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Wie Kevelaer sein Heiligtum im Krieg schützte
VON MARTIN WILLING
Das etwa 7,5 mal 11 cm große Papierbild, gedruckt 1640, wurde vor seiner
Einsetzung in das von Hendrik Busmann gebaute Kapellchen (1.6.1642) auf
eine Holzunterlage geklebt. 1664 ließen Pastor Boxmeer (Eindhoven) und
Goldschmied van der Laer (s'Herzogenbusch) das Bildtäfelchen mit einem
silbernen, vergoldeten Rahmen einfassen.
1681 wurde eine silberne, mit vergoldeten Figuren verzierte Plakette
zugefügt, ein Geschenk des Reichsgrafen Wolfgang von
Oettingen-Wallerstein. Ob dabei das Gnadenbild bereits unter Glas kam,
ist nicht überliefert.
Spätestens 1742 - zum 100-jährigen Bestehen der Wallfahrt - wurde die
Marientracht eingeführt, bei der - alle 50 Jahre - das Gnadenbild in
Prozession durch den Ort getragen wird. Vor dem Einmarsch der Franzosen
in Kevelaer (17.12.1792) wurde das Gnadenbild zur Sicherheit im Turm der
St.-Antonius-Kirche vergraben, durch eine Nachbildung ersetzt und am
28.4.1793 in feierlicher Prozession in die Gnadenkapelle zurückgebracht.
Die zweite Vergrabung des Gnadenbilds und seine Wiedereinsetzung
geschahen unbemerkt von der Öffentlichkeit: Am 7.8.1914 entnahm es
Pastor Peter Kempkes und ließ es im Boden des Umgangs der Kerzenkapelle
durch Maurermeister Peter Tebartz vergraben. Rückführung und Einfügung
in die Gnadenkapelle erfolgten am 27.10.1914 durch Goldschmied Fr.
Bausch in Gegenwart von Kempkes, der das Gnadenbild am 9.11.1918 durch
Maurermeister Tebartz erneut vergraben ließ.
Im Zweiten Weltkrieg brachte Pastor Wilhelm Holtmann das Gnadenbild in
Sicherheit, indem er es im Turm der Basilika - unter der vierten
Steinplatte vom Hauptportal aus - einmauern ließ. Im Herbst 1944 führte
Holtmann die drei Kinder Fritz Janssen, Josef Kalenberg und Resi Pier zu
der Stelle und vertraute ihnen (und vier weiteren Vertrauenspersonen)
das Geheimnis an. Darüber sollten sie schweigen, es sei denn, ihm würde
etwas zustoßen.
(Die
Vergrabung des Gnadenbilds im Dritten Reich war bis zu den 1980er-Jahren
der Öffentlichkeit nicht bekannt. Sie erfuhr davon zum ersten Mal durch
einen Roman von Martin Willing, , der sich auf die historischen Fakten
stützt: „Das Bild der Frau M.„, 1980, erschienen im Verlag Butzon &
Bercker. Der Roman ist - Restauflage - beim Verfasser zu erwerben.)
Geschichte der Vergrabung des Gnadenbilds:
Roman von Martin Willing, nachgedruckt als Fortsetzungsroman in einigen
deutschen Kirchenzeitungen und der Zeitschrift der Steyler Missionare
(„Stadt Gottes„).
Der metallene, von Installateur Boes hergestellte Schutzkasten mit dem
Gnadenbild und Beigaben blieb nach Einmarsch der Alliierten lt.
Mitteilung Holtmanns vom 18.8.1946 an den Kapitularvikar in Münster
zunächst in seinem Versteck: „Die wichtigsten Akten mit dem Gnadenbild
und den wertvollen Schätzen sind noch eingemauert. Das Aufbrechen ist
vorläufig unmöglich“. Die Basilika war beschlagnahmt und zum
Durchgangslager für Kriegsgefangene geworden.
Nach Freigabe der Basilika - vermutlich erst Mitte Juni 1947 vor Beginn
der neuen Wallfahrtszeit - wurde das Gnadenbild wieder in den Schrein
der Gnadenkapelle eingesetzt und gezeigt.
Das Gnadenbild ist heute durch eingeschweißte Scheiben aus
schusssicherem Glas geschützt.
© Martin Willing 2012, 2013