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Kaplan in Winnekendonk | * 1884 | geweiht 1909 | † 1945
Am
2. November 1884 wurde Franz Stappers in Issum als Sohn der Eheleute
Franz Stappers und Sybilla, geb. Schrevels, geboren. Dort besuchte er
die Volksschule und wechselte später auf das Gymnasium in Emmerich, wo
er das Abitur machte. Katholische Theologie studierte er an der
Universität in Münster. Am 5. Juni 1909, vor nunmehr 100 Jahren, wurde
er in Münster zum Priester geweiht.
Am Niederrhein lagen seine ersten Einsatzorte als Kaplan - zunächst in
Hau bei Kleve, von 1911 bis 1920 in Winnekendonk, dann in Kellen und ab
1929 in Bracht.
In der Urbanus-Festschrift ist eine Erinnerung von Franz Schumacher,
Sohn des Heimatforschers und Lehrers Carl Schumacher, abgedruckt:
In der Kirche hatte
damals Pastor Hemmers das Sagen, er war sogar der Schulinspektor, aber
ein überaus gütiger Heerohme, der es übersah, wenn wir am Kattegraaf
seine Aalkörbe revidierten, worauf er allerdings Vorhängeschlösser
kaufte. Sein Mitarbeiter war Kaplan Stappers, bei dem ich viel Latein
lernte. „Vokabeln sind das Salz der Erde!“ So pflegte er immer zu sagen.
Kaplan Stappers teilte mit uns die große Schwäche für die Fleuth. Dort
lag ein schnittiges Ruderboot, das allerdings leicht kippte, wenn ein
Ruder-blatt in Wasserpflanzen hängenblieb. Nach dem Latein ruderte ich
damals Kaplan Stappers auf der Fleuth herum, und nicht selten fiel er
dann mit einem „Gott sägen ons“ kopfüber ins Wasser. Naß bis auf die
Haut rettete er sich durch Schilf und Frösche ans Ufer, und wenn ich das
Brevierbuch aus dem Wasser gefischt und das Boot versorgt hatte,
schlichen wir vom Kattegraaf über die große Obstwiese der Kaplanei zu
Lena, seiner betagten Haushälterin, die uns wieder zu trockenen Sachen
verhalf.
In
Winnekendonk war der Kaplan auch gesellschaftlich gut integriert. Einem
KB-Bericht aus dem Kriegsjahr 1917 entnehmen wir, dass Stappers an der
Gründung eines Obst- und Gartenbauvereins mitgewirkt hat. Auf der
Versammlung im Gasthof Zum goldenen Apfel (Johann Schülter) ließ er sich
in den Vorstand als Schrift- und Kassenführer wählen. Dass verstärkt
Obst und Gemüse angebaut werden sollten, war für die Not leidende
Bevölkerung eine gute Nachricht.
Wir finden auch in der Festschrift des
Sportvereins Viktoria
Winnekendonk (1997) einen Hinweis auf den Kaplan. Er habe nach dem
Ersten Weltkrieg mit Jugendlichen der Gemeinde im Wettener Busch
Schleuderball und Schlagball gespielt.
Am 10. August 1920 musste Franz Stappers Winnekendonk verlassen. Der
Kaplan war nach Kellen versetzt worden, wo er bis 1929 wirkte. Seine
nächste Station war das eingangs erwähnte Bracht an der niederländischen
Grenze.
Für den Priester war ab 1930 mit dem Wechsel der Gemeinde Bracht zum
Bistum Aachen ein anderer Bischof zuständig. Der ernannte Franz Stappers
am 30. Januar 1934 zum Pfarrer der kleinen Gemeinde Rickelrath bei
Wegberg. Am 18. Februar 1934 wurde Stappers feierlich in sein Amt
eingeführt. St. Mariä Himmelfahrt Rickelrath, eine hauptsächlich von
Landwirtschaft und Industrie geprägte Pfarrei, bestand aus nur 430
Seelen. Die Schule war einklassig und hatte 65 Kinder sowie einen
Lehrer.
Mittlerweile hatten die Nazis ihre
Macht ausgebaut, und Franz Stappers erging es wie vielen anderen
katholischen Geistlichen: Man bespitzelte den Pfarrer und suchte mit
Vorwürfen, notfalls an den Haaren herbeigezogen, nach Möglichkeiten, die
Autorität des Seelsorgers zu untergraben. Ab 1936 wurde gegen Stappers
gezielt ermittelt, um ihm homosexuelle Neigungen anhängen zu können, was
in der damaligen Zeit zu vernichtenden Konsequenzen geführt hätte. Aber
es wurden keine Indizien gefunden, weshalb die Gestapo im Herbst 1942,
nachdem das Verfahren sechs Jahre in Schwebe gewesen war, die Akte
schloss. Sie wurde wegen der absehbaren Erfolglosigkeit an die
Staatsanwaltschaft gar nicht erst weitergegeben.
Dass sich katholisches Leben in Deutschland verändert hatte, konnte man
aus zwei ausgefüllten Fragebögen ablesen, die Pfarrer Stappers für die
bischöfliche Behörde 1935 und 1940 ausgefüllt hatte. Zwar war der
Kirchenbesuch in den fünf Jahren in etwa gleich geblieben, aber
inzwischen fehlten die meisten Kinder beim Schulgottesdienst.
Im
Herbst 1941 traf sich Franz Stappers wieder einmal mit anderen Priestern
aus dem Dekanat Wegberg/Klinkum zu vertraulicher Aussprache. Bei diesem
Konveniat hörten die elf Geistlichen eine Sendung des britischen
Rundfunks. Ob die Priester verraten wurden oder die Gestapo nur durch
Zufall von dem „Rundfunkverbrechen“ erfuhr, ist nicht bekannt.
Alle elf Priester wurden verhaftet, Franz Stappers am 2. Oktober 1941.
Das Sondergericht Düsseldorf verurteilte ihn am 23. März 1942 zu sechs
Monaten Haft.
Franz Stappers fühlte sich durch Urteil und Haft niedergeschmettert -
nicht ahnend, dass es bei dem vergleichsweise „milden“ Urteil nicht
bleiben würde. Wegen seiner angegriffenen Gesundheit schrieb der
inzwischen 57-Jährige am 28. März 1941 - aus der Haft heraus - an das
bischöfliche Generalvikariat in Aachen, er könne nicht mehr Pfarrer sein
und wolle nach seiner Entlassung entweder pensioniert oder mit einer
„leichten Stelle vielleicht in einem Krankenhaus“ beauftragt werden.
Die bischöfliche Behörde akzeptierte das Gesuch des Pfarrers und
versetzte ihn zum 1. April 1942 in den Ruhestand. Am selben Tag traf im
Aachener Gefängnis, wo Stappers seine Strafe absaß, die entsprechende
Bestätigung des Apostolischen Administrators Hermann Joseph Sträter ein.
Sträter war Weihbischof und 1938 von Papst Pius XI. mit allen
bischöflichen Vollmachten als Verwalter des Bistums eingesetzt worden,
nachdem die Nazis den gewählten neuen Bischof von Aachen,
Wilhelm Holtmann aus
Kevelaer, abgelehnt hatten. Rom hatte daraufhin aus Protest den
Bischofsstuhl unbesetzt gelassen.
Einen Tag nach seiner Pensionierung sollte Franz Stappers aus der Haft
entlassen werden. Doch aus der Aachener Gestapo wurde unmittelbar vor
der Freilassung telegrafiert: „Ich habe gegen Stappers beim RSHA
(Reichssicherheitshauptamt) in Berlin Schutzhaft und seine Überführung
in das KZ.-Lager beantragt. Ich bitte zu veranlassen, daß S. nicht zur
Entlassung kommt, sondern mir überstellt und mit Sammeltransport in das
Gefängnis in Aachen überführt wird.“
Gründe für die erneute Festnahme wurden nicht genannt. Wir dürfen
annehmen, dass die Gestapo den Priester, der über Krieg, Soldaten und
Deutschland während seiner Predigten „starke Äußerungen gemacht hatte“
(so heißt es in dem Bericht eines Mithäftlings), nicht davonkommen
lassen wollte.
Mit drastischen Urteilen wollten die Nazis eine Drohkulisse vor den
Geistlichen aufbauen und sie dazu bringen, dass sie sich in ihren
Predigten „angepasst“ äußerten.
Der Rechtsgrundsatz, dass niemand wegen einer Tat zweimal bestraft
werden darf, galt im Nazi-Reich nicht. Am 1. Juni 1942 wurde Franz
Stappers erneut vor Gericht gestellt, diesmal vor den Reichsgerichtshof
in Leipzig.
Es verurteilte den Geistlichen „wegen Rundfunkverbrechens“ zu fünf
Jahren Zuchthaus.
Franz Stappers wurde in die berüchtigte Strafanstalt von Lüttringhausen
(Remscheid) eingeliefert. Dort traf er einige seiner Mitbrüder und
Leidensgenossen wieder, so auch Dechant Gottfried Plaum, der wie
Stappers zu den Hörern der britischen Rundfunksendung gezählt hatte und
ebenso verurteilt worden war.
Einem Bericht von Dechant Plaum, den
er nach dem Krieg an das Aachener Generalvikariat schickte, verdanken
wir nähere Kenntnis, wie Franz Stappers zu Tode gekommen ist.
Der gesundheitlich angeschlagene Geistliche verbrachte die ersten
zweieinhalb Jahre in Einzelhaft und musste leichte Näharbeiten
ausführen. Ab September 1944 teilte er mit Dechant Plaum, der sogar zu
sechs Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, eine Zelle. Stappers
erzählte ihm während dieser gemeinsamen Zeit, dass er - ohnehin schon
pensioniert - nicht mehr in die Seelsorge zurückkehren wolle. Er habe
sich aus der Haft heraus zum Eintritt in ein Karthäuserkloster
angemeldet, sobald er 1947 aus dem Zuchthaus entlassen würde.
Im März 1945 standen der Zusammenbruch des NS-Regimes und die Befreiung
der Deutschen unmittelbar bevor. Es war bereits abzusehen, dass Franz
Stappers und seine Leidensgenossen schon bald aus dem Zuchthaus
Lüttringhausen befreit werden würden.
Aber am 17. März 1945, dem Passionssonntag, erkrankte Franz Stappers in
der Haft. Er klagte über ein heftiges Darmleiden, das er der
Erbsensuppe, von der er gegessen hatte, zuschrieb. Gottfried Plaum, sein
Zellengenosse, versorgte ihn, so gut es ging. Doch Stappers wurde immer
hinfälliger, und seine Beine versagten ihren Dienst.
Am Freitag, 23. März, wurde er in eine andere Zelle getragen. Hier wurde
er sich selbst überlassen. Als die Wärter nach dem Wochenende seine
Zelle betraten, fanden sie ihn tot vor.
Franz Stappers war bereits am Sonntag, 25. März, gestorben. Am
Karfreitag des Jahres 1945 (30. März) wurde sein Leichnam in Lennep
begraben.
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Franz Stappers Textstellen in der Kevelaerer Enzyklopädie: |
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