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Kapitel 9

"Rätselraten nach den Gesprächen beim Papst"
, meldete domradio.de am Dienstag, 22. Oktober, in Ermangelung irgendwelcher Neuigkeiten aus Rom. "Und der Vatikan schweigt beharrlich", verkündete das Kölner Internetportal die wohl "härteste" Nachricht des Tages.

Manches spreche dafür, dass Franziskus in der Causa Limburg auch Benedikt XVI. zu Rate gezogen habe, denn immerhin hätte der seinerzeit den hochgelehrten und vielversprechenden Tebartz-van Elst für das Limburger Bischofsamt vorgeschlagen.

"Generalvikar als Schlüsselfigur?" fragte katholisch.de an diesem ersten Tag nach der ausgebliebenen Entscheidung im Vatikan.

"Dass Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst nicht alleine für die Kostenexplosion des Diözesanen Zentrums in Limburg verantwortlich ist, scheint mittlerweile klar zu sein. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht Generalvikar Franz Josef Kaspar als Schlüsselfigur." Der Generalvikar habe "direkt die Ausgaben des Bistums gesteuert" und auch die drei Mitglieder des Vermögensverwaltungsrates des Bischöflichen Stuhls persönlich ausgewählt. Ohne Kaspar, so zitierte katholische.de Schüller weiter, wäre "in den letzten fünf Jahren diese Affäre nicht möglich geworden". Kaspar müsse sich seiner Verantwortung stellen. Nach Ablauf der Amtszeit des inzwischen 75-jährigen Generalvikars Prof. Dr. Dr. Franz Josef Kaspar zum Ende 2013 tritt sein Nachfolger Wolfgang Rösch sein Amt an.)

Die Entscheidung des Papstes fiel am Mittwoch, 23. Oktober 2013. Die deutsche Fassung des Dokuments hat diesen Wortlaut (zitiert nach kirchensite.de):

Der Heilige Vater ist über die Lage in der Diözese Limburg zu jedem Zeitpunkt umfassend und objektiv informiert worden.

In der Diözese ist es zu einer Situation gekommen, in welcher der Bischof, S.E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst, seinen bischöflichen Dienst zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben kann.

Nach dem "brüderlichen Besuch" von S.Em. Giovanni Kardinal Lajolo im vergangenen September hat die Deutsche Bischofskonferenz, gemäß einer Vereinbarung zwischen dem Bischof und dem Limburger Domkapitel, eine Kommission eingesetzt, um eine eingehende Prüfung im Hinblick auf den Bau des Bischofssitzes vorzunehmen. In Erwartung der Ergebnisse besagter Prüfung und der damit verbundenen Vergewisserung über diesbezügliche Verantwortlichkeiten hält der Heilige Stuhl es für angeraten, S.E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst eine Zeit außerhalb der Diözese zu gewähren.

Auf Entscheidung des Heiligen Stuhls tritt die durch den Bischof von Limburg zum 1. Januar 2014 ausgesprochene Ernennung des Hw. Herrn Stadtdekan Wolfgang Rösch zum Generalvikar bereits mit dem heutigen Tag in Kraft. Der Hw. Herrn Generalvikar Rösch wird die Diözese Limburg während der Abwesenheit des Diözesanbischofs im Rahmen der mit diesem Amt verbundenen Befugnisse verwalten.

SPIEGEL online meldete nach der päpstlichen Entscheidung außerdem:

► "Morddrohungen gegen Verwandte des Bischofs

Der Zeitschrift 'Bunte' zufolge fühlen sich Familienangehörige des Bischofs inzwischen massiv bedroht. 'Wir bekommen täglich Morddrohungen. Per Telefon oder in Briefen', sagte Johannes Winkels, der Schwager von Tebartz-van Elst. 'Mein Schwager liegt doch schon am Boden. Aber man will ihn noch weiter vernichten. Und seine Familie dazu', sagte Winkels. 'Am liebsten würden wir alles hinwerfen und Deutschland verlassen.'

Die Schwester des Bischofs, Josi Winkels-Tebartz-van Elst, betreibt mit dem Ehemann am Niederrhein eine 'Bauernhof-Erlebnisoase'. [Gemeint ist Irrland] 'Wir werden im Ort beschimpft, mein Bruder sei ein Verbrecher. Jedes Wort wird uns im Mund herumgedreht. Es werden so viele Lügen verbreitet. Wir haben keine Chance, dagegen anzugehen.'

Auch die 87-jährige Mutter des Bischofs leide unter der Situation, aber die Familie stehe weiter zu ihm."

Die Entscheidung von Rom wurde von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßt. Nun sei wieder eine Chance für einen Neuanfang in Limburg gegeben.

Ob Tebartz-van Elst allerdings als Bischof von Limburg nach der Auszeit zurückkehren könne, wurde in den Medien (Stand: 23.10.) eher bezweifelt. So erklärte laut katholisch.de der Kirchenrechtler Thomas Schüller: "Er halte eine Rückkehr Tebartz-van Elsts ins Bistum für ausgeschlossen. Schüller wies darauf hin, dass auch im Bulletin des Vatikans von einer möglichen Rückkehr des angeschlagenen Kirchenmannes nichts erwähnt werde. 'Der Papst hat die Zügel in die Hand genommen. De Facto ist er jetzt Bischof von Limburg', so der Theologe, der selbst lange im Bistum Limburg tätig war."

SPIEGEL online brachte am Nachmittag des Entscheidungstags einen Bericht von Jörg Diehl über die Pressekonferenz, zu der das Domkapitel in Limburg zur Erläuterung der Entscheidung in Rom eingeladen hatte. Es werde "schnell offensichtlich, dass auch die Funktionäre des Bistums an einer Rückkehr ihres Bischofs eher uninteressiert zu sein scheinen. Zwar wissen die Herren um den Domdekan Günther Geis nach eigenen Angaben nicht mehr als das, was der Vatikan am Mittag offiziell mitgeteilt hat, doch ihre Haltung zu Tebartz-van Elst ist eindeutig: 'Das Vertrauensverhältnis ist nachhaltig zerstört', so Prälat Helmut Wanka. Geis wiederum sagt: 'Neues Vertrauen müsste wachsen, wie das gehen soll, weiß ich nicht.'"

Der bisherige Wiesbadener Stadtdekan Wolfgang Rösch, mit sofortiger Wirkung als Generalvikar eingesetzt, befinde sich derzeit auf einer Pilgerreise in Spanien, meldete SPIEGEL online. Wer dieser Mann sei, fragte das Medium und stellte zusammen, was es über den in Deutschland bisher relativ unbekannten Geistlichen zu berichten gibt.

Wolfgang RöschRösch, 54 Jahre alt, war drei Jahre Stadtdekan in Wiesbaden, bis ihn Bischof Tebartz-van Elst zum Generalvikar nach Limburg berief. Dieses Amt sollte der Geistliche zum 1. Januar 2014 antreten. Rösch gelte als "besonnener" und "bescheidener" Mensch.

Geboren 1959 in Wiesbaden, wuchs Wolfgang Rösch (Foto) nach Spiegel-Angaben mit drei Brüdern im idyllischen Rheingau auf. "Als Kind habe er sich in Gottesdiensten gelangweilt, gestand er zu seinem Amtsantritt in Wiesbaden der Frankfurter Rundschau." Er hatte zunächst Maschinenbau studiert. Erst später habe er sich der Theologie zugewandt. 1990 sei er zum Priester geweiht geworden.

Nun steht er vor seiner wohl schwersten Aufgabe.

Kapitel 9

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© Martin Willing 2012, 2013