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Judenverfolgung in Kevelaer und Umgebung
Kevelaer und die NS-Zeit, hier: Der Rassenwahn

Synagoge in GeldernDie starke Prägung
als Marienwallfahrtsort und die herausragende Stellung der Katholiken in Kevelaer liefern Gründe dafür, warum sich Menschen jüdischen Glaubens in dieser niederrheinischen Kleinstadt nicht angesiedelt hatten. Während in Geldern eine vergleichsweise starke Gemeinde existierte - 1930 waren in der Kreisstadt 72 jüdische Einwohner gemeldet - und die Synagoge auf eine jüdische Tradition in Geldern verwies, lebten in Kevelaer, soweit bekannt, während der "dunklen Jahre" keine Juden.

Die 1938 zerstörte Synagoge in Geldern.

Anders in Kevelaers Nachbargemeinde Weeze: Dort war die Kaufmannsfamilie Koopmann an der Wasserstraße 55 angesiedelt, die im hohen Ansehen stand. Leonhard Koopmann gehörte zu denen, die 1925 beim Bau des Weezer Ehrenmals der Kriegergedächtnisstätte die Gemeindeurkunde mitunterzeichnet hatten.

Ein anderer Zweig des Familienverbands, Heinrich und Paula Koopmann mit ihren Kindern Rosemarie und Marion, wohnhaft an der Kevelaerer Straße 32 in Weeze, versuchte, sich dem Zugriff der Nazis zu entziehen und flüchtete 1938 nach Belgien. Zwei Jahre nach der Besetzung des Königreichs durch deutsche Truppen (1940) fielen die Koopmanns ihren Häschern in die Hände. Sie wurden ins Sammellager Mechelen gebracht, von wo aus sie nach Polen deportiert wurden. Fünf Tage nach ihrer Festnahme - am 12. Oktober 1942 - wurde die vierköpfige Familie in Auschwitz umgebracht.

Auch Leonhard Koopmann überlebte die NS-Zeit nicht. Er wurde ins KZ Theresienstadt eingeliefert, wo er am 28. März 1943 an Unterernährung starb.

Der jüdische Mitbürger Simon Hertz, wohnhaft an der Alten Heerstraße 11 in Weeze, sollte am 16. Juni 1942 verhaftet werden. Der verzweifelte Mann nahm sich am Tag darauf in der Arrestzelle der Weezer Polizeistation das Leben.

Für diese sechs Holocaust-Opfer wurden 2009 sogenannte "Stolpersteine" zur Erinnerung ins Pflaster vor ihren früheren Häusern in Weeze eingelassen.

Die jüdische Familie von Max Devries, ebenfalls in Weeze ansässig, wurde 1942 ins KZ Theresienstadt eingeliefert. Sie überlebte den Nazi-Terror und wurde 1945 befreit. Einer aus ihrer Familie, Ludwig Devries, hatte sich rechtzeitig durch seine Flucht nach Westindien in Sicherheit bringen können. Die Familie von Max Devries kehrte nach dem Krieg nach Weeze zurück.

In Geldern, wo die Synagoge ebenso wie die in Kleve und Goch in der Pogromnacht vom 9. November 1938 niedergebrannt wurde, sahen sich die 72 jüdischen Einwohner von 1930 systematischer Verfolgung ausgesetzt. Sie wurden festgenommen und abtransportiert. Am 23. Januar 1942 meldete der Bürgermeister: "In der Stadt Geldern sind keine Juden mehr." Wer nicht rechtzeitig hatte emigrieren können, wurde von den Nazis ermordet.

Die Bürger des Marienwallfahrtsorts Kevelaer waren durch die Propaganda dem Antisemitismus genauso ausgesetzt wie alle anderen Deutschen. Aber weil hier keine Juden lebten, wurden sie nicht geprüft, wie sie sich den verfolgten Juden gegenüber verhalten hätten, wenn sie ihre Nachbarn gewesen wären.

Das von den Nazis gleichgeschaltete "Kevelaerer Volksblatt" brachte wie alle Zeitungen üble Hassartikel gegen Juden. Und hier gab es ebenso judenfeindliche Anordnungen wie beispielsweise das vom Rathaus erlassene Verbot für Juden, das Freibad an der Dondert zu besuchen. Der schlimmste aller Hetzfilme der Nazis, "Der ewige Jude", hatte am 22. Februar 1941 im Kreis Geldern Premiere - ausgerechnet in Kevelaer im dortigen Kino "Filmhof".

Die Lebenserfahrung lässt uns vermuten, dass es zwischen Kevelaerern und den Juden im Umland freundschaftliche oder geschäftliche Beziehungen gegeben haben muss. Dazu liegen uns allerdings keine Belege vor - ebenso wenig wie Belege dafür, dass Kevelaerer sich für die Juden in Weeze, Goch, Geldern oder in Holland eingesetzt hätten.

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