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Kevelaer

Wie die Kerzenkapelle entstand

Logo für FortsetzungLogo für ein Kapitel zurückAus den Anfangzeiten der Kevelaer-Wallfahrt

VON MARTIN WILLING

Foto zeigt die KerzenkapelleBis auf den kleinen Bildstock mit dem Gnadenbild gab es hier nichts als Wiese und Heide. 1643, ein Jahr nach Entstehung der Wallfahrt, drängte die Zeit, das Chaos unter freiem Himmel zu ordnen und den immer zahlreicher eintreffenden Pilgern ein Gotteshaus anzubieten. Der Generalvikar des Bistums Roermond und einige mithelfende Geistliche aus der hiesigen Region nahmen sich eine Kapelle in Sand bei Roermond zum Vorbild.

Die Kerzenkapelle heute: Kevelaers erste Wallfahrtskirche.
Foto: Delia Evers


Die Finanzierung der Baukosten war von Anfang an gesichert: Spenden und Geschenke von Pilgern gab es reichlich. Am 22. Oktober 1643 begannen die Arbeiten. Am 20. November 1645 wurde der Schlussstein gesetzt.

Damit war Kevelaers erste Wallfahrtskirche, die heutige Kerzenkapelle, „gebrauchsfertig“. Aber wurde sie in den ersten Jahren für Gottesdienste auch genutzt?

Die Frage drängt sich auf, denn fast vier Jahre blieb die Kerzenkapelle ungeweiht. Allerdings ist kaum anzunehmen, dass das erste und bislang einzige Gebäude einer Wallfahrtsinfrastruktur jahrelang „einfach nur herumstand“. Priester verfügen über liturgische Gegenstände in „mobiler“ Fassung, so dass sie auch außerhalb von konsekrierten Gotteshäusern die Eucharistie gültig feiern können. Deshalb dürfen wir annehmen, dass in der Kerzenkapelle von Anfang an Gottesdienste abgehalten wurden.

Als die ersten Oratorianer nach Kevelaer kamen, war der Bau der Wallfahrtskirche längst auf den Weg gebracht. Die Oratorianer-Patres, die nun die Leitung übernahmen, stellten einen schwer wiegenden „Konstruktionsfehler“ fest: Das Gotteshaus, auch das Busmann’sche Heiligenhäuschen, befanden sich auf Privatbesitz, und der Eigentümer war nicht gefragt worden.

Freiherr Bertram von Loë von Schloss Wissen, dem das besagte Land in Kevelaer gehörte, war über die Eigenmächtigkeit alles andere als erfreut. Fast vier Jahre zog sich die Klärung hin. Der Druck auf den Freiherrn erhöhte sich, als am 2. Mai 1649 die Kirche feierlich eingeweiht wurde. 14 Tage danach schrieb ein Oratorianer-Pater einen Brief an den Schlossherrn: Erst nach Bau sei klar gewesen, dass das Grundstück dem Freiherrn gehöre. Er bitte um nachträgliche Zustimmung.

Bertram von Loë machte nun Vorschläge und unterzeichnete dreieinhalb Monate nach der Kirchweihe einen Vertrag (30. August 1649). Generös verzichtete der Freiherr auf seine Besitzrechte an dem sechs Morgen großen Areal, in dessen Mittelpunkt der heutige Kapellenplatz liegt, „aus frommer Zuneigung und Verehrung für die Gottesmutter freudigen Herzens freiwillig“.

Die Besitzübertragung wurde - und das gilt bis heute - an Bedingungen geknüpft: Jährlich am Tage nach Allerseelen muss für die Verstorbenen der Familie von Loë ein feierliches Hochamt gelesen werden. Der Schlossherr und seine Nachfolger haben das Recht, in der Wallfahrtskirche bestattet zu werden. Und: Das Haus Wissen tritt automatisch wieder ins Eigentum des Kapellenplatzes ein, wenn über das Heiligtum - das Gnadenbild und die Sakralbauten - eine andere Kirche als die römisch-katholische verfügt.

In einer Gruft unter dem Altar der Kerzenkapelle befindet sich ein Totengewölbe, das mit einem tonnenschweren Stein verschlossen ist. Hier wurden die meisten der in Kevelaer verstorbenen Oratorianer beigesetzt, darunter auch Johannes Stalenus, der als Pastor von Rees die erste organisierte Pfarrwallfahrt nach Kevelaer geführt hat. Das Herz von Bertram von Loë, der den Kapellenplatz der Kirche abgetreten hatte, wurde ebenfalls in der Gruft bestattet. Zusätzlich fanden hier auch Laien ihre letzte Ruhe, so während der Franzosenzeit ein an der Niersbrücke bei Schravelen gefallener französischer Offizier.

Ob die Gruft nach der letzten Bestattung noch einmal geöffnet worden ist, darüber liegen keine Erkenntnisse vor. Pastor Heinrich Maria Janssen versuchte in den 50er-Jahren, die Gruft öffnen zu lassen. Über das Ergebnis ist nichts bekannt geworden. Diese Totenstätte gilt bis heute als nicht erforscht.

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© Martin Willing 2012, 2013