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Janßen, Heinrich SVD
Missionar aus Kevelaer | * 1906 | Priesterweihe 1936 | † 1974
Foto zeigt den Missionar Heinrich Janssen
Er war ein Bruder von Oskar Janßen, zu dessen 60. Geburtstag er im Oktober 1974 in die Marienstadt kommen wollte. Doch wenige Tage zuvor erlag er seinem Herzleiden in seinem Ordenshaus in St. Arnold bei Rheine - im 43. Jahr seiner Ordensprofess, im 38. Jahr seines Priestertums.

In seinen Briefen aus Timor/Indonesien, wo er drei Jahrzehnte als Missionar wirkt, „leuchtet immer aufs Neue wie ein Sonnenstrahl das Wort ‘Kevelaer’ auf“, hält Pater Johannes Bettray über Heinrich Janßen in einer unveröffentlichten Schrift fest, die diesem Beitrag zu Grunde liegt. 

In Kevelaer kommt Heinrich Janßen 1906 als Sohn des Buchbinders Johann Janßen und seiner Frau Johanna, geb. Ginters, auf die Welt. Er wächst im Kreis von elf Geschwistern in einer tief religiösen Familie heran. „Meine Mutter“, berichtet Oskar Janßen, „ging, solange ich weiß, täglich nach der Arbeitszeit, also gegen 21 Uhr, zur Gnadenkapelle. Das war die einzige Erholung, die meine Mutter sich gegönnt hat, denn sie hatte neben den elf Kindern auch noch ein Porzellangeschäft.“ 
 
Heinrich Janßen stammt aus der zweiten Ehe seines Vaters, aus der weitere neun Kinder erwachsen. Zwei von ihnen werden Clemensschwestern: Maria (Schwester Maria Wigbertine) und Minchen (Schwester M. Seraphis). 

Schon mit 14 Jahren begibt sich Heinrich, für den der selige Arnold Janssen Zeit seines Lebens Vorbild ist, im April 1921 zu den Steyler Missionaren, weil er Priester werden will und seine Eltern ihm einen solchen Ausbildungsweg nicht bezahlen können. Vater und Mutter begleiten ihn nach Steyl.

Im Mai 1931 legt er seine ersten Gelübde ab, im April 1936 folgen die Ewigen Gelübde. Seine Priesterweihe empfängt er im September 1936 zusammen mit 29 Diakonen durch den Kölner Weihbischof Stockums.

Der junge Priester wird von seinem Orden 1938 nach Timor entsendet. Im Juli  verabschiedet er sich von Steyl. In seinem Abschiedswort im Namen der Deutsch sprechenden Missionare, die nun in die Welt hinausgehen, bezeichnet er sie als „Friedensboten Christi“. Von seinen Eltern kann er sich Anfang September verabschieden, bevor - September 1938 - das Schiff in See sticht. 

Foto zeigt Missionar Heinrich Janssen zu PferdeHeinrich Janßen kümmert sich nach der Ankunft zunächst darum, möglichst schnell die Sprachen Malaisch und Tettum zu lernen, denn ohne Kenntnis der Gebietssprachen ist Verkündigung unmöglich. Er muss nicht wie die meisten seiner Ordensbrüder von einer Hauptstation aus Wochen lang als „Buschmissionar“ von Dorf zu Dorf ziehen, sondern wird als Kaplan in der Bischofsstadt Atambua und im 25 Kilometer entfernten Hafenort Atapupu eingesetzt. Für eine Woche zieht er jeden Monat hinaus in umliegende Dörfer, hilft dort aus und hält Exerzitien ab. 

Pater Heinrich unterwegs.

Dass sein Transportmittel ein Pferd ist, freut ihn, denn Heinrich Janßen ist ein begeisterter Reiter, was er seinem Tagebuch öfter anvertraut („Ein feiner Ritt!“). Reiten ist für ihn Erholung. Nach dem Zweiten Weltkrieg, das schreibt er in einem Brief an seine Familie, steigt er aufs Motorrad und schließlich aufs Auto um.

Dass der Zweite Weltkrieg ausgebrochen ist, erfährt Heinrich Janßen unmittelbar am eigenen Leibe: Er wird auf Timor, das zum Machtbereich der Niederlande gehört, von einem niederländischen Hauptmann gefangen genommen. „Es tut mir sehr leid, Herr Pater, ich muss Sie mitnehmen. Zwischen Holland und Deutschland ist Krieg.“ Janßen hat gerade 70 Katechumenen taufen wollen, als der Hauptmann erscheint und die Feier unterbricht. „Ein anderer Pater wird kommen, der Euch tauft“, ruft er den Einheimischen noch zu. Dann wird er abgeführt.

Heinrich Janßen landet im Internierungslager Dehra Dun am Fuß des Himalaya. Von dort schreibt er im August 1944: „Äußerlich sieht man mir den Priester und Ordensmann nicht an: Kurze Hose, Sporthemd. Nur unser Pater-noster-Gesicht verrät uns.“

Sechs Jahre bleibt er Gefangener. Im März 1946 schreibt er ins Tagebuch ein Gelöbnis: „Wenn ich als Missionar nach Timor zurückkehre, werde ich zu Ehren Unserer Lieben Frau von Kevelaer auf Timor eine Kapelle oder ein Kirchlein bauen, falls es mir möglich ist, und will für die Andacht zur lieben Gottesmutter bei den mir Anvertrauten eifrig arbeiten.“

Im Oktober 1946 erfährt er, dass die Niederlande die Rückkehr der deutschen Missionare nach Timor und Flores verweigert. 

Heinrich Janßen wird entlassen und ins ehemalige KZ Neuengamme bei Hamburg überstellt, von wo aus er unmittelbar zu seiner Familie nach Kevelaer reisen kann. Er findet sein Elternhaus zerbombt vor und begibt sich im Januar 1947 ins Ordenshaus in St. Arnold. Anfang Februar beginnt er in Walbeck mit seinem Dienst als Kaplan, kehrt aber schon im August nach St. Arnold zurück, um dort als Präfekt der Schüler zu arbeiten. Schon zwei Jahre später wird aus ihm wieder, was er war: Ein Missionar im Ausland. Heinrich Janßen schifft sich Mitte Dezember 1949 nach Indonesien „in meine geliebte Mission“ ein. 

Als 1951 seine Mutter in Kevelaer stirbt, schreibt er dem Vater: „Sie war längst reif für den Himmel“. Zeit seines Lebens wird Heinrich Janßen an ihrem Todestag in besonderer Weise seiner Mutter gedenken. 

Im Mai 1954 ernennt der Vatikan Heinrich Janßen zum Distriktoberen für Belu, er wird Dechant und Pfarrer und nimmt Amtssitz in Atambua, wo er seine Missionszeit begonnen hat. Er wird 1957 zum Assistenten des Regionals P. Theodor van den Tillart berufen, der wenig später Bischof der Diözese wird. Heinrich Janßen erwähnt in seinen Tagebüchern nicht, dass er selbst als ein Kandidat im Gespräch gewesen ist. Das nun vakante Amt des Regionals wird vom Assistenten Janßen geführt, wodurch er geborenes Mitglied des Generalkapitels ist, das 1958 in Rom eröffnet wird.

Zum ersten Mal erlebt Janßen Rom. Er macht einen Abstecher in seine Heimatstadt Kevelaer und besucht St. Augustin, wo er im Mai 1958 zum Regional von Timor ernannt wird. 

Auf seiner Rundreise zu mehreren Missionshäusern in Deutschland erfährt er, dass sein Vater im Sterben liegt. Heinrich Janßen wacht während der letzten Tage am Sterbelager und wechselt sich mit seiner Schwester in der Nachtwache ab. Er ist dabei, als der Vater Ende August 1958 in der Nacht stirbt. 

In den folgenden Jahren in der Mission findet er immer wieder einmal Gelegenheit für Deutschlandbesuche. Er selbst hat überliefert, dass er im Oktober 1958 am Weltmissions-Sonntag das Fußball-Meisterschaftsspiel Duisburg gegen Oberhausen verfolgt hat: „Welche Begeisterung! Warum zieht das, und so mancher Gottesdienst nicht?“

Wegen Herzbeschwerden muss sich Janßen Anfang 1959 einer Kur in Bad Orb unterziehen, bleibt insgesamt ein Jahr in Deutschland und kehrt im Sommer, nach einem Abschiedsbesuch in Kevelaer zwei Tage zuvor, nach Timor zurück. Hier erfährt er zwei Jahre später, dass seine Schwester Änni, die im Kevelaerer Elternhaus geblieben ist und 1961 im Alter von 51 Jahren einen Witwer geheiratet hat, gestorben ist, keine vier Monate nach ihrer Hochzeit.

Heinrich Janßen wird im Herbst 1961 indonesischer Staatsbürger, um den Menschen, unter denen und für die er arbeitet, noch näher zu sein. Noch zweimal wird er in seinem Amt als Regional bestätigt, das zweite Mal im März 1963. Trotz seiner umfangreichen administrativen Aufgaben als Regional schränkt Janßen seinen Einsatz vor Ort als Seelsorger nicht ein.

Den Pater rühren die sozialen und gesundheitlichen Nöte der Einheimischen an, die zudem unter Hunger leiden,. In einem seiner Briefe schreibt er, dass er im Januar 1965 in ein Dorf geritten sei, um im Haus eines Aussätzigen die heilige Messe zu feiern. 

Die Mehrfachbelastung als Regional, Pastor und Schwesternseelsorger beginnt ihn aufzureiben. Durch eine medikamentöse Kur zum Schutz vor Malaria erleidet er einen Hörschaden und benötigt ein Hörgerät. Für frische Batterien sorgt sein Bruder im fernen Kevelaer. 

Bald darauf gibt Heinrich Janßen mit Auslaufen der Regional-Amtszeit die Verantwortung an einen Nachfolger ab und tritt, unmittelbar nach seiner Ernennung zum bischöflichen Generalvikar, einen Europa-Urlaub an, ohne zu wissen, dass er nicht mehr zurückkehren wird. Im November 1967 feiert er in Kevelaer im Kreise der Geschwister die Silberne Hochzeit seines Bruders Oskar mit. Das Fest ist extra verschoben worden, damit Heinrich daran teilnehmen kann. In der Kirche der Clemensschwestern feiert er in den folgenden Tagen jeden Morgen mit seinen Verwandten die heilige Messe.

Beim letzten Gottesdienst fällt seiner Schwägerin auf, dass sich Heinrich irgendwie verändert hat. „Geht es Dir nicht gut?“ fragt sie. Eine Stunde später wird im Marienhospital festgestellt, dass Heinrich Janßen einen leichten Herzinfarkt erlitten hat. Seinem Tagebuch ist zu entnehmen, dass er schon auf Timor Herzbeschwerden hatte. Schwindelanfälle und Gleichgewichtsstörungen machen ihm in der nächsten Zeit zu schaffen. 

Seine Missionszeit, das wird ihm jetzt klar, ist zu Ende. 

Er wird, nachdem sich sein Gesundheitszustand stabilisiert hat, als Vikar in Lembeck eingesetzt und übernimmt für mehrere Jahre in Adelhausen-Eichsel (Schwarzwald) eine Ferienvertretung. Die Gegend liegt dem Pater sehr, denn hier kann er wieder aufs Pferd steigen. Als „reitender Pater“ wird er dort um 1970 eine bekannte Persönlichkeit. Nach einem Sturz vom Pferd Mitte 1971 notiert er, obwohl er unverletzt bleibt, im Tagebuch: „Ich glaube, ich habe genug.“

Zwölf Tage vor seinem Tod schreibt er: „38 Jahre ist mir das Priestertum anvertraut. Was habe ich daraus gemacht? Heute vor 38 Jahren begann die große Freude des Priesterseins.“ 

Heinrich Janßen stattet Anfang Oktober 1974 einen seiner monatlichen Besuche in St. Arnold ab. Vor dem Portal begrüßt ihn Schwester Gonsalva und wechselt ein paar Worte mit ihm - da bricht er tot zusammen.