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Kapitel 5

Kardinal Lajolo landete
am Montag, 10. September, in Frankfurt und traf am Abend in Limburg ein. katholisch.de berichtete, Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst habe nach einem Gottesdienst im Dom erklärt, er erwarte von dem Besuch "brüderliche Stärkung". - "Wir werden auf alles schauen, über alles sprechen." Es wurden Gespräche mit dem Bischof, dem Domkapitel, dem Diözesansynodalrat, dem Priesterrat und mit Vertretern der Ordensgemeinschaften im Bistum angekündigt.

Unterdessen nahm Hasso Mansfeld, ein renommierter Kommunikationsberater, laut katholisch.de (11.9.2013) den Limburger Bischof in Schutz. Tebartz-van Elst habe sich zwar in der Frage seines Erste-Klasse-Flugs nach Indien im "Spiegel"-Interview unglücklich verhalten und sich mit dem darauf folgenden "juristischen Gezänk weiter vergaloppiert", sagte er dem Wochenmagazin für die Kommunikations- und Medienbranche "Werben & Verkaufen". Andererseits aber werde der Bischof unfair behandelt; an ihm "kondensieren jetzt alle Ressentiments gegen die katholische Kirche". Die Berichterstattung sei aus dem Ruder gelaufen.

Das zeichnete sich schon früh ab. Sogar in der Heimat des Limburger Bischofs, Kevelaer-Twisteden, schaukelten sich die kritischen Stimmen hoch und höher. In der Facebook-Gruppe "Kevelaer und Umgebung / Damals und heute" rappelte es von kritischen Kommentaren, die sich bis zu der Aussage hochspielten, die Träger des Namens van Elst müssten sich jetzt schämen.

Ausschnitt aus den Kommentaren
zum Fall "Limburg".

Der Blattus-Martini-Chefredakteur, Autor dieses TvE-Beitrags, postete in die Gruppe (26.8.2013):

Es steht uns Kevelaerern vielleicht gut an, mit dem von allen Seiten bedrängten Bischof, der aus Twisteden stammt, Solidarität zu zeigen und ihn, was immer sich entwickeln mag, in unser Gebet einzusschließen. Niemandem wünsche ich, in ein solches Kesseltreiben und Granatfeuer aus allen medialen Rohren zu geraten.Und am 29.8.2013 schob Willing nach:Als Franziskus, unser Papst, der mit seiner Güte die halbe Welt verzaubert, Ende Juli über eine diskriminierte Randgruppe sagte, "Wer bin ich, dass ich über sie urteile?", hätten wir alle - ich schließe mich mit ein - besser zuhören sollen: Wer sind wir, dass wir so über Bischof Franz-Peter urteilen? - Ich möchte ihm, sollte ich ihm demnächst auf dem Kapellenplatz begegnen, ins Gesicht schauen können.

In der öffentlichen Aufbereitung des "Falls Limburg" blieben nicht nur die Kardinäle Lehmann und Meisner hinter dem zurück, was der in Bedrängnis geratene Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst von seinen Amtsbrüdern an brüderlicher Zuwendung vielleicht erwartet hatte.

Kardinal MarxEher "gnadenlos sachlich" als "gnädig brüderlich" äußerte sich am 11. September auf katholisch.de der Münchner Kardinal Reinhard Marx (Foto) zum "Fall Limburg". Sein Wort hat besonderes Gewicht, ist Marx doch der einzige Europäer, der von Papst Franziskus in eine achtköpfige Kommission aus Kardinälen zur Kurienreform berufen worden ist. 

Marx widersprach in einem Interview (Die Zeit, 12.9.2013) Einschätzungen, nur die Medien hätten Bischof Tebartz-van Elst in Bedrängnis gebracht. Zwar habe es immer wieder Medienberichte gegeben, "in denen ein gewisses Interesse aufschien, der Kirche zu schaden. Aber Medienkampagnen laufen ins Leere, wenn da nichts ist", sagte Marx. "Deshalb sind Aufklärung und Offenheit so wichtig."

Ob Tebartz-van Elst Bischof bleiben könne, wenn die Justiz auf Falschaussage erkenne? wurde Marx weiterhin von der Zeit gefragt: "Das müsste zunächst einmal passieren. Im Übrigen gelten auch für Bischhöfe wie für alle Gläubigen die Gebote von Transparenz und Wahrhaftigkeit."

Kardinal Meisner, Bischof Tebartz-van ElstZunächst hatte es so ausgesehen, als äußerten sich Amtsbrüder von Tebartz-van Elst eher kritisch und distanziert gegenüber dem bedrängten Diözesanbischof in Limburg, statt ihm helfend zur Seite zu springen.

Kardinal Meisner (hier 2008 nach der Inthronisation von Bischof Tebartz-van Elst im Limburger Dom) stärkte jetzt seinem Mitbruder den Rücken.
Foto: Pressestelle Bistum Limburg

Doch am Freitag, 13. September, ging der Kölner Metropolit Joachim Kardinal Meisner in die Offensive zu Gunsten von Bischof Franz-Peter und schonte dabei andere Bischöfe nicht. In einem Interview mit domradio.de erklärte Meisner:

"Was mich sehr, sehr betrübt, ist Folgendes: Wir Bischöfe werden ja bei der Bischofskonferenz angeredet mit 'Liebe Mitbrüder', d.h. wir sind untereinander Mitbrüder. Und ich bin entsetzt, dass hier nicht mehr bischöfliche Brüderlichkeit auch in der Öffentlichkeit sichtbar wird. Ich bin als Kölner Erzbischof der Metropolit auch von Limburg. Und ich lese alles an Predigten, Aufsätzen und pastoralen Modellen, die ich vom Bischof von Limburg in die Hände bekomme. Ich kann immer nur sagen: Höchstes Lob! Da ist eine theologische Tiefe und eine katholische Ausrichtung unseres Glaubens, das ist vorbildlich. Man muss dem Bischof helfen, wo man nur kann. Ich höre das auch von vielen jungen Priestern, die völlig hinter dem Bischof stehen. Darum ist es mit unbegreiflich, dass sich da so eine Wolke über ihn gelegt hat. Und wie die Medien sich geradezu gegen ihn verschworen haben! Da wird berichtet, dass eine Liste mit 4.500 Unterschriften von Frankfurter Katholiken, die die Abberufung des Bischofs fordern, vorgelegt worden ist. Einen Tag zuvor ist eine Liste mit 5.000 Unterschriften für den Bischof vorgelegt worden, aber davon redet keiner! Hier wird ein Kampf gekämpft, ich weiß gar nicht, wogegen. Aber man trifft den Bischof zu Unrecht. Ich habe manchmal den Eindruck, es geht einzig und alleine um seine theologische Haltung und seinen Stil der Verkündigung. Ich muss es noch einmal sagen: All die Dinge mit Flügen und dem Bau eines Hauses, das sind alles für mich nur Vorwände. Dahinter steht etwas anderes."

Mit Kardinal Marx, der Tebartz eine gewisse Mitschuld an der laufenden Medienkampagne zugeordnet hatte, ging Meisner in dem Interview nicht zimperlich um: "Da muss ich sagen: Da hat er keine Ahnung! Ich bin jetzt fast 25 Jahre hier, und ich habe auch Jahre durchgemacht, wo es mir ähnlich ging wie jetzt Tebartz-van Elst. Und wo wirklich nichts war! Ich kam nach Köln, wo mich noch gar keiner kannte, und über mir schwebte eine dunkle Wolke des Misstrauens und der Verleumdung mit Dingen, von denen ich gar nichts gewusst habe. Da sollten wir Bischöfe doch ein bisschen vorsichtiger sein, wenn wir solche Urteile fällen, die sehr glatt und einsichtig klingen, die aber doch der Realität entbehren."

Meisner berichtete ferner, dass er inzwischen ein Gespräch mit Kardinal Lajolo gehabt habe. "Aber ich wusste schon vorher, dass der Bischof Tebartz-van Elst hoch geschätzt wird vom Papst und ganz besonders auch vom Präfekten der Bischofskongregation. Der hat ja auch diesen Brief an ihn geschrieben." Und: "Der Präfekt hat mir gesagt, sie stünden ganz hinter dem Bischof. Hier sind nur äußere Dinge zu regeln, aber keine Verfehlungen, die seine moralische Integrität berühren. Darum ist der Kardinal Lajolo als ein brüderlicher Berater und Begleiter geschickt worden, um aus dieser Situation herauszuhelfen."

Er teile Kardinal Lehmanns Einschätzung, dass die Vorgänge ein "Alarmzeichen" seien, nur insoweit, als die Situation für die Kirche und ihr Ansehen gefährlich sei. Aber das sei nicht dem Bischof zuzuschreiben, "sondern all denen, die wahrscheinlich mit seiner Theologie und mit seinem pastoralen Stil nicht zufrieden sind. Wir wollen das Beste hoffen, dass der Kardinal Lajolo helfen kann, damit sich die Situation entspannt und ein gedeihliches Miteinander wieder möglich ist."

Am Montag, 16. September, endlich mal andere Nachrichten aus Limburg! Für Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der am Sonntag alle Menschen um "Verzeihung und Nachsicht" gebeten hatte, die er "enttäuscht und verletzt" habe, wird es wohl einen Neuanfang geben. So sah es aus. Tebartz will auf seine Kritiker zugehen und mit ihnen offen zusammenarbeiten. Ausserdem prüft eine Sonderkommission der Deutschen Bischofskonferenz die umst
rittenen Baukosten und bringt Klarheit darüber, wer was zu verantworten hat. -

"Versöhnung braucht beide Seiten. Friede kann nur werden, wenn alle ihren eigenen Willen zurückstellen und Gottes Willen erfüllen." Dieses Leitwort von Kardinal Lajolo (Bild), dem von Papst Franziskus nach Limburg geschickten Gesandten, stellte offenkundig die Weichen zum ersten versöhnlichen Ergebnis in Limburg.
*

Noch nicht abzusehen war, was das das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren (Hamburg) gegen Tebartz ergeben würde. Es geht bei den Ermittlungen darum, ob Tebartz-van Elst im Streit über einen First-Class-Flug nach Indien eine falsche eidesstattliche Erklärung abgeben hat oder nicht. Im Falle einer Anklage wäre der Bischof im Amt nicht mehr zu halten, behauptete sein Hauptkritiker, der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz.

Am 19. September 2013 wurde dann das "Machtwort aus Rom" bekannt. Der Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, sicherte Bischof Franz-Peter Rückhalt zu. Die "Kampagne" gegen den Limburger Bischof sei "ein sich selbst tragendes Lügengebäude", sagte Müller in einem Interview mit der in Würzburg erscheinenden Die Tagespost. Sie habe das Ziel, Bischöfe, die nicht ins eigene Kirchenbild passten, einzuschüchtern oder zu eliminieren. Da gegen von Tebartz-van Elsts Lehre und Leben nichts vorliege, vertraue Rom ihm "voll und ganz".

Müller fügte hinzu: "Der Bischof von Limburg bleibt."

Am Tag darauf waren Ermahnungen aus Rom zu hören, diesmal direkt von Papst Franziskus und zweifellos vor dem Hintergrund der Tebartz-Diskussion in Deutschland: Er rief katholische Bischöfe zu Demut und einem bescheidenen Leben auf. Sie müssten sich jeden Tag fragen, ob ihr Lebensstil mit dem übereinstimme, was sie predigten, sagte der Papst im Vatikan vor neuen Bischöfen (lt. kirchensite.de). "Es ist vor allem das konkrete Zeugnis, mit dem wir Lehrmeister und Erzieher unseres Volkes sind."

Die Glaubensverkündigung der Bischöfe sei nur überzeugend, wenn sie ihr Leben der Lehre anglichen. Zugleich forderte der Papst laut kirchensite.de die Bischöfe auf, einen "ehrlichen und konstruktiven Dialog" mit den Beratungsgremien in ihren Diözesen zu führen. Ein Bischof müsse in der Mitte seiner Gläubigen leben und ein offenes Ohr dafür haben, was "der Geist den Kirchen sagt".

ZollitschEinen Tag nach der Bundestagswahl (22.9.2013) kamen die 67 katholischen Orts- und Weihbischöfe zur Herbstvollversammlung in Fulda unter Leitung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Foto), zusammen.
Zwangsläufig mussten sie sich auch mit der mit der Lage im Bistum Limburg befassen und nach dem Besuch des päpstlichen Sondergesandten, Kardinal Giovanni Lajolo, Bilanz ziehen. Nach den stützenden Worten von Kardinal Meisner und der Erzbischöfe Müller (Rom) und Thissen (Hamburg) schien eine gewisse Beruhigung angezeigt. Bischof Werner Thissen sprach sogar seine Zuversicht aus, dass Limburg selbst den Konflikt lösen könne.

Indes, die deutschlandweite Kritik an Tebartz-van Elst in den Medien machte während der Vollversammlung keine Pause. Den einzigen Schutz fand der Limburger Bischof nun in der "kollegialen Solidarität" seiner Amtsbrüder. "Ich unterstütze ihn nach Kräften", sagte Zollitsch. Er sei sicher, dass Bischof und Bistum einen "vorwärts weisenden Weg" fänden.

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© Martin Willing 2012, 2013