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Kirchenmaler aus Kevelaer | * 1911 | † 2008
Selbst mit 90 war seine Schaffenskraft ungebrochen. Da erarbeitete er
Entwürfe für die Kirchenfenster eines Gotteshaus in Kpalimé in Togo.
Allein in Kevelaer sind ein paar Dutzend seiner Werke, Sgraffitis vor
allem, öffentlich zu sehen; Hunderte von Wandbildern, Graphiken,
Illustrationen, Bleiglasfenstern, Bronzefiguren, Mosaiken, Altären,
Taufbrunnen, Kelchen und
Paramenten in vielen Ländern der Welt sind
seiner Kunst und seinem Können entsprungen, wunderschöne Werke, die
meisten mit religiösen Aussagen.
Es gibt kaum eine Figur, kaum eine biblische Szene, die er nicht mit den
entsprechenden Attributen in eine irdische Kostbarkeit umzusetzen
wusste. Er kannte den Symbolgehalt jedes Tieres, jeder Farbe, jeder
Szene aus dem Buch der Bücher. Man könnte fast sagen: Er übersetzte die
Bilder der Bibel in Gleichnisse für die Sinne. Und so traf seine
Berufsbezeichnung zu: Er war Kirchenmaler.
Er war gerade elf oder zwölf, als er in der Schule etliche Ehrungen
erfuhr: So begeistert waren Lehrer und Kameraden von den
„Monumentalgemälden“, üppigen Schlachtszenen vor allem, die der Junge
mit Bleistift auf Papier übertrug. Außer Lorbeeren brachte ihm seine
Kunst vorläufig wenig, kostete dafür schon einen Batzen Taschengeld.
Einmal „riss ich mir 5000 Mark für einen billigen Farbwasserkasten vom
Herzen“. Es herrschte Inflation.
Mit 14 Jahren ging er zu seinem Vater in die Lehre, schuf mit 19 die ersten Werke vor allem für Kirchen des Münsterlandes, hatte mit 25 Jahren seine ersten Ausstellungen. Seine tägliche Arbeit und ein Semester Folkwangschule waren die Grundlagen. Inzwischen war die „braune Zeit“ angebrochen, da engagierte sich der Künstler so intensiv für die Katholische Jugend, dass der Name Heribert Reul in der Organisation ein Synonym für Jugendarbeit wurde - die finanzierte er mit dem Verkauf eigener Linolschnitte.
Heribert Reul, Jüngling von Naim, Beichtkapelle zu Kevelaer.
Er erhielt eine Einladung nach Berlin. Prof. Plontke hatte dafür
gesorgt, dass Reul an der Akademie der Künste einen Studienplatz
zugesprochen bekam. Doch den trat er nicht mehr an: 1940 wurde er
eingezogen, später viermal schwer verletzt, geriet 1945 in russische
Kriegsgefangenschaft, blieb es bis 1949 in einem Lager bei Kiew. Hier
schrieb, dichtete und malte er, auf winzigen Fetzen Papier, mit
einfachsten Stiften: Menschen, Städteansichten, Landschaften. Viele der
Zeichnungen besitzt die Familie noch heute. Es ist kaum zu begreifen,
dass die kostbaren Blättchen im Briefmarkenformat in den Schrecken der
russischen Gefangenschaft entstehen konnten. Bereits 1950 arbeitete Reul
wieder als Maler und Graphiker. Und 1952 löste er eine Verabredung ein.
Während des Krieges hatte er den aus Kevelaer stammenden Kaplan Franz
Schröer kennen gelernt. Der hatte ihm seine Adresse gegeben für den
Fall, „dass wir den Krieg überleben“. So fuhr Reul in die Marienstadt,
fand die beschriebene Buchhandlung, stieß auf die Schwester des Kaplans.
Zu seiner Überraschung entdeckte Reul, dass Werke von ihm auslagen,
zudem Blätter mit Liedern, die offensichtlich einem Buch entnommen
waren, das er während des Krieges verbotenerweise herausgegeben hatte.
Und Reul sagte: „Das sind ja Arbeiten von mir.“
Die junge Frau entgegnete: „Dann sind Sie Heribert Reul!“ Ein Jahr
später hieß Rosemarie Schröer ebenfalls Reul. In den folgenden 15 Jahren
brachte sie zwölf Kinder zur Welt, elf Jungen und ein Mädchen.
Rosemarie und Heribert Reul
am 85. Geburtstag des Kirchenmalers (1996, v.l.): Dr. Peter Lingens,
Rosemarie und Heribert Reul sowie - halb verdeckt - Dr. Robert Plötz.
Heribert Reul malte auch Hunderte von Landschaftsbildern, viele vom
Niederrhein. Er war ein Mann, der nicht um einen Ruf als Künstler
gebuhlt hat; dafür war er nicht verbissen genug und viel zu humorvoll;
vielleicht war er auch als Vater einer Großfamilie zu sehr darauf
angewiesen, sein Schaffen als Broterwerb zu sehen.
Heribert Reul hinterließ für seine Kinder Lebenserinnerungen. Darin
heißt es an einer Stelle: „So ich mein Leben recht bedenk: Es war alles
Gnade, alles Geschenk.“