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    SACHBEGRIFFE |
Theune, Tina
Cheftrainerin der Deutschen Frauen-Nationalmannschaft

und Fußball-Weltmeisterin 2003 | * 1953 


Tina MeyerGeboren wurde sie
in Schenkenschanz, wo Vater > Hans-Joachim Theune Pfarrer war, der 1955 nach Kevelaer versetzt wurde. Inzwischen hatte seine Frau > Eva-Maria die ersten drei von später fünf Mädchen zur Welt gebracht. In Kevelaer war für die Kinder das Kirchengelände an der Brunnenstraße ihr Spielraum.

„Ich war nicht oft im Haus zu finden, ich war draußen auf den Parkplätzen und den Straßen, fuhr mit Eisenrollschuhen und spielte Hockey“, sagt Tina Theune, die vor wenigen Jahren ihren Doppelnamen "Theune-Meyer" abgelegt hat, in einem Gespräch vor ihrem 50. Geburtstag. Jede freie Minute verbrachte sie mit Bällen, spielte auf dem freien Platz am alten Wasserwerk, auf einer Wiese hinter der Kirche und auf den Straßen der Stadt.

Viele Familienfotos bezeugen ihre Zuneigung zum runden Leder; auf den meisten hält Tina einen Ball unter dem Arm. Er war eine Art kindliches Markenzeichen, auch für die Polizei: Das kleine Mädchen war verschwunden! Die Polizisten fanden Tina auf einem Spielfeld, wo sie die Zeit vergessen hatte. Später, im Turnverein Kevelaer, konnte Tina endlich durchstarten. Sie begann mit Leichtathletik und freute sich, dass zum Aufwärmen und Konditionstraining immer wieder Fußball gespielt wurde. Die Fußballweltmeisterschaft 1966 erlebte sie intensiv; für Tina ist sie eines der beeindruckendsten Ereignisse ihrer Kindheit.

 Tina Meyer mit ihren Schwestern
Tina mit ihren vier Schwestern (v.l.): Christina (Fußball-Lehrerin, Köln), Angela (Grundschullehrerin, Aachen), Dorothea (Krankenschwester, Freiburg), Claudia (Professorin für Archäologie, Berlin und Wien) und Cornelia (Schulleiterin, Tübingen).

Sport war in der Familie Theune stets ein Thema. Als die junge Leichtathletin Tina sich bei einem Streckenlaufwettbewerb auf Schravelen gut platzierte, bekam sie vom Vater die ersten Spikes geschenkt. Wenn sie an ihre Zeit auf dem Kardinal-von-Galen-Gymnasium zurückdenkt, fallen ihr allerdings auch Schulbands und ihre Musik ein, außerdem die modernen, grell-bunten Klamotten, die sie als angehende Abiturientin trug.

Zu ihrem Leben gehörte neben dem Sport der Alltag einer Pfarrerstochter. Wenn die Glocken läuteten, saßen die Kinder in der Kirchenbank; später bereiteten sie gelegentlich Familiengottesdienste mit vor. „Das blieb uns immer frei gestellt; es war keine angeordnete Pflichtübung. Ein bisschen ‘überladen mit Kirche’ kann man in Kevelaer schon leicht werden“, sagt Tina Theune. „Dennoch ist die Kirche für mich heute immer noch ein Platz, an dem ich Ruhe finden kann, an dem ich gerne Musik höre und einem Orgelkonzert beiwohne.“

1968 starb ihr Vater. Mutter Theune brachte die Kunst fertig, parallel zu ihrem Fünf- Mädel-Haushalt eine Ausbildung zu machen. „Das hieß für uns natürlich, dass jedes Mädchen im Haushalt mithelfen musste.“

Nach dem Abitur 1972 stand fest, dass Tina Sport studieren wollte, um als Lehrerin tätig zu sein. Sie zog nach Köln und genoss das bunte Stadtleben. „Das Studium war einfach eine tolle Zeit. Köln gefiel mir und gefällt mir bis heute ausgesprochen gut. Ich bin gerne in dieser Stadt, mag die Menschen, die in Köln leben, die offen und aufgeschlossen sind, ohne aufdringlich zu sein“, sagt die Frau, die in der Domstadt ihre zweite Heimat gefunden hat. „Der Kölner Dom übt eine große Anziehungskraft auf mich aus. Er gehört zu meinem täglichen Leben“.

Tina Meyer, Franz-Josef ProbstKevelaer bleibt ihr wichtig. „Nach wie vor sehe ich Kevelaer als meine Heimat an, mag die Weite am Niederrhein, die Heide, die Wasserschlösser, das Radfahren. Seit ich in Köln wohne, war es immer mein Traum, im Kölner Wasserturm eine Wohnung zu bekommen - vielleicht weil ich damit die Erinnerung an den Wasserturm in Kevelaer verbinde. Irgendwann hat es geklappt. Jetzt wohne ich dort und schaue von meinem Fenster auf den Kölner Dom.“

Tina Theune mit
Franz-Josef Probst.


Noch während des Studiums heiratete sie den Fußballer und Sportlehrer Thomas Meyer. Nach ihrem Abschluss 1980 wollte sie ebenfalls Sport unterrichten. Die Lehrerschwemme der Achtziger verhinderte ihre Anstellung. Tina überbrückte die Zeit, indem sie auch die Fächer Religionslehre und Textilgestaltung studierte. Gleichzeitig begann sie mit einer Ausbildung, die sie zum Erwerb der Trainerscheine für den Fußball benötigte, und erwarb die B- Lizenz.

„Nach meinem Studium schloss ich den A-Schein an und war lange Jahre die erste Frau mit dieser Qualifikation.“ Auf Honorarbasis wurde sie 1985 als Fußballlehrerin beim SVM, dem Fußballverband Mittelrhein, angestellt. Ihre eigene aktive Fußballkarriere beendete sie im Alter von 33 Jahren. Mit den Spielen in der Regionalliga bei „Grün-Weiß Brauweiler“ erreichte sie ihre höchste Klasse.

Beim DFB begann sie als Assistenztrainerin der Frauen-Nationalmannschaft, die bis dahin ohne Nachwuchsarbeit auskommen musste. Tina Theune kümmerte sich besonders um junge Talente. 1990, nach dem Gewinn der Europameisterschaft, bekam sie eine volle Anstellung beim DFB. Zu ihren festen Aufgaben wurde die Arbeit rund um die Nachwuchsmannschaften mit Spielerinnen zwischen 16 und 21 Jahren.

Ab 1996 war sie Cheftrainerin der Nationalmannschaft. Bei wichtigen Spielen konnte sie es auf der Trainerbank nur ganz schlecht aushalten. Hoch konzentriert erlebte sie mit, was sich auf dem Rasen tut, überlegt, plant, denkt über Variationen, Fehler und Spielmomente nach. „Darum schaue ich auch immer so ernst“, erklärt sie.

In der Halbzeitpause war es nicht ihre Art, scharf Kritik zu üben. Positive technische Aussagen wollte sie den Spielerinnen mitgeben, ihnen Mut machen, wie im WM-Endspiel. „Als es in die Verlängerung ging, da wusste ich: Das packen wir! Da war mir nicht mehr bang.“ Wenige Minuten später, nach dem Golden Goal, konnte die Bundestrainerin, die als erste überhaupt eine Fußballnationalmannschaft der Damen bis zum WM-Titel führte, ebenso erleichtert und beglückt die Arme zum Jubel hochreißen und ein anderes Gesicht zeigen.

„Das Spiel auf dem grünen Rasen ist nur ein kleiner Teil meiner Arbeit. Wir haben pro Jahr zehn Prozent Zuwachs. Talentsichtung, Training der Spielerinnen, Vorträge, Zusammenkünfte der Ausschüsse, Tagungen, Turniere, Lehrgänge, Pressekonferenzen, Trainerfortbildungen - das alles will bewältigt werden“.

Zeit wurde der Trainerin ein kostbares Gut, mit dem sie bewusst umgeht. Sie sorgt zuweilen für ihre eigene Ruhe, dann aber sehr konsequent. Das bedeutet Rückzug in die eigenen vier Wände, ohne Telefon und Medienrummel, dem sie allzugern entflieht. Öffentliche Auftritte überließ sie ohne Neid ihren Spielerinnen, die sich meist gern den Fragen der Journalisten stellten.

Im April 2013 war die DFB-Sportlehrerin zu Gast in ihrer Heimatstadt Kevelaer, als im Hülsparkstadion das U15-Juniorinnen-Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande angepfiffen wurde - mit Lena Pauels vom KSV als Torhüterin.

Claudia Daniels

© Martin Willing 2012, 2013