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Königlicher Besuch

Vier preußische Hoheiten zu Gast in Kevelaer  

Friedrich der GroßeVon den insgesamt vier Visiten königlicher Hoheiten aus Preußen waren die beiden von König Friedrich Wilhelm I. die bedeutendsten.

Friedrich II., genannt der Große.

Unter dem Schutz der spanischen Krone hatte sich der Gnadenort Kevelaer entwickelt, nun aber, im Jahr 1703, war das Oberquartier Geldern an die siegreichen Preußen verloren. Vom protestantischen Königshaus war nichts Gutes zu erwarten, so fürchtete man in Kevelaer. Zehn Jahre dauerte der Zustand der Ungewissheit. Erst 1713 wurden Friedensverträge geschlossen und die im Krieg gewonnenen Gebiete, darunter der untere Niederrhein, von den Preußen endgültig in Besitz genommen. Die katholische Religion, das sicherte die neue Regierung zu, dürfe wie bis dahin überall ausgeübt werden.

Das war für Kevelaer und die Wallfahrt erst einmal beruhigend.

Letzte Sicherheit erfuhr das > Oratorianer-Kloster, das für Wallfahrt und Pfarrgemeinde verantwortlich war, im Jahr darauf. Der preußische König Friedrich Wilhelm I. besuchte den Gnadenort, wo er eine Kerze opferte und sein berühmtes Schutz-Versprechen gab: „Protegam, fovebo, manutenebo“ (Ich werde beschützen, ich werde geneigt sein, ich werde erhalten). Der König begab sich anschließend nach Kleve, wo er die Verabredungen mit den Kevelaerer Oratorianern in einen Vertrag kleiden ließ.

1738 kam der Soldatenkönig ein zweites Mal nach Kevelaer, diesmal mit seinen beiden ältesten Söhnen. Von Friedrich Wilhelm I. ist der Satz überliefert, den er zu den Kevelaerern sprach: „Je suis protestante, mais je ne vous suis pas contraire“ (Ich bin Protestant, aber ich bin Ihnen nicht feindlich gesinnt).

Die königliche Familie übernachtete auf Schloss Moyland. Der älteste Sohn (der spätere König Friedrich der Große), zum Zeitpunkt des Kevelaer-Besuchs 26 Jahre alt, schrieb mit Datum 26. Juli 1738 von Moyland aus einen Brief an den Grafen Albrecht Wolfgang von Schaumburg-Lippe, in dem Friedrich seine Aufnahme in den > Freimaurerbund terminlich vorbereitete. (Die Aufnahme wurde im Monat darauf in der Loge d‘Hambourg zu Braunschweig vollzogen.)

Erst ein Jahrhundert danach beehrte wiederum eine königliche Hoheit aus Preußen den Wallfahrtsort. An Allerheiligen des Jahres 1831 traf Prinz Wilhelm, der spätere König von Preußen und Deutsche Kaiser Wilhelm I., mit Gefolge in Kevelaer ein. Die drei Pferdekutschen hielten auf dem Kapellenplatz an, aber Prinz Wilhelm blieb sitzen. Durchs Kutschenfenster nahm er die Begrüßungen der Honoratioren entgegen. Wilhelms Frau jedoch verließ ihren Wagen, begab sich in die Gnadenkapelle und sagte nach dem Verlassen der Kapelle: „Das kleine Bildchen ist doch merkwürdig.“

Sie bat um eine Abbildung, worauf Kevelaers Bürgermeister Gerhard Cremeren sofort mehrere besorgen ließ. Anschließend begab sich die Prinzessin in die Kerzenkapelle, wo sie sich für die Kerzen interessierte. Kurz darauf endete die Stippvisite, und die Fahrt ging weiter nach Geldern.

Friedrich Wilhelm 4Zwei Jahre danach - 1833 - konnte auch Wilhelms älterer Bruder, Friedrich Wilhelm, in Kevelaer begrüßt werden. Der Kronprinz wurde 1840 König von Preußen, während sein jüngerer Bruder Wilhelm, von dessen Kevelaer-Besuch soeben die Rede war, erst 1861 gekrönt wurde.

König Friedrich Wilhelm IV.

Über die Visite des Kronprinzen im Jahr 1833 liegt eine detaillierte Beschreibung durch Pastor Johann Heinrich Krickelberg vor:

Der Herr Landrat hatte früher dem Bürgermeister angezeigt, wie er (der Prinz) empfangen werden sollte. Der Herr Bürgermeister überlegte mit uns, ordnete aber alles selbst an, weil es ein rein civil Fest ist.

24 Reiter, als Ehrengarde alle gleich bürgerlich gekleidet, wurden aufgeboten. Drei Ehrenbogen sollten errichtet werden, einer beim Eingang in das Dorf, hinter St. Anna, einer in der Mitte, vor dem Kloster, und der letzte beim Ausgang, zwischen Dyx und Weegmans Garten. Den Bogen vor dem Kloster hat Herr Rector Janßen beköstiget. Der Herr  Bürgermeister ließ alle Töchter, eine jede in der Gegend des Bogens, zum Peelen einladen. Für den Bogen bei St. Anna machte ich das Chronicon: Dem Kronprinzen wünschen alle in Kevelaer wahres Heil. Für den Bogen hier Herr Janßen: Regis Caro primogenito pietatis vota exhibent imolae Keve-laerienses gaudentes. Für den Bogen bei der Pfarrkirche wollte der Herr Bürgermeister etwas verschaffen und so fand sich inmitten des Bogens: Aus Liebe. Auch hatte der Bürgermeister Böller kommen lassen, die abgefeuert wurden. (…)

Gleich nach 1 Uhr (…) erblickten wir die Reiter, welche ihm (dem Prinzen) bis zur Weezer Grenze entgegengeritten waren. Sobald der Wagen bei uns kam, so fingen die einige Schritte weiter stehenden Musikanten an zu blasen, die Glocken zu läuten, die Böller wurden abgefeuert und sobald nun der Wagen still hielt, trat der Herr Bürgermeister hinzu, hieß Ihn willkommen und bat Ihn, geruhen zu wollen, den Ehrenwein von dem ältesten (Jan Dyx) des Gemeinderates anzunehmen. Er nahm ihn und reichte ihn dem zu seiner Rechten sitzenden Prinzen Friedrich von Holland, welcher aber dankte. Er trank dann selbst; er fragte den Bürgermeister, wie er heiße, wie stark die Gemeinde sei.

Er sagte, daß es tüchtige Reiter wären, dann erscholl ein dreimaliges Lebe Hoch!, so daß er lachte, sich die Ohren festhielt. Er dankte und sagte, daß er dort in die Kirche absteigen wolle. Sogleich schritten die Musikanten vor den Pferden des Wagens voran, wir gingen neben dem Wagen, der Gemeinderat und die Menge folgten und gingen voran, unter dem Bogen, dem Kloster gegenüber hielt der Wagen. Er stieg aus, und drang sich durch die Menge, wie auch wir; bei der kleinen Capelle sagte ich Ihm, hier sei merkwürdig das sogenannte Gnadenbild, worauf er erwiderte; So, ist das hier. Herr Janßen öffnete die Tür zum Gnadenbild und nun besah er es aufmerksam, Prinz Friedrich stand bei ihm. Er fragte nach der Geschichte, die Herr Janßen ihm erzählte, wie viel Pilger wohl dieses Jahr hier gewesen wären. Herr Janßen antwortete: Über 70.000. (Ich sagte dem Rendanten vor der Tür, daß wohl Jahre wären, wo 200.000 hier gewesen wären).
(…)

Nun ging er zur großen Capelle, besah diese, und oben zeigte Herr Janßen Ihm die Stelle, wo Friedrich Wilhelm I. die Kerze 1714 geopfert (…) habe. Er las die Inschrift und blieb eine Zeit lang davor stehen, ohne etwas davon zu sagen, indessen sahen sich die Übrigen um.

Stammbaum der Hohenzollern (Auswahl)

Wilhelm II.
(1859-1941)

Kaiser 1888
Wilhelm I.
(1797-1888)
König 1861
Kaiser 1861
Friedrich Wilhelm IV.
(1795-1861)
König 1840
Friedrich Wilhelm III.
(1770-1840)
König 1797
Friedrich Wilhelm II.
(1744-1797)
König 1786
Friedrich II.
Der Große

(1712-1786)
König 1740
Friedrich
Wilhelm I.

(1688-1740)
König 1713

© Martin Willing 2012, 2013