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Er
hat die Geschichte der Kevelaerer Blasmusik geprägt. Ehrenbürger
Karl Dingermann
nannte ihn daher den „Nestor
der Blasmusik“: Karl Toubartz, den die schöne Muse sein Leben lang
begleitet hat und der gleichwohl von schlimmsten Schicksalsschlägen
getroffen worden ist.
Im September 1894 wird er in Nieukerk geboren. Im Kindesalter ziehen
seine Eltern mit ihm nach Kevelaer. Hier wächst Karl Toubartz auf und
heiratet 1921 Hedwig Voss aus Weeze. Aus dieser Ehe gehen sieben Kinder
hervor.
Schon in jungen Jahren verliebt sich Karl Toubartz in die Musik. Sogar
im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) kann er tun, was er am liebsten macht:
Als Leiter - jetzt einer Militärkapelle - schwingt er den Taktstock. Professor
Froitzheim, ein gebürtiger Kevelaerer, bietet ihm ein Musikstudium an,
aber Karl Toubartz muss absagen.
Nur ein paar Jahre nach seiner Lehre in der Metallwarenfabrik Fritz
Iding hat er sich selbstständig gemacht und die Firma Karl Toubartz &
Co. gegründet.
Er ist nicht nur ein begabter Klavierspieler, sondern beherrscht auch
das Spiel der Trompete. So fühlt er sich früh zum
Musikverein Kevelaer
hingezogen, dem er fast 40 Jahre lang angehört. Ungezählte Hochämter in
der Basilika verschönert er mit seinem Trompetenspiel. Stets ist er
dabei, wenn der Musikverein die auswärtigen Prozessionen, die keine
Musikkapelle mitbringen, begleitet.
Ein ausgezeichnetes Verhältnis pflegt er vor und nach dem Krieg zu den
Kevelaerer Chordirektoren Thielen und Kempkes, die er vertritt, wenn
sie bei Platzkonzerten, Schützenfesten, Goldhochzeiten
und anderen Festen verhindert sind.
Er ist obendrein ein ausgesprochen geselliger Mensch. Wo er in Familien
oder in Gaststätten auftaucht, wird er ans Klavier gebeten. Dann spielt
er aus dem Kopf die herrlichsten Melodien. Deshalb ist er nicht nur im
Musikverein, sondern auch in vielen anderen Kevelaerer Vereinen ein gern
gesehenes Mitglied. Dem Kevelaerer Männergesangverein wird er schon früh
beigetreten sein, denn einem Vermerk aus 1943 ist zu entnehmen, dass
„den Jubilaren Karl Toubartz und Matthias Boers sowie dem 90jährigen
Ehrenmitglied Anton Voß Ständchen“ gebracht worden seien.
Zu seiner Musikliebe passt seine soziale Einstellung. Karl Toubartz
beschäftigt in seiner Firma über Jahrzehnte Mitglieder des Musikvereins.
Das wird besonders in der Zeit der Massenarbeitslosigkeit von den Leuten
dankbar angenommen. Toubartz schmälert ihren Lohn nicht, wenn sie
während der regulären Arbeitszeit in der Marienstadt auswärtige
Prozessionen mit Musik versorgen.
Sein Lebenswerk, die Metallwarenfabrik, die auf dem Vorplatz des
heutigen „Kauf-Centers“ an der Gelderner Straße angesiedelt ist und vor
dem Krieg bis zu 60 Mitarbeiter beschäftigt, wird Anfang 1945 durch
Bomben zerstört. Auch sein Wohnhaus an der Rheinstraße 35 liegt in
Trümmern.
Die Schicksalsschläge reißen nicht ab. Am 5. Mai 1945 - seit zwei Tagen
ist der Krieg in Kevelaer mit Einmarsch der Alliierten vorbei - fällt
bei den letzten Kämpfen um Berlin sein ältester Sohn Karl, der einmal
den elterlichen Betrieb übernehmen sollte. Auch seinen Sohn Ernst sieht
Karl Toubartz nie wieder. Ernst wird kurz vor Kriegsende als
Luftwaffenhelfer eingezogen und gilt seit Kriegsende als vermisst.
Der tief getroffene Vater verliert im Jahr 1946 ein drittes Kind, seine jüngste
Tochter, die an einer Hirnhautentzündung stirbt. So beginnt für Karl Toubartz die
Nachkriegszeit.
Sein Unternehmen nimmt die Arbeit zunächst in gemieteten Räumen auf, ehe
ein Neubau an der Ladestraße bezogen werden kann. Hergestellt werden
Metallwaren religiöser und profaner Art.
Als Karl Toubartz im Juli 1960 nach kurzer Krankheit stirbt, sind seine
vielen Freunde in Kevelaer tief betroffen. An seine Witwe schreibt der
langjährige Vorsitzende des Musikvereins, Karl Dingermann:
[Wir alle], die Ihren Gatten gekannt und erlebt haben, wissen,
was er für den Musikverein gewesen ist. Er ist es gewesen, der vor
vielen Jahren die Blasmusik zu einer Blüte getrieben hat, wie sie
seitdem wohl als einmalig bezeichnet werden kann. Noch heute kann man es
in den Augen unserer älteren Mitglieder aufleuchten sehen, wenn von
Zeiten eines „Toubartz Karl“ die Rede ist. (...)
Stets werde ich daher bemüht sein, dass sein Andenken im Musikverein in
Ehren gehalten wird. Als „Nestor“ der Blasmusik wird er in unsere
Vereinsgeschichte eingehen und damit unvergessen bleiben.
Der Beitrag stützt sich auf eine Arbeit von Herbert Berger
aus Kevelaer, dem wir herzlich danken.