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    SACHBEGRIFFE |
Taschenberger, Erika

Künstlerin aus der Binnenheide | * 1922

Erika TaschenbergerDie Künstlergruppe Binnenheide, initiiert durch Erika Taschenberger und angesiedelt auf ihrem Hof in Winnekendonk, war in den 1980er-Jahren entstanden, als die Kulturpolitik der Stadt eher die Kunst Auswärtiger förderte als die der Einheimischen. Die künstlerische "Selbsthilfegruppe" lebt heute in dem von Jörg von der Höh ins Leben gerufenen „Imago Kunst-Forum Kevelaer“ fort; zu dieser Gruppe gehören etliche der Künstler, die schon in der ehemaligen Töpferei Binnenheide zu Hause waren.

Erika Taschenberger, die 1953 aus der DDR nach Duisburg übersiedelte und dort mit ihrem Mann eine Buchhandlung betrieb, ließ sich 1984 als Rentnerin in Winnekendonk nieder. Nach Auflösung der Töpferei, die ihre Tochter Gisela betrieb, füllte Erika Taschenberger den "leeren Ausstellungsraum" mit neuem Leben - mit Werken und Aktionen der Künstlergruppe Binnenheide. Sie war schon als Schülerin von Kunst fasziniert und bildete sich im Laufe ihres Lebens, auch ohne Künstlerin im Hauptberuf zu werden, ständig weiter. "Mein Wunschvorbild war immer Paul Klee", sagte sie einmal in einem KB-Gespräch.

Neben Bildern von Erika Taschenberger gewährte die „Binnenheide“ Begegnungen mit Werken von Künstlern wie Mechtild Altmann, Mareile Baumgärtner-Polders, Thomas Binn, Brigitte Böckmann-Jennen, Peter Maschke, Franz van Oort-Küpper, Annette Rischer-Spalink, Hiltrud Schmitz, Norbert Vorfeld, Antje Witzler, Hannelore Taschenberger, Mario Reis oder Yoshi Yamauchi.

Mittelpunkt der Künstlergruppe Binnenheide war die Werkstatt der Taschenberger-Familie, ihr Herz Erika Taschenberger. Sie organisierte die Treffen und Aktionen der Initiative, und sie war Anlaufstelle, wenn es darum ging, neue Ideen zu verwirklichen.

Was da um Erika Taschenberger in der Binnenheide geschah, hatte neben seiner künstlerischen Bedeutung auch eine kulturpolitische Dimension. Die „Binnenheide“ war die einzige freie Künstlergruppe in Kevelaer, die aus sich selbst wirkte und sich städtischer Einflussnahme entzog. Das schuf ein gesundes Spannungsverhältnis zum „offiziellen Kevelaer“, aber auch Merkwürdigkeiten wie jene, dass für die „Sculptura“-Ausstellungen der Stadt Künstler der Binnenheide Jahre lang nicht gefragt waren. Das war kein wirklicher Mangel. Ihre wirtschaftliche und geistige Unabhängigkeit von der Stadt war eine Grundvoraussetzung für das bildnerische Schaffen der Künstler, die sich um Erika Taschenberger in der Binnenheide sammelten.

Im Sommer 1999 führte Dr. Jutta Bückendorf für das KB das folgende Gespräch mit Erika Taschenberger:

Sie sind für die „Künstlerinitiative Binnenheide“ so eine Art „Mutter der Kompanie“. Seit wann arbeiten Sie selbst als Künstlerin?
Eigentlich hat das schon in meiner Schulzeit in Aschersleben, in der damaligen DDR, angefangen. Kunst war das Fach, in dem ich immer die besten Noten hatte. Ich war ja nie Künstlerin im Hauptberuf, aber seither habe ich mich ständig durch Anschauung und durch Kurse weitergebildet. Durch Sehen, aber auch durch Literatur bekomme ich immer neue Anregungen; dabei kann man sehr viel lernen.

Was war der Auslöser für die Beschäftigung mit der Kunst? Hatten Sie ein Vorbild?
Mein Wunschvorbild war immer Paul Klee. Aber ich wollte einfach das Gesehene festhalten, und wenn man damit Interesse weckt und Erfolg hat, dann spornt das weiter an. Für meine Mitschülerinnen in Aschersleben habe ich immer kleine Bilder gemalt, die sie zu Weihnachten dann ihren Müttern schenkten.

Wie kamen Sie von Aschersleben nach Kevelaer und in die Binnenheide?
1953 sind wir nach Duisburg gekommen, über die “grüne Grenze” natürlich. Dort haben wir lange Jahre eine Buchhandlung besessen. Nach dem Tod meines Mannes habe ich dann in der Universitätsbibliothek gearbeitet, und als ich 1984 in Rente ging, hat es mich hierher auf´s Land verschlagen. Meine Tochter hatte damals hier in diesem Haus in der Binnenheide eine Töpferei.

Und wie kam es zur „Künstlerinitiative Binnenheide“?
Vor zehn Jahren wurde die Töpferei aufgelöst, und der Ausstellungsraum hier war plötzlich verwaist. Was sollte ich damit tun? Ich wandte mich an Herrn Kuypers von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und fragte, ob er nicht eine Möglichkeit zur Nutzung sähe. Eigentlich hatte ich daran gedacht, den Raum zu vermieten, aber er erzählte dann, dass es da eine Gruppe Kevelaerer Künstler gebe, die eine Bleibe und einen Ausstellungsraum suchte. Na, den hat sie dann hier gefunden.

Und haben sie sich fest eingerichtet?
Viele Künstler von damals sind bis heute dabei. Wir sind eine feste Gruppe aus zehn bis zwölf Leuten, aber es kommen immer auch wieder Gäste dazu.

Wie sieht das „Arbeitsprogramm“ der Gruppe aus?
Wir haben zwei Ausstellungen im Jahr, das sind die Fixpunkte. Termine dafür sind der Mai und der November - na ja, das kann sich verschieben, vielleicht sollte ich besser sagen, wir haben eine Sommer- und eine Winterausstellung. Es beginnt immer mit der Nachbesprechung der letzten Ausstellung. Wir treffen uns, diskutieren miteinander, und dann entsteht die Idee für die nächste Ausstellung.

Diesmal heißt das Thema der Ausstellung „Zeit“. Wer legt so etwas fest?
Das machen wir gemeinsam. Einer stellt einen Begriff in den Raum, und die anderen reagieren darauf. In der Diskussion entwickelt sich das dann weiter, bis ein Ausstellungsthema feststeht. Wir hatten da schon „Rot“ oder „Löcher“, und diesmal war es eben „Zeit“.

Hinterlässt die Zusammenarbeit eigentlich Spuren beim Einzelnen, d.h. ist nach zehn Jahren in den Ausstellungen eine einheitlichere Linie zu erkennen?
Nein, die Arbeiten sind so unterschiedlich wie die Künstler, jeder interpretiert ein Thema anders. Wir haben hier in der Binnenheide einen echten Querschnitt durch die Kevelaerer Künstlerszene. Aber natürlich hinterlässt die Zusammenarbeit Spuren. Durch die gemeinsame Arbeit und den regen Austausch haben wir uns alle sichtbar weiterentwickelt; das wird uns von unserem Publikum bestätigt. Wer regelmäßig unsere Ausstellungen besucht hat, erkennt das sicherlich.

© Martin Willing 2012, 2013