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Kaplan Albert Schonhoven in Wetten überfallen und getötet
Albert Schonhoven, Kaplan von St. Petrus, war auf der Rückreise. Er trug
einen goldenen Messkelch bei sich, den er aus Geldern abgeholt hatte. Es
war bereits dunkel, als der Geistliche auf der Landstraße, die heute
Veert mit Wetten verbindet, nach Hause lief. Er war zu Fuß und hatte es
eilig, denn der damalige Verbindungsweg führte durch Waldungen, die
Räubern Schutz boten. Sie hätten es auf den Kelch abgesehen haben
können.
Erinnert an den Mord:
Das Kreuz ohne Korpus in Wetten.
„Einige hundert Meter unterhalb des Voßhalenhofes“, so beschreibt
Johann Kösters im
Geldrischen Heimatkalender 1972 die Stelle, an der die Mordtat Ende
Dezember 1718 geschah. „Just an dem Wege, der nach Ingentärvelshof
führte“, erzählt der Wettener Heimatdichter die mündliche Überlieferung
nach, „sprang eine dunkle Gestalt aus dem Gebüsch.“ Ob es stimmt, dass
„zwei starke Fäuste seinen Hals würgten“, oder ob solche Details eher
der Fantasie der Wettener zuzuschreiben sind - man weiß es nicht.
Schriftliches über die Mordtat - der Täter wurde nie gefasst - existiert
nicht.
Jedenfalls, so geht der ausgeschmückte Tatsachenbericht weiter, riss der
überfallene Priester seinem maskierten Angreifer die Maske vom Gesicht
und „taumelte mit einem Schreckensruf zurück, als er in das wuterfüllte
Antlitz des einäugigen Knechtes von Ingentärvelshof sah, der ihn mit
einer satanischen Freude angrinste.“
Nicht genug, dass der Knecht nur ein Auge besaß - er hatte auch „ein
verstümmeltes Kinn“, eine Verwundung, die er sich wohl als Söldner der
spanischen Truppen zugezogen haben könnte. Der Mann mit dem
furchterregenden Aussehen war der Erzählung zufolge dorfbekannt, weil
sein Lebenswandel ein schieres Ärgernis war und der Kaplan „oftmals
einschreiten“ musste - zuletzt noch am Sonntag vor dem ruchlosen Mord.
Da hatte der Priester von der Kanzel gegen den Lebenswandel solcher
Menschen gepredigt. Und Tinnes, so wurde der Einäugige im Dorf
genannt, schwor „blutige Rache“.
Der Kaplan wurde von einem Dolch mitten ins Herz getroffen. „Lautlos wie
eine Blume“, schreibt Kösters, als wäre er dabeigewesen, „knickte er
zusammen. Das Holzetui mit dem goldenen Kelch rollte in den Graben.“
Der Täter flüchtete, kehrte aber an die Stätte seiner Untat zurück. „Die
Verzweiflung fraß sich in sein Herz.“ Nicht nur das. „Da krallte sich
der Wahnsinn in sein Hirn.“
Tinnes, der Mörder, lief wie wild durch die versumpfte Landschaft,
„verwickelte sich im hohen Schilf“ und „stürzte sich dann mit einem
gräßlichen Aufschrei in die unheimlich brodelnden Wasser“, worauf er
versunken sei.
Nun ja, an der Stelle, wo der Mord geschah, errichteten die Wettener ein
Holzkreuz ohne Christus-Korpus, das als Kreuz ohne Heiland in die
Geschichte einging. Auf dem Kreuz ist - übersetzt - zu lesen:
Im Jahre 1720, den 13. September, ist der ehrwürdige Herr Schonhoven, ehemaliger Kaplan zu Wetten, hier ermordet. Bitte Gott für seine Seele.
Das Datum der Mordtat auf dem Kreuz weicht erheblich von dem tatsächlichen ab. Es wird vermutet, dass der Tag der Aufstellung des Kreuzes und der Mordtat in späterer Zeit aus Versehen gleichgesetzt worden sind. Das Wettener Sterberegister jedenfalls dokumentiert, dass der Kaplan am 21.12.1718 gestorben ist, wie Hans Broeckmann in einer Ortsschrift notierte.
Die Tafel erinnert an den Mordfall.
Heimatdichter Johann Kösters fand es merkwürdig, dass zwar Schonhovens
Tod registriert, aber kein Wort über die Untat vermerkt worden ist.
Das besorgte die mündliche Überlieferung, die gerne ausschmückt - aber
meistens einen wahren Kern enthält.