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Festkettenträger in Kevelaer | * 1914 | † 1999
Die
älteren unter den Lesern wissen aus eigenem Erleben, was
Lebensmittelknappheit und Zuteilung mit Marken in den schlimmen
Notzeiten nach dem Krieg bedeuteten. Wer die viel zu knappen Rationen
auszugeben hatte, der sah jeden Tag das Elend vor sich stehen. Oskar
Janßen, der Ende 1944 mit seiner Familie auf dem Janburshof in
Schravelen untergekommen war, hat es gesehen, denn er war von den
Alliierten für die Lebensmittelbewirtschaftung eingesetzt und zuständig
für die Beschaffung von Milch für die Kevelaerer Bevölkerung.
In den ersten Tagen nach dem Einmarsch der Briten durfte niemand aus der
Umgebung das Kevelaerer Gebiet betreten. Selbst Oskar Janßen, obschon
zur Beschaffung von Nahrung für die Menschen in Kevelaer eingeteilt,
durfte erst am 10. März 1945 in die Stadt.
Seine Sorge galt seiner Frau Eveline, die hochschwanger war und deren
Wehen eingesetzt hatten. Drei Hebammen, mit denen er zuvor Kontakt
gehabt hatte, waren inzwischen evakuiert und nicht mehr zu erreichen.
Weil sich deutsche Männer nicht auf der Straße blicken lassen durften,
gingen zwei Schwestern von Oskar Janßen ins Hauptquartier der Militärs
auf der Kervenheimer Straße und baten einen Feldarzt um Rat.
Die angebotene Hilfe hätte zu lange gedauert; deshalb machte sich
Eveline Janßen mit ihren Schwägerinnen auf den Weg zum Marienhospital.
Das aber war durch die Briten besetzt und im übrigen mit Kranken und
Verwundeten überfüllt. Mit der hochschwangeren Frau zogen Oskar Janßens
Schwestern weiter zur Marienstraße, weil sie hofften, im elterlichen
Haus ein Zimmer herrichten zu können. Doch das Haus lag in Trümmern.
Die Frauen gingen zum Krankenhaus zurück. Hier bot ein Kevelaerer, der
in einer Badekabine Unterschlupf gefunden hatte, sein Quartier an.
Notdürftig wurde die Badewanne zu einer Liege „umgebaut“, auf der
Eveline Janßen Ruhe fand. Hier kam am 7. März 1945, unter Beistand der
Hebamme Frau Petermann, Hannemie zur Welt, das erste Kind der Janßens.
Fünf Tage später taufte Kaplan Erich Bensch das Kind auf den Namen
Johanna Maria mit Wasser aus der Dondert. Es war die erste Taufe in
Kevelaer nach dem Krieg.
Oskar Janßen wurde später als Präsident der St.-Hubertusgilde Keylaer in
Kevelaer stadtbekannt. Unter seiner Regie begann sich die jährliche
Hubertuskirmes zu einem gesellschaftlichen und kulturellen Großereignis
zu entwickeln. 1970 wurde er Keylaers Schützenkönig und
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Stadtbundkönig,
1979 trug er für die Gilde die Festkette der Geselligen Vereine. Zwei
Jahre später wurde er, mit herzlichen Dankesworten, aus dem
Präsidentenamt verabschiedet.