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Hotelier in Kevelaer | * 1853 | † 1944
Immer, wenn Fotos oder Postkarten von „Alt Kevelaer“ auftauchen, ist er
mit hoher Wahrscheinlichkeit abgebildet: Anton Voss, Besitzer vom
„Weißen Kreuz“.
Der Hotelier lud 1925 Interessierte zu einer Versammlung ein, auf der
der Reiterverein St. Georg Kevelaer gegründet wurde und dessen erster
Vorsitzender Peter Verhaag wurde.
1929 trug Anton Voss als Ehrenmitglied des Reitervereins die Festkette
zur Kevelaerer Kirmes (Adjutant: Heinrich Gleumes). 1936 war er Adjutant
des Festkettenträgers Peter Verhaag (Reiterverein St. Georg) und 1939
des Festkettenträgers Johann Boll
(St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft). Zwei seiner sieben Kinder,
Cäcilia Brüx, die Zweitälteste, und
Maria Polders, die Jüngste, erzählten uns von ihrem Vater.
„Er war schon ein toller Mann, ein Vorbild“, sagt Maria Polders, und
ihre Schwester ergänzt: „Ein ruhender Pol“. Sein hervorstechendstes
Erkennungszeichen: Ein weißer Rauschebart. Der gelernte Bierbrauer
engagierte sich in vielen Vereinen, war ein geselliger Mensch durch und
durch. Das Amt eines Platzkommandanten bei der Kirmes war für ihn wie
maßgeschneidert: Eine stattliche Gestalt, hoch zu Roß, aber nicht
hochmütig. Noch mit 80 Jahren stieg er auf`’s Pferd (dazu benötigte er
die Hilfe eines Stuhls): Seine Frau hatte ihn darum gebeten: „Tu´ es
doch den Kindern zuliebe, damit sie später sagen können, sie haben Dich
so gesehen“ - daran erinnern sich die beiden Schwestern.
Der Marienwallfahrt fühlte sich Anton Voss tief verbunden. Abends, wenn
alle Pilger weg waren, drehte er als Letzter noch eine Runde um die
Gnadenkapelle, die Hände mit dem Rosenkranz hinter dem Rücken
verschränkt - so war er bekannt. „Er brauchte nur mit dem Bart zu
wackeln, dann hatten wir Respekt“, erinnert sich Maria Polders, und sie
sagt: „Er war ein gütiger Mann“.
Widerstand leistete er in der Nazizeit. Als er draußen am Haus die
Fronleichnamsfahnen durch Hakenkreuzwimpel ersetzen sollte, sagte er
schlicht: „Wenn einer die runterholt - nur über meine Leiche“.
Im April 1944 starb er im Alter von 92 Jahren. Seine Frau Maria war ihm
zu diesem Zeitpunkt schon vorangegangen.
Im Krieg hatte das „Weiße Kreuz“ als Krankenhaus gedient, später nahm es
obdachlose Menschen auf. Cäcilia Brüx kümmerte sich um das Haus und
führte es durch die schwierige Nachkriegszeit, bis ein Bruder der
beiden, Josef Voss, es übernahm.
Seit 1750 steht das „Weiße Kreuz“ am Kapellenplatz. „Diese Jahreszahl
ist sicher“, sagt Hubert Voss, dem das Haus heute gehört, „davor weiß
man nicht genau... Man vermutet, daß es die älteste Pilgerherberge in
Kevelaer ist“.
Wie das Hotel zu seinem Namen gekommen ist, ist ihm nicht bekannt. Das
Kreuz an der Hauswand ist ein Erkennungszeichen: Hubert Voss erzählt,
daß die Leute, die früher oft nicht lesen konnten, auf diese Art ihre
Herberge fanden. Zunächst hatte das Haus der verwandten Familie Schellen
gehört, bis Anton Voss, der Großvater von Hubert, es von seinem Onkel
übernahm. Auf Anton folgte Josef, der früh verstarb. Seine Frau Maria
übernahm die Aufgabe, die Pilgerherberge zu führen, mit viel Energie;
zudem galt es, ihre fünf kleinen Kinder zu versorgen, darunter Hubert,
den heutigen Eigentümer.
Adele Selders, eine Tante, half und kümmerte sich bis kurz vor ihrem Tod
um das Gästefrühstück. Hubert Voss beschreibt sie als „guten Hausgeist“.
Maria Voss war das einzige weibliche Ehrenmitglied der Antoniusgilde,
die seit mehr als 100 Jahren im „Weißen Kreuz“ ihr Vereinslokal hat.
Welten liegen zwischen der früheren Art, ein Hotel zu führen, und der
heutigen. Hubert Voss erzählt: „Damals gab es zwei Gerichte. Wer
Schweinebraten essen wollte, setzte sich links an einen langen Tisch,
die rechte Seite erhielt Rinderbraten“. Serviert wurde nur zu begrenzten
Zeiten. Die Gäste zapften sich ihr Bier manchmal selbst, saßen abends
alle an einem großen Tisch zusammen, erzählten und spielten Karten.
Alte Fotos, Holzvertäfelung und eine mächtige Balkendecke machen auch
heute noch die besondere Atmosphäre des Hauses aus und erinnern an seine
lange Geschichte. Hubert Voss, gelernter Hotelfachmann und Koch, hat das
Haus 1978 offiziell übernommen und führt es heute mit seiner Frau
Ursula. Auch die drei Kinder packen mit an. Vielleicht führt Huberts
Flexibilität das Haus in die vierte Generation derer von Voss.