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Keuken, Ruth

Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Kevelaer | * 1964

Ruth KeukenBis 2006 galt sie Kritikern als Gehilfin von Hans-Josef Kuypers, dem Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft - zwar qualifiziert, aber ohne Profil. Sie hatte es; zur Geltung kam es kaum. Nach ihrer Wahl zur neuen Geschäftsführerin von Wirtschaftsförderungsgesellschaft und Verkehrsverein pflegte sie ihren eigenen Stil.

„Mein Hauptkommunikationsmittel ist das Telefon“, sagt die Vielbeschäftigte in einem Gespräch (2007), „mal eben anrufen und hören, wie es Unternehmern geht, Interesse zeigen - da hören Sie viel an persönlicher Befindlichkeit heraus und können entsprechend agieren.“

Und wie ist sie als Chefin? „Ich bin teamorientiert und hole mehrere Meinungen ein, ehe ich mich entscheide.“ Sie rückt an ihrer Brille und grinst. „Ach ja, ich kann ungeduldig werden, wenn Dinge nicht klappen, wie sie klappen sollen.“

Macht ihr Tempo dem Team zu schaffen? „Nein! Ich habe eine extrem gute Mannschaft - und eine sehr zufriedene, in der die einzelnen Leute weitgehend selbstständig arbeiten. Krankenstand gibt es bei uns nicht.“ Sie bezeichnet sich als zielorientiert und ehrgeizig.
Ehrgeiz war eine Eigenschaft, die Ruth Keuken schon als Kind kannte.

Im Spätherbst 1964 war sie in die Uedemer Unternehmerfamilie Keuken hineingeboren worden. Die Eltern führten eine Metzgerei mit Schlachtung. Der Vater arbeitete im Betrieb, die Mutter im Büro. An die Mittagsmahlzeiten erinnert sich Ruth Keuken mit Freude. „Wir hatten 16 Gesellen, die saßen alle mit am großen Tisch. Wenn ich an diese Zeit denke, kommen mir Bilder vor Augen mit Platten voller Schnitzeln.“

Die selbstständigen Eltern hatten wenig Zeit für ihre beiden Töchter. Familienurlaub gab‘s nie, aber Vater und Mutter waren immer erreichbar, wenn die Kinder sie brauchten. Und die Eltern „brauchten“ die Kinder. „Wir bekamen früh Aufgaben, halfen im Garten, im Haushalt und besorgten den Einkauf.“ Sie nahmen ihre Dienste als Selbstverständlichkeit.

Sie bewundert die Stärke ihres Vaters, im Dorf respektvoll „de Keuk“ genannt. „Er hätte nichts anderes sein können als selbstständig und gestaltend. Er hat seine Ziele verwirklicht.“

„Fleiß, Ehrgeiz und Disziplin - vor allem Disziplin“ nennt sie als Eigenschaften, die die Eltern förderten, nie hinterfragt von den Töchtern. „Das begann schon bei unseren empfindlichen Produkten.“ Wenn es sommertags auch an Sonntagen heiß zu werden begann, ging‘s nicht ins Freibad, sondern in die Metzgerei: „400 Mettwürste mussten einzeln gereinigt werden, damit sie nicht verdarben!“

Als sie zwölf, dreizehn Jahre alt waren, halfen sie auch alltags im Betrieb. Sie lernten die Schlachterei kennen. Wer Fleisch essen wollte, musste Tiere töten. Das begriffen die Mädchen früh. „Es kam darauf an, hygienisch und schmerzlos für das Vieh zu arbeiten.“ Der Vater kaufte Tiere bei Landwirten in der Umgebung ein. Dann wusste er, wie sie gehalten worden waren. Lange Transporte blieben dem Vieh erspart. „Ich habe noch heute Probleme mit Tiertransporten.“ Und wo kauft sie ihre Wurst? „Bei einem richtigen Metzger.“

Sie erlebte ihre Schulzeit in Uedem. 1984 schaffte sie am Aufbaugymnasium das Abitur. Ihre Berufszeit begann. Im Nachhinein sieht sie die scheinbar verschiedenen Wege als einen Weg. Sie schrieb in ihrem ganzen Leben vier Bewerbungen. Viermal erhielt sie eine Zusage.

Die erste Bewerbung trug ihr einen Platz in einer Kanzlei in Kleve ein, wo sie sich zur Rechtsanwaltsgehilfin ausbilden ließ. Schon im zweiten Jahr bekam die junge Frau den Bereich Schadensregulierung anvertraut. Nach einem weiteren Jahr sehnte sie sich nach einer größeren Herausforderung.

Die zweite Bewerbung führte sie zur Fuji Magnetics Germany GmbH in Kleve. Im Vorstellungsgespräch verlangten die Manager plötzlich, sie solle Englisch reden. Ruth Keuken wechselte problemlos die Vokabeln aus. Nur das Wort butcher für den Beruf des Vaters fiel ihr nicht ein.

Fortan arbeitete Ruth Keuken als Chefsekretärin für den japanischen Geschäftsführer und den Personalleiter. „Es war spannend zu sehen, wie ein Weltunternehmen sich aufbaut“, erzählt Ruth Keuken; aber nach zwei Jahren zog es sie fort. Die Unternehmung war rasant gewachsen. „Wir verbrachten viel Zeit mit der internen Organisation. Vieles war formalisiert. Ich wollte selbstständiger arbeiten.“

Sie hörte, dass bei der WfG in Kevelaer ein Allrounder gesucht wurde. Sie schrieb ihre dritte Bewerbung und schaffte das dritte „Ja“. Anfang 1990 saß sie auf einem Stuhl an der Venloer Straße - als kaufmännische Angestellte. Nach wenigen Jahren erhielt sie Prokura. Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing waren die Aufgaben der WfG; 1992 kam der Tourismus hinzu, 1996 die Kulturarbeit.

„Ich glaube an die Marke Kevelaer“, sagt sie, „die Stadt hat unglaublich viele Stärken und ist unendlich schön, gepflegt und sauber. Unsere Einzelhändler engagieren sich viel mehr als Kollegen in anderen Städten. Wir haben viele inhabergeführte Geschäfte.“

Seit über 16 Jahren fordert der Beruf sie sehr. Dennoch braucht Ruth Keuken ab und an neue Betätigungsfelder. Es wird nicht viele Unternehmerinnen und Unternehmer in Kevelaer geben, die sich bei einem Job mit weit mehr als 40 Wochenstunden so akribisch und zeitraubend schulen wie die Wirtschaftsförderin.

Bleibt noch Freizeit? „Das ist meine Freizeit“, sagt sie und erzählt begeistert von ihren Weiterbildungen zur Fachkauffrau für Marketing mit IHK-Abschluss und zur geprüften Public-Relations-Beraterin mit Abschluss vor der Deutschen Akademie für Public Relations in Bonn. Ab 2003 studierte sie „nebenher“ Wirtschaftswissenschaften mit dem Ziel Diplomkauffrau an der Fern-Universität Hagen.

Sie liebt Orgelkonzerte (hat selbst Klavier, Orgel und Kirchenorgel gelernt), gibt sich gern und regelmäßig dem Spinning hin, dem schweißtreibenden Radeln auf einem stehenden Gefährt, und freut sich an den Treffen mit Freunden. „Da ist ein regelrechtes Netzwerk entstanden, in dem ich lebe und arbeite und auf das ich mich jederzeit verlassen kann. Es ist stark, es trägt und bereichert mich. Wir haben längst gelernt, unterschiedliche Meinungen stehen zu lassen und uns nicht mehr erziehen zu wollen.“

Zu Hause fühlt sie sich zudem in ihrer Familie - bei ihrer Mutter Ina (Vater Heinz starb mit 49 Jahren), bei ihrer Schwester und deren Familie mit zwei Kindern.

„Das Leben ist ein Fluss“, sagt sie unvermittelt, „Dinge verändern sich.“ Sie hat nach Schicksalsschlägen gelernt, damit umzugehen.

„Ich bin ein gläubiger Mensch“, sagt sie, „sonst hätte ich viele Dinge nicht verarbeiten können.“ Sie glaubt an Fügungen auch für ihr eigenes Leben. „Fügungen - man bekommt einen Fingerzeig. Aber dann muss ich selbst daraus etwas machen. Ich muss die Dinge in die Hand nehmen.“

Sie schrieb ihre vierte Bewerbung - und wurde Geschäftsführerin der WfG. Sie freute sich an dieser Aufgabe in einer Stadt mit vielen Hunderttausend Besuchern pro Jahr.
Für deren spirituelles Wohl sorge das Priesterhaus. „Doch ich kann für Kevelaer nicht tätig sein, wenn ich nicht an das glaube, was Menschen herzieht und bewegt. Ich muss ihre Nöte und Anliegen nachempfinden und mich in Ehrenamtliche hineinversetzen, die zum Beispiel als Pilgerleiter dafür arbeiten, andere Menschen auf den Weg zum Gnadenbild zu bringen. Dann bin auch ich auf dem Weg.“

Delia Evers