|
|
|
1992 in Kevelaer gegründet
Auf ihrem Marsch in den europäischen Norden fanden die Römer am Niederrhein eine unterentwickelte Landschaft vor, wo vereinzelte Menschengruppen in schwach ausgebildeten Sozialstrukturen lebten. Schon vor dieser Zeit behauptete sich im Süden der Balkanhalbinsel ein kraftvolles, freies Bauerntum, das zum wechselnden Einflussbereich des Reiter-Adels und des hellenistischen Königtums zählte.
Angela und Jose Biljanovski in ihrem Garten in Kevelaer (1992).
Alexander der Große, im nordgriechischen Pella, der Hauptstadt von
Makedonien, geboren, von Aristoteles erzogen und mit erlesener
griechischer Bildung ausgestattet, dehnte im vierten Jahrhundert vor
Christi Geburt das griechische Reich bis in die Tiefen Asiens aus. Nach
seinem Tod zerfiel es und geriet in den ersten drei Jahrhunderten nach
Christi Geburt immer stärker unter römischen Einfluss. In jener Zeit
wurde der Lebensraum der Makedonier zweigeteilt. Der Norden um Scupi
(Skopje) - in etwa der heutige Staat Mazedonien - wurde latinisiert
(römisch), der Süden graezisiert (griechisch).
Seitdem, bis zur Bildung der modernen Republik Mazedonien in unseren
Tagen, waren die „Schluchten des Balkans“, von denen jeder
Karl-May-Leser immerhin eine vage Vorstellung hat, fremdbeherrscht:
Goten, Hunnen, Slawen und Bulgaren bestimmten tausend Jahre lang das
Bergvolk und ihr Land. Im 14. Jahrhundert zählten sie zum Reich des
serbischen Zaren, um dann für über 500 Jahre dem Türkischen Reich
einverleibt zu werden. Erst 1893 wurden mit der bulgarischen
Einheitsbewegung die Identität und das Nationalgefühl der Mazedonier
wieder geweckt. Die Balkankriege, der Erste und Zweite Weltkrieg und
auch der jugoslawische Staatenbund von Tito brachten den Mazedoniern
nicht die Souveränität zurück. Erst nach dem Zerfall von
Tito-Jugoslawien wurde die Republik Mazedonien als selbstständiger Staat
ausgerufen und 1993 von der UNO anerkannt.
Großartig unterstützten die
Kevelaerer die Medikamentenhilfe Mazedonien und ihre Förderer,
zu denen besonders auch Theo Janßen und seine Frau Christel gehörten
(v.l.): Theo Janßen, Angela Biljanovski, Christel Janßen und Jose
Biljanovski (Aufnahme aus 1994).
Es ist das Land, in dem Agnes Gonxha Bojaxhiu geboren wurde, die später
als Mutter Teresa der Welt zeigte, was Nächstenliebe ist. So lange die
Balkanregion nicht befriedet ist, kann ein so kleines Land wie
Mazedonien aus eigener Kraft kaum überleben.
Der Fremdenverkehr, der neben den bäuerlichen Existenzen in der
malerisch schönen Bergwelt Mazedoniens eine bedeutende Rolle spielen
wird, liegt brach, weil niemand dort Urlaub machen will, wo nebenan
Kfor-Truppen ihren ebenso notwendigen wie gefährlichen Dienst tun.
Der Kosovo-Krieg brachte einen weiteren Rückschlag, denn Mazedonien war
Aufmarschgebiet der NATO-Streitkräfte; entsprechend sehen die benutzten
Straßen aus - viele sind beschädigt oder zerstört.
Hilfe von außen ist nötiger denn je. Hierbei erwies sich die
Medikamenten-Hilfe, für die sich viele Kevelaerer engagierten, nicht nur
als Lichtblick. Sie rettete, und das ganz wörtlich, viele Leben, und sie
wirkte weit in die Zukunft hinein, wenn Mazedonien eines Tages zu den
beliebtesten Urlaubsregionen auf dem Kontinent zählen wird. Die
Grundlagen für schöne menschliche Beziehungen zwischen hier und dort
wurden gelegt.
In dem winzigen Bergdorf Pustareka nahe Krusevo wurde 1952 Jose
Biljanovski als Sohn eines Imkers geboren. Der Junge schleppte zusammen
mit seinem Vater kiloschwere Honig-Packen über beschwerliche Bergpfade
Stunden lang zum nächsten Dorf, um den Honig zu verkaufen - eine
wichtige Überlebensgrundlage für die große Familie. Eine Erkrankung, die
fast zum Tode geführt hätte, und die dreijährige Rehabilitation prägten
den jungen Jose fürs Leben.
Als junger Mann zog Jose Biljanovski nach Deutschland, bildete sich in
einem graphischen Beruf aus und fand bei Schaffrath in Geldern, wo er
heute im Offsetdruckbereich arbeitet, seine neue Existenz. Er heiratete
1975 Angela van Betteraey aus Kevelaer. Zusammen mit den beiden Söhnen
und Angelas Mutter wohnen die Biljanovskis an der Römerstraße.
1992 trat das Ereignis ein, das aus der familiären Unterstützung der
Angehörigen in Joses Heimat Krusevo über Nacht eine humanitäre
Hilfsaktion für viele Menschen machte. Joses Schwägerin starb, weil sie
keine Medikamente hatte. Sie wurde nur 36 Jahre alt.
Wenige Tage nach dem Tod der jungen Frau rief Angela Biljanovski die
KB-Redaktion an. Bei ärztlicher und medikamentöser Behandlung, wie sie
in Kevelaer selbstverständlich gewesen wäre, hätte die Mazedonierin
gerettet werden können, und so wie ihr erging es jeden Tag vielen
Menschen dort.
Ende September 1992 erschien im Kevelaerer Blatt der erste Aufruf zur
Hilfe. Die Biljanovskis organisierten die Sammlung von Medikamenten und
den abenteuerlichen Transport nach Mazedonien. Viele Laster-Fahrten
folgten. Landesweit wurde die Medikamentenhilfe aus Kevelaer bekannt.
Der damals amtierende mazedonische Staatspräsident Gligorov übermittelte
dem Kevelaerer Bürgermeister
>
Dr. Friedrich Börgers den herzlichen Dank
des mazedonischen Volkes.
1997 wurden Angela und Jose Biljanovski zu mazedonischen
Kinder-Botschaftern ernannt, ein Ehrenamt, mit dem sie nicht warm
wurden. Bei ihrer Arbeit auf vornehmem Parkett fühlten sie sich unwohl,
denn wertvolle Zeit für tatkräftiges Zupacken beim Organisieren weiterer
Hilfstransporte ging ihnen verloren. Die Biljanovskis gaben die Aufgabe
zurück und blieben die Kämpfer vor Ort. Lange Zeit verging kein Tag, an
dem sie nicht der großen humanitären Hilfsaktion aus Kevelaer für
Mazedonien dienten.
Ein im Kreis Kleve ausgemusterter
Rettungswagen: Sehr willkommen in Mazedonien (Aufnahme aus
1997).
Zum Jahresende 2003 löste sich der Verein „Medikamentenhilfe für
Mazedonien“ auf. Angela und ihr Mann Jose Biljanovski steckten nicht
auf, den Menschen in ihrer Heimat Krusevo zu helfen. Zweimal im Jahr
fliegen die Biljanovskis nach Mazedonien. „Wir werden älter, und es geht
nicht mehr alles so wie vor ein paar Jahren, aber im kleinen Stil machen
wir weiter. Ein Ende ist nicht in Sicht", sagte Angela Biljanovski, als
sie 2005 noch einmal Besuch vom KB erhielt.