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Beichtkapelle und Bußsakrament

1848 erste Beichtkapelle in Kevelaer

BeichtkapelleDas Bußsakrament hat in Kevelaer wie in allen Marienwallfahrtsorten für die Gläubigen eine herausragende Bedeutung. Eine Beichtkapelle lädt seit dem 19. Jahrhundert zum Sakramentenempfang ein.

Die Beichtkapelle heute (r.) im Anschluss an die Marienbasilika. Foto: Martin Willing

Ihr Bau war nötig geworden, weil die zehn Beichtstühle in Nischen der Kerzenkapelle nicht ausreichten; außerdem musste in der Kerzenkapelle das Beichtehören immer wieder unterbrochen werden, wenn Gottesdienste gefeiert wurden. Deshalb beschloss Bischof Müller im Jahr 1848, in Kevelaer eine Beichtkapelle und eine neue Wallfahrtskirche - die spätere Basilika - bauen zu lassen.

Die erste BeichtkapelleUnter > Pfarrer Brinkmann (* 1813, † 1889) wurde 1857 mit der Errichtung dieser ersten Beichtkapelle begonnen - nach Abbruch eines östlichen Klosterflügels.

Die erste Beichtkapelle in Kevelaer, von der heute nur noch der rechte Teil vorhanden ist. Im Hintergrund das monumentale Wandgemälde von Friedrich Stummel (Apokalypse).

Hier entstand nach Grundsteinlegung im März 1857 unter schönem Gewölbe ein 42 Meter langer und 10 Meter breiter Kapellenraum - der heutige Klostergang in seiner ursprünglichen Ausdehnung. Hier wurden 18 Beichtstühle installiert.

Die Kapelle war mit 42 Metern Länge bei einer Höhe von nur sechs Metern ein eher ungewöhnlich proportioniertes Bauwerk. Schon bald kam der Wunsch nach einer „richtigen“ Beichtkapelle auf, die ab 1890 angrenzend in Form eines dreischiffigen Gotteshauses verwirklicht wurde.

KlostergangIm Lauf der Jahrzehnte nahm die erste Beichtkapelle, deren kostbare Wandmalereien im Zweiten Krieg zerstört worden waren, den Charakter eines langen Abstellraums an, was Pfarrer > Richard Schulte Staade in den 1980er-Jahren zu grundlegenden Veränderungen veranlasste.

Der rechte Teil der ersten Beichtkapelle - heute der Klostergang im Priesterhaus.

Die eine Hälfte der zweischiffigen Ursprungskapelle wurde zu mehreren Beichträumen umgestaltet, die andere Hälfte als Klostergang betont. Seine Länge wurde zu Gunsten der Basilika-Sakristei um etwa zehn Meter verkürzt. Die Anmutung erinnert seitdem an die klösterlichen Wurzeln des Hauses.

BeichtzimmerDas Bußsakrament ist eines der sieben Sakramente in der katholischen Kirche: Eucharistie, Krankensalbung und Bußsakrament (vom Priester gespendet), Firmung und Priesterweihe (vom Bischof), Ehe (von den Ehepartnern selbst) und Taufe (vom Priester oder, im Notfall, von jedem Laien gespendet).

Vor dem Beichtzimmer zeigen Kerze und Schild an,
dass ein Beichtvater anwesend ist.

Der Empfang eines Sakraments wird nicht nur im ursprünglichen Wortsinn als Weihehandlung verstanden, sondern als unmittelbar eintretende Verbindung zu Gott, der zum Heilsversprechen auch Mittel (Sakramente) auf dem Weg zur Erlösung gestiftet hat. Zwar gibt es keine Wertigkeit unter den sieben Sakramenten, aber es liegt auf der Hand, dass das Bußsakrament für die von den Christen erwartete Auferstehung eine andere Bedeutung hat als das Ehe-Sakrament, weil, das hoffen wir doch, auch unverheiratete Menschen in den Himmel kommen.

In allen Marienwallfahrtsorten steht die Beichte im Zentrum des Geschehens. Das hat nichts mit der alten theologischen Streitfrage zu tun, ob der Gottesmutter eine Miterlöserrolle zugeordnet werden kann. Die Beichte ist, sobald der Vorhang des Beichtstuhls oder die Tür des Beichtzimmers geschlossen ist, ein Vorgang, der sich ausschließlich als Zwiegespräch zwischen Gott und Beichtendem abspielt, wobei der Priester stellvertretend die Aufgabe hat, die Weihehandlung zu vollziehen.

Dass so viele Menschen gerade an Marienwallfahrtsorten den Weg zum Empfang des Bußsakraments finden, hat sehr wohl mit der Kraft zu tun, die auf Besucher einer solchen Gnadenstätte einwirkt. Schon vor der offiziellen Anerkennung durch das Bistum (1647) wurde der neue Gnadenort Kevelaer von bußfertigen Gläubigen überschwemmt. Bereits in den ersten Jahren reichten an manchen Tagen nicht einmal 20 Beichtväter aus, die pausenlos im verschwiegenen Raum zuhörten und die Absolution erteilten. In ihrer Not, so ist für das Jahr 1700 überliefert, wollten einige Beichtväter in Kevelaer den Vorgang „rationalisieren“, was der Bischof aber unterband.

Pilger, die Schlange standen, Pilger, die gerade beichteten, Pilger, die in der Prozession sangen, und Pilger, die die Messe feierten - sie störten sich ungewollt gegenseitig. Den unerfreulichen Zustand beendete, wie oben bereits angesprochen, Bischof Johann Georg Müller, der 1848 den Bau der schönen Beichtkapelle im Anschluss an Priesterhaus und Basilika auf den Weg brachte.

Heutige BeichtkapelleHier in der Beichtkapelle, vom Basilikahof aus zu erreichen, befinden sich neben klassischen Beichtstühlen auch Beichtzimmer, die zum Beispiel von Schwerhörigen oder von Menschen, die sich nach jahrelanger Abstinenz mit der formalen Abwicklung einer Beichte nicht mehr auskennen, gerne aufgesucht werden. Allein die Ohrenbeichte wird im Wallfahrtszentrum jährlich über 40.000 Mal abgenommen - eine von keiner „normalen“ Kirchengemeinde auch nur annähernd erreichte Zahl.

Blick in die heutige Beichtkapelle.

„Die höchste Gabe, die Gott zu schenken hat“, sagt Kardinal Joachim Meisner, „ist die Vergebung … Darum ist das Bußsakrament eine der höchsten Formen der Gottesverehrung“. Das steht im Kontrast zur öffentlichen Meinung, die zuweilen das Beichtgespräch mit der Sitzung beim Therapeuten vergleicht. Da wird auch dem Beichtgeheimnis die gleiche Qualität zugeordnet wie dem Berufsgeheimnis eines Arztes, Journalisten oder Anwaltes, die - wie Priester - vor Gericht ein weitgehendes Zeugnisverweigerungsrecht haben. Bischof Karl Lehmann gewichtet das anders: „Das Beichtgeheimnis geht in seiner Bedeutung noch darüber hinaus. Denn hier offenbart sich ein Mensch angesichts eines amtlich bestellten Zeugen vor Gott“.

"Die Wunder von Kevelaer“, sagte einmal der frühere Wallfahrtsrektor Richard Schulte Staade, der ansonsten keine ausgeprägte Wundergläubigkeit für die Kevelaerer reklamierte, „geschehen jeden Tag in den Beichtstühlen“, ohne dass sie „an die große Glocke“ gehängt werden könnten. Doch zuweilen dringen Anzeichen für außerordentliche „Wunder“ nach draußen:

Die Geschichte handelt von einem jungen Mann, der in der terroristischen Szene hoffnungslos verstrickt war, von Angst erfüllt, als „Verräter“ liquidiert zu werden, wenn er sich löste und reinen Tisch machte. Er rief eines Nachts, eine Eingebung aus Kindheitserinnerungen, im Priesterhaus Kevelaer an. Was sich dann entwickelte, führte wenige Wochen später zu einem Fund: Auf dem Altar der Gnadenkapelle lag eine Waffe, die, wie spätere Untersuchungen ergaben, eine böse Vergangenheit hatte.  

© Martin Willing 2012, 2013