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Baslikaorganist in Kevelaer | * 1956
Nach
18 Jahren als Basilikaorganist in Kevelaer - von 1983 bis 2000 - will
sich der 44-jährige Wolfgang Seifen einer neuen, großen Aufgabe stellen,
bewirbt sich und erhält die Professur für Improvisation, Liturgisches
Orgelspiel und Orgelliteratur an der Hochschule der Künste in Berlin.
Die Nachricht vom Weggang Seifens betrübt besonders die vielen Freunde
der Basilika-Konzerte. Der Organist hat ihnen Rang und Namen, aber auch
Glanz verliehen.
Die Einschätzung, dass Wolfgang Seifen ein Ausnahme-Künstler ist, hat
die Öffentlichkeit selbst erfahren und aus mancher Rezension herauslesen
können. Das kommt auch in dem fast ganzseitigen Artikel zum Ausdruck,
den Markus Nolte in der Kirchenzeitung Kirche+Leben zum Abschied von Seifen
veröffentlicht hat:
Reichlich erdverhaftet sitzt er da auf seinem hölzern harten Orgelbock, den Rücken kerzengerade, den Kopf regungslos. Furioses Mienenspiel - Fehlanzeige. Wenn man ihn so sieht, könnte man meinen, Seifen wäre brav. Er ist es nicht. Seifen ist unverschämt. Er spielt wie der Teufel in der Wallfahrtsbasilika in Kevelaer. Um ihn herum tanzen Töne, wabern dunkle Wolken, klirren schrille Blitze - und Seifen sitzt unangetan versunken in seiner engen Spieltischecke wie der Asket in seiner Mönchszelle.
Es ist also nicht die Frage, ob Wolfgang Seifen ein Ausnahme-Künstler
ist. Es ist zu fragen, ob die Marienstadt Kevelaer seine Talente genutzt
hat und ob die Kirchengemeinde und der Wallfahrtsort an der virtuos
gespielten Kirchenmusik gewachsen sind - Fragen, auf die Antworten
schuldig bleiben, weil niemand sie kennen kann.
Wolfgang Seifen in den
1990er-Jahren.
Auch der „neue Klang,
den die Reihe der
Basilikakonzerte Kevelaers Namen in Deutschland und
Europa gegeben hat“, ist keine in sich ruhende Leistung, die
unabhängig von ihrer Auswirkung auf das pastorale Geschehen zu bewerten
ist. Nicht mit Seifen, sondern mit sich selbst haben die Kevelaerer ein
Problem, wenn, wie Anfang der 90er Jahre, Unsicherheit aufkommt, ob die
kirchenmusikalischen Glanzlichter in St. Marien die pastorale
Wirklichkeit des Alltags und Sonntags überstrahlen.
Ein
Künstler wie Seifen könnte, weil er sich bei seiner Tagesarbeit dem
Tempo seiner Zuhörer anpassen muss und seine Musik in der Kirche hinter
dem, zu dessen Ehre sie erklingt, zurückzustehen hat, an einer solchen
Aufgabe verzweifeln.
Wolfgang Seifen beim
Komponieren.
Anders als der Pianist im Konzertsaal muss der Organist Kompromisse
machen und sich unterordnen - und wenn es um den Preis ist, dass das
Orgelspiel hinter dem zurückbleibt, was die Finger künstlerisch
hervorbringen könnten.
„Die Basilikamusik“, schreibt Boris Böhmann, „ist in hohem Maße Wolfgang
Seifen zu Dank verpflichtet, der sich mit nimmermüdem Elan zusammen mit
Chor und Orchester für musikalisch hohes Niveau, ideenreiche Konzepte
und Kooperation in Liturgie und Konzert eingesetzt hat.“
18
Jahre hat Seifen das getan - sein halbes Berufsleben lang. So traurig es
für Kevelaer ist, dass ein Kirchenmusiker solchen Formats gegangen ist,
so schön ist es für ihn, dass er sich die künstlerische Freiheit
bewahren kann. Er nimmt sich die Freiheit, auch beruflich ein neues
Notenblatt aufzuschlagen.
Wolfgang Seifen mit seiner
"Missa Solemnis - Tu es Petrus", der "Papstmesse".
Seitdem ist immer mal wieder von Wolfgang Seifen in den Medien zu lesen,
so auch 2007, als 600 Besucher in der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin,
darunter Kanzlerin Angela Merkel, und Hunderttausende über die Deutsche
Welle und den Rundfunk RRB die Uraufführung von seiner ‚Papstmesse‘, der
Missa Solemnis ‚Tu es Petrus‘, miterlebten.