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    SACHBEGRIFFE |
Kauertz, Theo

Maler aus Kevelaer | * 1922 | † 1993

Theo KauertzEs ist eine auffallend knappe Todesanzeige, die im Herbst 1993 für den am Leben zu Grunde gegangenen Künstler Theo Kauertz in der Tageszeitung erscheint. 

„Wir trauern um Theo A. Kauertz, * 27. Februar 1922, + 15. September 1993. Seine Familie und Angehörige“. 

Dann folgen zwei Sätze, die auf Seelenamt und Beerdigung in Kevelaer hinweisen. 

Theo Kauertz ist der Sohn des Ingenieurs Wilhelm Kauertz und seiner Frau Annemarie, geb. Böttcher. Seine Familie, zu der auch Bruder Lothar gehört, wohnt in der Venloer Straße und Kroatenstraße Nr. 119, wie Dr. Peter Lingens in seiner Kauertz-Würdigung im Geldrischen Heimatkalender 1996 vermerkt.

Mutter Annemarie Kauertz (1884 bis 1963) verwitwet früh und muss die Kinder allein groß ziehen. Der Familie geht es wirtschaftlich schlecht. Die Mutter, eine Schülerin von Lovis Corinth (1858 bis 1925) und eine in der regionalen Literatur praktisch unbeachtet gebliebene Malerin, muss ihre Bilder zu Spottpreisen verkaufen, was in Kevelaer auch anders gesehen wird: Eher aus Mitleid werden ihr Bilder abgenommen, damit die Familie überhaupt „was zum Beißen“ hat.

Theo Kauertz geht nach der Volksschule im Anstreicherbetrieb von > Johannes Boers an der Marienstraße in die Lehre, ist aber schon früh von seiner künstlerisch tätigen Mutter beeinflusst und erfährt von ihr seine erste malerische Ausbildung. Während seines Militärdienstes in Berlin Anfang der 40er Jahre ist er, wie er in seiner Biographie selbst angibt, um Studien an der Kunstakademie in Berlin-Charlottenburg bemüht. Da sein Name in den Schüler- und Studentenlisten aber nicht auftaucht, wie Lingens herausgefunden hat, nimmt Kauertz vielleicht „nebenbei“ am Unterricht teil - womöglich als „blinder Passagier“.

Theo Kauertz
Theo Kauertz in seinem Atelier an der Kroatenstr. 119.
Foto aus: Peter Lingens, Vom Historismus zur Moderne, S. 29.


Neben der Mutter, die ihren Sohn nach dem Krieg künstlerisch weiter bringt, wird Theo Kauertz in Kevelaer besonders von dem einheimischen Maler und Grafiker > Karl Wenzel gefördert und betreut. Kauertz steht Wenzel Modell: In dem Gemälde „Die Einsetzung des Kevelaerer Gnadenbildes im Jahre 1642“, das heute im Marienhospital hängt, hat der kniende Hendrik Busmann das Gesicht von Theo Kauertz, wie Lingens in seinem Beitrag ausführt.

Enge Kontakte unterhält Kauertz auch zu seinem ein Jahr jüngeren Künstlerkollegen und Jugendfreund > Karl Neuy, mit dem er die niederrheinische Landschaft und ihr Lichtspiel mit künstlerischen Augen erforscht.

Wie seine Mutter muss auch Theo Kauertz, um Geld für Essen oder Zigaretten zu beschaffen, seine Bilder zu lächerlichen Preisen verschleudern. Kauertz-Bilder, für ein paar Mark oder ein bisschen Butter abgegeben, kosten heute im Kunsthandel einige tausend Mark.

In der Nachkriegszeit sind die meisten Käufer mildherzig gestimmt und nehmen für wenig Geld dem Künstler das Bild ab, obschon sie es eigentlich nicht haben wollen; nur wenige erkennen das Kauertz-Talent und nutzen die Notlage aus. 

Viele sind es nicht, die in dem wilden Theo einen bedeutenden niederrheinischen Maler erblicken. Er gilt nichts in der Bürgerschaft. Die raren Freunde und Kenner, die Kauertz als Künstler achten, können ihm nicht über sein Leiden, ein Künstler ohne Anerkennung zu sein, hinweghelfen. In Kevelaerer Gaststätten wird er manches Mal verlacht, schreibt Peter Lingens, der von Zeitzeugen Aussagen wie „skurril“, „laut, provozierend und angeberisch“ oder „egozentrisch“ gehört hat, die die „gesellschaftliche Ablehnung“ des Künstlers erklären mögen. 

Er wird aber auch als „herzensgut“, „humorvoll“, „eloquent, spontan und deutlich“ beschrieben. Und Lingens fügt die Aussage einer Kevelaererin an, die bei Kauertz eine Hass-Liebe zu Kevelaer bemerkt hat.

Vom Impressionisten unter dem Einfluss von Corinth entwickelt er sich zum Expressionisten und Kubisten und vollzieht damit spät die bereits abgeschlossenen Kunstrichtungen in seinem eigenen Werk nach. Zu sich selbst findet er auf seinen Reisen durch lichtdurchflutete Länder am Mittelmeer. Vor seiner Übersiedlung nach Mallorca tritt eine Ruhephase in sein unstetes Leben ein, die ihm mehr zusagt, als er zunächst vermutet.

Kauertz lässt sich 1964 als Kunsterzieher am Gocher Gymnasium anstellen und findet Freude an der Arbeit mit jungen Menschen. Zum ersten Mal ist durch seine Arbeit der regelmäßige Lebensunterhalt für seine Frau, die sich später von ihm trennt, und drei Kinder gesichert. Als der angestellte Lehrer später wegen „Lehrerschwemme“ ausscheiden soll, wenden Schüler, die für Kauertz demonstrieren, seine Entlassung ab. Kauertz bleibt 20 Jahre im Schuldienst.

Inzwischen auf weiteren Reisen in die Länder des Mittelmeers zu einem mit Licht und Schatten spielenden, leidenschaftlichen Aquarellisten geworden, zieht er 1988 - vier Jahre nach Beendigung seiner Lehrertätigkeit - nach Mallorca zu den „Küsten des Lichts“.

Er kehrt noch einmal an den Niederrhein zurück, wo er in Goch auf dem Marderweg 15 wohnt. Dort legt er im September 1993 Hand an sich.

Theo Kauertz wird auf dem Friedhof in Kevelaer beerdigt. Zunächst weist kein Stein auf den Künstler hin. Als ein Kempener Verlag beim Kevelaerer Galeristen Heinz Janssen Blätter von Theo Kauertz für einen Kalender erwirbt, setzt Janssen den Erlös ein, um für den Künstler einen würdigen Grabstein in Auftrag zu geben.

Seine Bilder sind heute sehr begehrt. Sie hängen in Kevelaer und Goch und in zahlreichen Privathäusern im In- und Ausland. Altbundeskanzler Helmut Schmidt, so bestätigt er Lingens in einem Schreiben, erfreut sich an zwei Aquarellen mit Meeresmotiven, die die Signatur des Kevelaerer Malers tragen.

Theo Kauertz und sein Grab
Das Grab von Theo Kauertz auf dem Kevelaerer Friedhof.

© Martin Willing 2012, 2013