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Schlosser in Kevelaer | * 1921 | † 2008
Eigentlich hatte der junge Albert in den 40er-Jahren Autoschlosser
werden wollen. Doch die Sache hatte einen Pferdefuß (es gab kaum Autos),
so kümmerte sich der Lehrling fortan lieber gleich um richtige
Pferdefüße und wurde Hufschmied. Wenn er von damals erzählte, wurden
Blasebalg und Feuer lebendig, hingen an der Schmiedeesse Hammer und
Zangen, dann sah der Zuhörer die Funken fliegen und den Schweiß rinnen.
Albert Siemons erinnerte sich gut an die Plackerei und an die Sorgfalt,
mit der das Material gehütet wurde.
Da wanderte kein noch so kleiner Eisensplitter, der mit Hammer und
Meißel abgeschlagen worden war, in den Müll. Alles wurde auf einem
Haufen zusammengetragen. Und wenn ein Jahr vorüber war, konnte sich
Albert Siemons vom Erlös des Schrottberges einen Anzug leisten. Als er
noch Kind war, holte er die Pferde zum Beschlagen bei Fuhrleuten,
Bäckern und Metzgern ab. Bis ins hohe Alter konnte er sich an einzelne
Tiere erinnern, besonders an die starke Frieda. Viele Bauern auch von
weiter entfernt liegenden Höfen brachten ihre Pferde selbst. Das
versprach dreifachen Nutzen: Während die Tiere beim Hufschmied versorgt
wurden, gingen die Bauern beichten, schließlich war man in Kevelaer, und
zogen dann in die Kneipen.
Margarete und Albert Siemons
(1998).
Als Albert Siemons sich auf seine Meisterprüfung vorbereitete, fuhr er
morgens um 4 Uhr mit dem Zug nach Köln und kam abends um 22 Uhr zurück.
Manchmal hätte er „die Klamotten“ am liebsten hingeschmissen, aber seine
Verlobte Margarete Esser aus Krefeld, eine Schuhverkäuferin, meinte:
„Nichts da! Die Prüfung wird gemacht“. Wenig später wurde Albert Meister
und Margarete seine Frau.
1954 zogen die beiden nach Kevelaer in ein Haus an der Maasstraße, das
1868 Urgroßvater Siemons gebaut hatte. Hier war nicht nur eine Schmiede,
sondern auch ein Geschäft für Haushaltsgeräte untergebracht. Das heutige
Wohnzimmer war damals ein Arbeitsraum. Margarete sorgte dafür, daß im
Büro des Betriebes alles lief. In den 1950er-Jahren trat Albert Siemons
auch der Feuerwehr bei.
Was für den Laien so simpel aussieht - Hufeisen nehmen, auflegen und
festschlagen -, war ein Lehrberuf mit umfangreichem Wissen über die
Anatomie von Pferdehufen (Obermeister Willi Vaegs: „Hufschmiede waren
immer auch ein bißchen Tiermediziner“), und manches Hufeisen war ein
orthopädisches Kunstwerk.
Albert Siemons war Schmied in dritter Generation. Sein Großvater hatte
den Betrieb 1868 gegründet - auch dessen drei Söhne standen an der Esse,
zwei im Betrieb an der Maasstraße und als dritter der Vater von Albert
Siemons, Anton, in Krefeld. Als die Brüder starben, kam Anton nach
Kevelaer zurück und übernahm den Betrieb, übergab ihn später an Albert.
Der erkannte früh, daß allein mit der Hufschmiedekunst der Betrieb nicht
über die Zeit zu retten war. Er bildete sich fort, fertigte Treppen,
Gitter und Geländer an, betrieb parallel einen Gas- und
Sauerstoffhandel. Das bot sich an, denn der Huf- und Wagenschmied Albert
Siemons hatte sich zum Schweißfachmann weitergebildet, und zum Schweißen
wurde Gas gebraucht. Im Laufe der Jahre kam das Kunstschmieden dazu. So
wurden in der Werkstatt von Siemons, die inzwischen an der
Industriestraße liegt, Beschläge für Portale am Kapellenplatz gefertigt,
zum Beispiel für das „Portal der Versöhnung“ von
Bert Gerresheim.
Sohn Antonius, der heutige
Chef der Schmiede, mit seinen Eltern.
Heute führt Sohn Antonius das Unternehmen in vierter Generation, der
Vater hat ihn selbst ausgebildet, so wie ein knappes Dutzend weiterer
junger Männer, die gern ihren alten Meister besuchten. Der war
schließlich froh, dass die Plackerei ein Ende hatte. Trotzdem leuchteten
seine Augen, wenn er von eben dieser Plackerei erzählte.
Solches Werkzeug wird
immer gebraucht werden.
Im März 1998 erhielt Albert Siemons den Goldenen Meisterbrief. Und wenige Wochen später konnte er noch etwas „Goldenes“ begießen: 50 Jahre zuvor hatte er Margarete geheiratet. Das schöne Fest wurde mit Freunden, den Kindern Monika und Antonius, den Schwiegerkindern Brigitte und Oswald sowie den Enkeln Maren und Daniel gefeiert.
50 Jahre Huf- und
Wagenschmiedemeister: Goldener Meisterbrief für Albert Siemons.