männern, Jungen und Alten, Gesunden und Kranken. Es einte sie der Glaube an Christus, den Erlöser, und Maria, die Ersterlöste, das Urbild jedes Erlösten: Maria, die, wie Kardinal Ratzinger in seiner Predigt zur Kongreßeröffnung sagte, ‚nicht einfach Vergangenheit, nicht eine Figur des Damals und nicht Abstraktion‘ ist, sondern (...) sie ist und bleibt die Mutter, und nur im Versammeltsein mit ihr, in diesem Einssein mit der Gnadenvollen können wir immer neu Geburt der Kirche empfangen.‘
Für das Kevelaerer Blatt war die Berichterstattung über diese Großveranstaltung sehr viel schwerer als die über den Papst-Besuch.
Josef Kardinal Ratzinger beim Eröffnungsgottesdienst des Mariologischen Weltkongresses am 11. September 1987 in Kevelaer. Foto aus: „Maria - Mater Fidelium - Mutter der Glaubenden", Butzon & Bercker 1988, S. 18.
Die ungezählten Fachvorträge konnten nicht einmal ansatzweise geschweige denn angemessen in knappen Zeitungsartikeln gewürdigt werden. Im Vorfeld des Doppelkongresses veröffentlichte das KB zwei Seiten mit sämtlichen Terminen. Es war ein Leserservice, denn Interessierten standen die Begegnungen offen. In einem Kommentar nahm ich Stellung:
Kevelaer ist seit zehn Jahren, also seit Gründung des Internationalen Mariologischen Arbeitskreises Kevelaer (IMAK) auserkoren, die von Pius dem XII. aufgeweckte und von Johannes Paul II. besonders belebte Marienverehrung im Geschehen während der Kongreßtage sichtbar zu machen - für die Welt. Vor diesem hohen Anspruch möchte man sich in Kleinkevelaer am liebsten verkriechen. Er ist, weiß jeder für sich selbst am besten, ein paar Nummern zu groß. (...) Wie sich das Ereignis auf den einzelnen auswirken kann, das darzustellen fällt allerdings nicht in die Kompetenz eines Journalisten. Wohl aber dieses: Mehr von der Marienverehrung und Wallfahrt zu begreifen, täte dieser Stadt und ihrer Entwicklung für Sonn- und Werktag gut.
Vieles was während der Kongresstage in Kevelaer geschah, blieb vor einer breiten Öffentlichkeit eher verborgen, so beispielsweise die Erneuerung der „Weihe an die Heilige Familie“, die Papst Leo XIII. 1890 vorgenommen hatte. Auch von der „Weihe der Jugend an die Gottesmutter“, am 19. September 1987 durch den Päpstlichen Gesandten, Franciszek Kardinal Marcharski, in Kevelaer vollzogen, nahmen die meisten Medien kaum Notiz. Das Generalsekretariat des Marianisch-Mariologischen Weltkongresses hatte eine „Plakette der Jugend“ anfertigen lassen, eine Goldplakette mit einem gefassten Brillanten als Zeichen des Dankes an Maria. Die Plakette, die die „Weihe der Jugend an die Gottesmutter“ bezeugt, wurde in den Schrein beim Gnadenbild der „Trösterin der Betrübten“ gegeben.
Weihbischof Heinrich Janssen (Xanten) erläuterte: Die Marienweihe sei „wie eine erklärte Freundschaft, die wir immer wieder erneuern können. Maria kennt die Wege der Menschen, sie liebt uns Menschen, sie geht unsere Wege mit.“
Das Weihegebet hatte Mutter Teresa verfasst. Sie betete es im Marienpark im Beisein von 15.000 jungen Menschen in englischer Sprache vor. Zeile für Zeile wiederholte Weihbischof Janssen das Gebet in deutscher Sprache. Es lautete:
Maria, Mutter Jesu, gib mir
dein Herz,
so schön, so rein, so unbefleckt,
dein Herz so voll Liebe und Demut,
damit ich ihn empfangen kann im Brot des Lebens,
ihn lieben, wie du ihn liebst,
und ihm dienen in der leidenden Gestalt der Armen.
Maria, mache mich zu einem Boten der Liebe Gottes und seines Friedens.
Amen.
Der Andrang im Marienpark war groß. Tausende wollten Mutter Teresa, die weltbekannte Ordensfrau, sehen. Von Polizisten umgeben und geschützt, ging sie durch eine schmale, mit roten Bändern abgesperrten Gasse zum Podium nach vorne. Die Chancen der Besucher, Mutter Teresa auf den Film zu bannen, waren schlecht: Sie besaß keine stattliche, herausragende Statur - klein und gebeugt ging sie ihren Weg, fast völlig verdeckt von den Polizisten, die sie vor den drängelnden Fotografen schützten. Meist blickte Mutter Teresa zur Erde. Aber sie schüttelte auch Hände, die sich ihr entgegenstreckten, küsste Kinder, nahm sie kurz auf den Arm. Die Menschen um sie herum jubelten und klatschten zur Begrüßung. Über ihrem schlichten, weißen Gewand mit blauen Streifen trug sie eine einfache, viel getragene dunkelblaue Strickjacke. Ihre Füße steckten in braunen Sandalen. An ihrer linken Schulter war ein Kreuz angesteckt.
Ohne sich stören zu lassen, ließ sie das Klicken der Kameras über sich ergehen. Ruhig hielten ihre braunen, faltigen Hände den Rosenkranz. Sie besaß Würde, die Demut ausstrahlte. Sie betete den Rosenkranz in Englisch, die Gläubigen antworteten in Deutsch.
Angelika Martens, die für das KB vom Besuch der Ordensfrau berichtete, schrieb:
Das gemeinsame Rosenkranzgebet schuf eine Bindung zwischen den Menschen, die sich im Marienpark versammelt hatten. Das theoretische und damit ‚kalte‘ Wissen, mit den Menschen um einen herum im Glauben etwas gemeinsam zu haben, ist die eine Sache. Die andere Sache ist, diese Gemeinsamkeit auch zu spüren und als etwas Wesentliches und Schönes zu empfinden. Dies war für einige im Marienpark eine völlig neue, für andere eine selten erlebte Erfahrung. Und damit rechtfertigt sich der missionarische Besuch. Bedenklich im Sinne der Skeptiker ist allerdings, daß meist nur solch spektakuläre Besuche wie der der Mutter Teresa oder des Papstes dieses Gefühl mobilisieren können. Im Alltag verflüchtigt es sich zu schnell; jeder steht wieder alleine da.“
Als Mutter Teresa gefragt
wurde, welches der angebotenen Gastgeschenke ihr überreicht werden
dürfe, entschied sie sich für eine Statue des heiligen Josef, die später
in einer abendlichen Marienandacht gesegnet wurde. Die Holzskulptur
steht heute in Kalkutta.
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© Martin Willing 2012, 2013