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Kevelaer

Das historische Umfeld

Logo für FortsetzungLogo für ein Kapitel zurück... für die 1642 entstandene Kevelaer-Wallfahrt

VON MARTIN WILLING

1517 Martin Luther leitet mit seinen 95 Thesen in Wittenberg die Reformation ein.

1543 Das Oberquartier Geldern fällt an die Spanischen Niederlanden.

1545 Konzil von Trient und Erneuerung der Kirche (bis 1563); Beginn des Zeitalters der Katholischen Reform (bis 1648).

1555 Augsburger Religionsfrieden, der den offenen Konflikt der Konfessionen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation beenden soll. Aber es wird 80 Jahre lang weitergekämpft.

1555 Die 17 Provinzen der Niederlande gehen von Kaiser Karl V. an den ebenfalls zum Hause Habsburg gehörenden spanischen König Philipp II. über. Auf die Ausbreitung der reformatorischen Bewegung durch Lutheraner, Calvinisten und Täufer reagiert die Obrigkeit mit Inquisition und Zensur.

1556 Die Herrschaft des katholischen Kaisers Karl V. (1519-1556) über Spanien, Burgund, die Niederlande und die habsburgischen Erblande im Elsaß und in Österreich geht zu Ende.

Wilhelm von Oranien1559 Kevelaer, zu den Niederlanden gehörend, wechselt vom Bistum Köln zum neu errichteten Bistum Roermond im Erzbistum Mecheln (heute Belgien). Die Stadt Roermond ist Hauptstadt des sogenannten Oberquartiers Geldern, eines Viertels des Herzogtums Geldern.

Wilhelm van Oranien, zeitgenössisches Gemälde von Adriaen Thomasz. Key (1579) [Sammlung Thyssen-Bornemisza].

1562 In den Niederlanden erhebt sich der Hochadel unter Egmont, Hoorn und Wilhelm von Oranien gegen Philipp II.

1566 Beginn der Religionskriege in Europa.

1567 Weil die Stadt Roermond dem 1562 geweihten Bischof nach wie vor den Zutritt zu seiner Residenz verweigern, lässt Philipp II. den Widerstand mit 10.000 Mann spanischer Infanterie und 1.700 Reitern blutig niederschlagen.

1568 Der große Niederländische Krieg, „de Tachtigjahrige Oorlog„ (1568-1648), beginnt. Dieser 80jährige Krieg - im Kern ein Freiheitskampf der Niederländer gegen die besetzenden Spanier - trägt die Spuren eines Bürgerkriegs. Er geht später in den 30jährigen Krieg über und endet erst 1648 mit dem Westfälischen Frieden.

1573 Wilhelm von Oranien, zum reformierten Bekenntnis übergetreten, wird zum Führer des Widerstandes der aufständischen protestantischen Provinzen Holland und Seeland.

1576 In der Genter Pazifikation werden alle Provinzen der Niederlande im Sinne der überkonfessionellen Sammlungspolitik Oraniens gegen Spanien vereinigt.

1578 Beginn der Herrschaft der Generalstaaten (bis 1587), die die sieben nördlichen Provinzen der Niederlande umfassen (Utrechter Union). Das Land wird verwüstet, die Bevölkerung flieht in befestigte Orte. Die Niederländer besetzen das spanisch beherrschte Geldern. Neun Jahre ist die Festung im Besitz der Generalstaaten.

1588 Die abgefallenen sieben niederländischen Provinzen (Generalstaaten) bilden die protestantische Republik der Vereinigten Niederlande. Der südliche Teil bleibt den katholischen Spaniern erhalten. Die Truppen Philipps II. werden aus den Niederlanden abgezogen und außer Landes eingesetzt. In dieses Machtvakuum stoßen die Generalstaaten unter ihren neuen Führern Johann van Oldenbarnevelt, Moritz von Oranien und Wilhelm Ludgwig von Nassau vor und bringen große Teile des Landes unter ihre Kontrolle.

1595 Der spanische König Philipp II. ernennt Albert von Österreich zum Gouverneur des Herzogtums Geldern. Unter den Spaniern beginnt für die Bevölkerung am linken Niederrhein eine zunächst friedvollere Periode.

1595 Heinrich IV. (Frankreich) erklärt Philipp II. den Krieg. Damit sind die spanischen Niederlande und folglich auch der Niederrhein wieder im Kriegszustand.

1596 Frankreich verbündet sich mit England und den Niederlanden gegen Spanien und damit auch gegen die spanischen Niederlande.

1598 Der Gouverneur des Herzogtums Geldern, Albert, heiratet die Tochter des spanischen Königs Philipp II., Isabella Clara Eugenia, die als Hochzeitsgeschenk vom deutschen Kaiser die Spanischen Niederlande erhält. Albert und Eugenia schotten die Grenze der südlichen Niederlande vor der Lehre des Calvinismus ab und bauen das Marienheiligtum in Scherpenheuvel (Belgien) zum Nationalheiligtum aus.

1599 Die Pest bricht in Europa aus.

1600 Moritz von Oranien-Nassau (33), Statthalter der Niederlande, besiegt das spanische Heer bei Nieuwpoort und befreit den Norden der Niederlande.

1603 Die Eiche in Scherpenheuvel, an der eine wundertätige Madonnenstatue gestanden hat, wird im Auftrag des Bischofs von Antwerpen gefällt. Aus dem Holz lässt Isabella Clara Eugenia zahlreiche Gnadenbildkopien anfertigen. Eine der Kopien wird später zum Gnadenbild von Luxemburg (ein Abbild der Luxemburger Madonna wird später zum Gnadenbild in Kevelaer).

1606 Hendrik Busmann, der Stifter der Kevelaer-Wallfahrt, wird in Niedermörmter geboren.

1609 Nach zweijährigen Verhandlungen verabreden Antwerpen Spanien und die niederländischen Generalstaaten einen zwölfjährigen Waffenstillstand für das Gebiet der spanischen Niederlande, zu denen auch der Raum Kevelaer zählt. Der nun schon 40jährige Krieg zwischen dem Norden der Niederlande, also den Generalstaaten, und dem Süden, den spanischen Niederlanden, hat Spaniens Macht in Mitteleuropa bröckeln lassen. Das spanische Regentenpaar Albert und Isabella, das in Brüssel residiert, macht an Belgien das Zugeständnis, sich selber regieren zu dürfen, allerdings an Spanien durch die Person der Regentin gebunden und den katholischen Glaubensgesetzen verpflichtet.

1618 Ständisch-religiöse Auseinandersetzungen in Böhmen entladen sich am 23. Mai in einen Aufstand: Es ist der Beginn des 30-jährigen Krieges. Die politische Lage am Vorabend des großen Krieges: Europa zerfällt im Nebeneinander vieler Herrschaftsbereiche; der König von Spanien gilt immer noch als der mächtigste aller Potentaten, der zugleich das Oberhaupt des Gesamthauses Österreich und wichtigster Repräsentant der katholischen Reformation ist. Der spanische König gebietet über die iberische Halbinsel, fast ganz Italien, Teile am Oberrhein, die südlichen Niederlande (zu denen Kevelaer gehört) und in der Neuen Welt über Brasilien, Peru, Chile und Mexiko.

1621 Der zwölfjährige Waffenstillstand zwischen Spanien und den niederländischen Generalstaaten endet. Für den 16jährigen spanischen König Philipp IV. - sein Vater Philipp III. ist mit 43 Jahren gestorben - übernimmt Graf Olivares die Leitung der Politik und entfesselt die Fortsetzung des Krieges gegen Holland.

1624 Ein Abbild der Madonna von Scherpenheuvel wird in Luxemburg zur Verehrung aufgestellt und erhält den Titel „Maria - Trösterin der Betrübten„. Von dieser Luxemburger Schutzmantelmadonna (kleine Holzstatue) werden später Andachtsbildchen hergestellt. Eines davon wird 1642 zum Gnadenbild von Kevelaer. Luxemburg gehört zu den spanischen Niederlanden, die von Erzherzogin Isabella, deren Mann Albert 1621 gestorben ist, als Gouverneurin regiert werden.

Isabella Clara Eugenia1625 Der spanische König verbietet jeden Handel mit den Provinzen in den nördlichen Niederlanden. Sogar jeglicher Briefverkehr wird untersagt. Ein Schiffahrtskanal (Fossa Eugeniana) zwischen Rhein und Maas wird geplant, um den Norden wirtschaftlich zu treffen.

Isabella Clara Eugenia, zeitgenössisches Gemälde von Juan Pantoja de la Cruz (1599) [München, Alte Pinakothek].

1626 Isabella Clara Eugenia läßt den Kanal bauen: 18 m breit, 4 m tief (Fossa Eugeniana).

1629 Der Bau des unvollendet bleibenden Kanals „Fossa Eugeniana„ wird wegen ständiger Überfälle, vor allem aber wegen Geldmangels im niedergehenden spanischen Reich aufgegeben.

1633 Isabella Clara Eugenia von Spanien stirbt.

1635 Die Einwohner von Kevelaer flüchten vor kroatischen Soldaten, die zum Heer des deutschen Kaisers gehören und in die spanischen Niederlande einfallen. Sie suchen Schutz in einer Schanze (an der heutigen Kroatenstraße). Die Kroaten stürmen am 1. August die Befestigung. Vermutlich alle Schutzsuchenden - etwa 100 - werden dabei getötet. An das Massaker erinnert das sogenannte Kroatenkreuz.

1640 In Antwerpen entstehen Andachtsbildchen von der „Trösterin der Betrübten„ in Luxemburg . Eines dieser Bildchen wird 1642 zum Gnadenbild Kevelaer.

1642 Das Geldrische Oberquartier wird schrecklich heimgesucht. Anfang Januar setzt eine verbündete französisch-weimarische Armee bei Wesel über den Rhein und vereinigt sich mit einem kurhessischen Korps, um die kaiserlichen Truppen zu bekämpfen. Der Truppenverband eroberte Uerdingen, Linn und andere Orte und verwüstet raubend und plündernd die ganze niederrheinische Region. Der kaiserliche General Lamboy erleidet am 17. Januar bei Linn auf der Hülser Heide eine vernichtende Niederlage.

1642 Entstehung der Kevelaerer Wallfahrt (Einsetzung des Bildes am 1. Juni).

1643 Vernichtende Niederlage der flandrischen Armee der Spanier gegen ein französisches Heer.

1643 Die münsterische Ratskammer die Stadt Münster wird im Mai von ihren Verpflichtungen gegenüber Kaiser und Reich entbunden, um den 150 Gesandten mit ihren Tausenden von Begleitpersonen aus allen Teilen Europas, die über einen umfassenden Frieden für Europa verhandeln wollen, Sicherheit zu bieten. Münster wird für die Zeit der Verhandlungen souveräner Stadtstaat.

1643 Baubeginn der ersten Wallfahrtskirche in Kevelaer (Kerzenkapelle, 22. Oktober).

1644 Für die Friedensverhandlungen in Münster übernimmt der päpstliche Diplomat Fabio Chigi im Auftrag von Papst Urban VIII. eine führende Rolle. Von 1644 bis 1649 lebt er in Münster. Am 4. Dezember 1644 wird der Friedenskongreß offiziell eröffnet.

1646 Oratorianer-Pater aus der Erzdiözese Mecheln werden in Kevelaer eingeführt. Sie sollen die Wallfahrt so organisieren wie die Oratorianer des Philipp Neri in Scherpenheuvel.

1647 Synode zu Venlo mit der offiziellen Anerkennung Kevelaers als Marienwallfahrtsort durch das Bistum Roermond.

1647 Bau des Oratorianer-Klosters in Kevelaer (Priesterhaus).

1648 Der Friedenskongress erreicht nach fünf Jahren eine erste Einigung. Am 30. Januar wird der Text des spanisch-niederländischen Friedens in Münster unterzeichnet und am 15. Mai von den beiden Delegationen im Sitzungssaal des Rathauses beschworen.

1648 Hendrik Busmann, der Stifter der Wallfahrt Kevelaer, stirbt in Kevelaer (27. Februar).

1648 Einigung in Münster und Osnabrück über den Religionsfrieden in Europa (28. März). Das deutsche Reich hat mit Frankreich verhandelt, Frankreich mit Spanien, Spanien mit den Niederlanden. Die Schweiz und und die Niederlande, auch die heutigen deutschen Bundesländer haben in diesem Abkommen ihren völkerrechtlichen Ursprung. Der 80jährige Freiheitskampf der Niederländer gegen gegen die spanischen Besatzer ist mit der Souveränität der Niederlande zu Ende gegangen. Die katholischen Landteile in Nordbrabant und Limburg werden an die Generalstaaten.

1648 Am 6. August wird nach Einigung über die Zahlungen an Schweden der Friedensvertrag zwischen Schweden und dem Deutschen Reich in Osnabrück aufgesetzt, am 15. September in Münster der Vertrag zwischen dem Kaiser und Frankreich. Beide Verträge werden am 24. Oktober in Münster unterschrieben und besiegelt.

1649 Am 18. Februar wird, als die Ratifikationsurkunden für den „Westfälischen Frieden„ ausgetauscht sind, in Münster ein großes Friedensfest gefeiert.

1649 Am 2. Mai wird die Kerzenkapelle in Kevelaer eingeweiht.

1650 Zu Beginn des 30jährigen Krieges lebten in Deutschland schätzungsweise 15 bis 17 Millionen Menschen. Fünf bis sieben Millionen fielen dem Krieg, den Übergriffen von Banden und - mit Abstand die meisten - der Pest und anderen Seuchen zum Opfer.

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© Martin Willing 2012, 2013