Am Montag, 18. November 2013, bahnte sich eine Wende in der Causa
Limburg an. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg teilte in einer
Pressemitteilung mit:
► Strafverfahren gegen den Bischof von
Limburg vorläufig eingestellt
Im Wortlaut:
► Das Strafverfahren gegen den Bischof
von Limburg wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 13.
November 2013 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gegen Zahlung einer
Geldauflage in Höhe von 20.000,- Euro an die Staatskasse vorläufig
eingestellt. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
Am 25. September 2013 hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg beim
Amtsgericht Hamburg den Erlass eines Strafbefehls gegen den Limburger
Bischof Dr. Franz- Peter Tebartz-van Elst beantragt. Dem Beschuldigten
wurde vorgeworfen, am 11. September 2012 in zwei Fällen falsche
Versicherungen an Eides Statt vor dem Landgericht Hamburg abgegeben zu
haben. In zwei von dem Beschuldigten vor dem Landgericht Hamburg
betriebenen Zivilverfahren gegen die Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH
& Co. KG und einen für den Verlag tätigen Journalisten sowie gegen die
Spiegel Online GmbH ließ Dr. Tebartz-van Elst zur Glaubhaftmachung
seiner Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jeweils eine von
ihm unterzeichnete Eidesstattliche Erklärung einreichen. In dieser gab
er unter Bezugnahme auf ein Gespräch mit dem für den Spiegel-Verlag
tätigen Journalisten über eine Indien-Reise u.a. an, es habe keine
erneute Rückfrage des Journalisten mit dem Vorhalt "Aber Sie sind doch
erster Klasse geflogen?" gegeben und er selbst habe auch nicht auf einen
solchen Vorhalt die Antwort gegeben "Business-Klasse sind wir geflogen."
Diese Erklärung war nach dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungen falsch.
Gem. § 153a stopp kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft
und des Beschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und dem
Beschuldigten bestimmte Auflagen erteilen, wenn die Auflagen geeignet
sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und
die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Wenn der Beschuldigte die
Auflage erfüllt, wird die Tat nicht mehr verfolgt.
Soweit die Pressemeldung des Hanseatischen
Oberlandesgerichts vom 18. November 2013.
Mit dieser Entscheidung war die Frage, welche
Konsequenzen für Tebartz-van Elst eine Verurteilung wegen Abgabe
falscher Versicherungen haben könnte, vom Tisch.
"Wir sind zu der Einschätzung gekommen, dass die Folgen, die das
Verfahren - unter anderem durch die zahlreichen Medienberichte - schon
jetzt auf den Beschuldigten hat, keine Verurteilung mehr erfordert, um
seine Schuld ausreichend zum Ausdruck zu bringen", ließ die
Staatsanwaltschaft verlauten. Insofern sei dem juristischen Interesse
mit einer Geldauflage in Höhe von 20.000 Euro Genüge getan.
Die
Einstellung wurde rechtskräftig, nachdem der Bischof diese Summe gezahlt
hatte.
Tebartz-van Elst hatte frühzeitig signalisiert, dies tun zu wollen, so eine
Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Der Bischof sei damit nicht vorbestraft, weil die
Strafzahlung unter der Summe von 90 Tagessätzen liege.
Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte die Einstellung des
Ermittlungsverfahrens. "Das ist ein
guter Schritt zur Klärung der Lage", erklärte ein Sprecher in Bonn.
Die Süddeutsche Zeitung
äußerte am Dienstag, 19. November 2013, in ihrem Kommentar
"Ablass für den Bischof" die Vermutung, dass nach dem nicht erfolgten
Strafbefehl wegen Falschaussage es zunehmend schwieriger werde, dem
Bischof Verfehlungen vorzuhalten. Die Prüfungen seien schwierig: "Wer
wann gelogen, getrickst, seine Aufsichtspflicht vernachlässigt hat - wie
sehr die Sondernwünsche des Bischofs zu den Kosten betrugen."
Es sei unsicher, ob die Prüfkommission ihre Arbeit bis Ende Januar
abschließen könne. "Der klare Beweis dafür, dass Franz-Peter Tebartz-van
Elst nicht mehr Bischof von Limburg sein kann, könnte also schwer zu
führen sein. Auch deshalb setzen die Gremien dort so sehr auf den Satz:
Das Vertrauen ist hinüber. Was Tebartz-van Elst wenig anficht: Immer
wieder hat er erklärt, zurück nach Limburg zu wollen."
Auch die Einstellung des Strafverfahrens - ein
juristisch überaus wichtiger Schritt für den Bischof auf dessen Weg
zurück in die "Normalität" - wird in Kommentaren "gnadenlos" seziert. In
einem Interview mit
domradio.de (19. November) äußerte sich der
katholische Publizist Andreas Püttmann. Die gerichtliche Feststellung,
dass der Bischof gelogen habe, bedeute (Zitat
domradio.de):
► "Das trifft die katholische Kirche
ins Mark. Und es macht den Bischof im Grunde amtsunfähig. Denn die
Wahrheit und die Wahrhaftigkeit und auch die Bewältigung von Schuld
gehören zu den Kernkompetenzen der Kirche. Ich würde sagen, neben der
Liebe ist die Wahrheit der Markenkern einer Kirche. Und wenn hier ein
Bischof, ein herausragender Vertreter dieser Institution, keine reine
Weste hat, sondern einer Falschaussage überführt wird und auch noch ein
Jahr verstockt darin verharrt, statt also schleunigst das zu widerrufen
und zerknirscht an die Öffentlichkeit zu gehen und um Verzeihung zu
bitten, dann ist das für die Kirche der größte anzunehmende Unfall, das
ist ein GAU. Und da muss ich wirklich sagen, hätte ich von Bischof
Tebartz-van Elst doch mehr Kompetenz und, ich glaube auch die säkulare
Öffentlichkeit und viele Gläubige, erwartet, damit umzugehen.
Im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZDK)
herrscht noch keine Klarheit, wie es auf die Vorgänge im Bistum Limburg
reagieren soll, meldet
katholisch.de am 21. November. Die
dortige Diözesanversammlung habe sich als Vertretung der Limburger Laien
am Wochenende deutlich gegen eine Rückkehr von Bischof Franz-Peter
Tebartz-van Elst ausgesprochen. Damit sei neues Selbstbewusstsein
demonstriert worden. Präsident Alois Glück sehe in den Limburger
Ereignissen auch ein Exempel für die Bedeutung von Kontroll- und
Mitsprachegremien in der Kirche:
► "Die Räte in Gemeinden und Diözesen
sind ja viel beschimpft und kritisiert worden. Jetzt zeigt sich, dass
qualifizierte Gremien auch eine Schutzfunktion für Bischöfe, Priester
und Entscheider in der Kirche haben können"
(Glück).
Der wiedergewählte ZdK-Präsident Alois Glück erklärte am 24.
November zur "Limburg-Krise" auf dem Portal
kirchensite.de:
► Die Causa Limburg sei die "größte Belastung", "größte Erschütterung" und ein „tiefer
Einschnitt“ für die Kirche in Deutschland seit dem Aufdecken der Fülle
sexuellen Missbrauchs. Wo mühsam wieder habe Vertrauen aufgebaut werden
können, "sehen sich viele engagierte Christen erneut in Misskredit
gebracht", sagte Glück bei der ZdK-Herbstvollversammlung am Freitag
(22.11.2013) in Bonn, meldete
kirchensite.de.
In seinem "Bericht zur Lage" fordert Glück "völlige Transparenz" bei der
Arbeit der Prüfungskommission, die die Deutsche Bischofskonferenz zur
Klärung der finanziellen Hintergründe im Limburger Geschehen eingesetzt
hat. Der Bericht der Kommission müsse anschließend auch veröffentlicht
werden. "Nur so kann man den längst kursierenden Verschwörungstheorien,
hier solle ein theologisch unbequemer Bischof beiseite geschafft werden,
überzeugend begegnen", sagt Glück.
Die Debatte um die Vorgänge in Limburg habe sich nach seiner Auffassung
"längst zu einer Generaldebatte über Kirche und Geld, um Transparenz in
den kirchlichen Finanzen, um die Finanzleistungen des Staates an die
Kirchen und in der Eigendynamik zu einer ausgeweiteten Debatte um das
Staat-Kirche-Verhältnis entwickelt".