Labonté, Theo
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Textilkaufmann in Kevelaer | * 1907 | † 2008
„La Bonté“ ist Französisch und heißt „die Güte“. Textilier Theo
Labonté war Kevelaerer, seine Vorfahren stammten aus der „Grande
Nation“, kamen wohl im 17. Jahrhundert als Hugenotten an den Rhein. Der
Name von Theo Labonté hatte unverkennbar etwas mit seinem Charakter zu
tun, seiner Liebenswürdigkeit, seiner Bescheidenheit. Ihm lag viel
daran, gleichermaßen Qualität in der Ware und im Verkaufen zu bieten; er
freute sich selbst für jeden Kunden, der im doppelten Wortsinn „gut
bedient ist“.
Als Theo Labonté 1997 seinen 90. Geburtstag feierte, arbeitete er seit
74 Jahren in seinem Beruf, länger als 50 Jahre stand er im eigenen
Geschäft und begleitete seine Kunden zur Ladentüre, verabschiedete sie
mit einem „Guten Tag“ zurück in den Alltag.
Fast alle Käufer kamen wegen seines besonderen Sortiments: Längst hatten
sich die meisten Häuser der Mode untergeordnet, Labonté war nicht „mit
der Mode“ gegangen. Seine Strickwaren waren zeitlos und damit alles
andere als unmodern, denn das, was den Geschmack vieler Menschen über
Generationen hinweg traf, konnte nicht „von gestern“ sein. Und Labonté
freute sich: „Eigentlich bin ich fast konkurrenzlos“.
Er wusste sehr gut, was sich auf dem Textilmarkt bewegte, interessierte
sich für Neuerungen, informierte sich über Fachzeitschriften und gern
über Enkelin Isabell, die als Designerin wichtige Textilmetropolen
Europas gesehen hat.
1907, als der kleine Theo in der Marienstadt geboren wurde, war der Name
Labonté hier längst bekannt: Sein Vater,
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Wilhelm Labonté, war Rektor an
der St.-Hubertus-Grundschule (er sollte während des Zweiten Weltkriegs
bei einem Bombenangriff in der Willibrordstraße ums Leben kommen). 1923
begann Theo Labonté im Textilgeschäft der jüdischen Brüder Kaufmann an
der Hartstraße in Geldern eine kaufmännische Lehre. Später sammelte er
in Köln, München und Berlin Eindrücke.
Schlimmste Erfahrungen machte er im Zweiten Weltkrieg, war zuletzt noch
in Breslau, „obwohl die Russen schon da waren“. Labonté „türmte“ nach
Thüringen, suchte und fand evakuierte Familienangehörige in Jena.
Labonté: „Ich weiß gar nicht, wie ich damals aus dem schrecklichen
Schlamassel herauskommen konnte“.
Er kehrte nach Kevelaer zurück, fasste 1946 den Entschluss, sich
selbständig zu machen, beantragte bei der Gemeindeverwaltung die
Erlaubnis, erhielt sie sofort. In einem Mietlokal im Haus Moll an der
Hauptstraße 28 erlebte er die ersten Geschäfte. „Es gab sehr wenig Geld.
Es wurde fast alles getauscht - gegen Eier, Butter, Speck“.
Labonté schaffte die schweren ersten, manchmal bitteren Jahre, konnte
1950 auf einem Gartengrundstück an der Hauptstraße 40 das Haus bauen, in
dem er noch heute sein Geschäft hat. Damals hatte er vorwiegend Stoffe,
nahm bei seinen Kunden Maß und ließ die Anzüge schneidern. „Das war
etwas Besonderes. Die Kunden waren immer sehr zufrieden“.
Als Hochbetagter betrachtete er sein Geschäft als Hobby, er liebte den
Kontakt zu den Kunden und betreute sie gemeinsam mit seiner Tochter
Dorle Labonté-Apel („Wir sind ein Herz und eine Seele“). Mit Dankbarkeit
und Liebe dachte er an fast 60 Ehejahre mit Frau Paula zurück. Und gern
traf er sich donnerstags mit den Freunden vom Kevelaerer Sängerbund im
„Alt Derp“ oder spielte auf den Elfenbeintasten seines uralten Klaviers.
Dann zog ein Lächeln über sein Gesicht - nach einem Spruch, der Labonté
noch heute beeindruckt: „Gott hat Dir ein Gesicht gegeben. Lächeln mußt
Du selbst“.
Zum 100. Geburtstag gratulierte ihm auch Bundespräsident Horst Köhler.
Und die Vorsitzende der CDU, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, schickte
Glückwünsche zum Ehrentag von Theo Labonté, der viele Jahre Mitglied in
der Partei war. Merkel schrieb damals:
Sehr geehrter Herr
Labonté,
zu Ihrem 100. Geburtstag gratuliere ich Ihnen herzlich und wünsche Ihnen
alles Gute - vor allem Gesundheit und Gottes Segen. Sie blicken heute
auf ein ereignisreiches Leben zurück. Als politisch interessierter
Bürger haben Sie alle Epochen der jüngeren deutschen Geschichte bewusst
miterlebt: Vom Kaiserreich bis zum in Frieden und Freiheit
wiedervereinigten Deutschland. Für die Jüngeren ist es wichtig, dass Sie
möglichst viel von Ihren Erfahrungen weitergeben.
Lassen Sie mich die Gelegenheit Ihres Festtages auch nutzen, um Ihnen
für Ihre lange Verbundenheit mit der CDU Deutschlands zu danken. Mit
Ihrer großen Lebenserfahrung können Sie die CDU sehr bereichern.
Mit freundlichen Grüßen
Angela Merkel
Im Jahr darauf (2008), wenige Wochen vor
seinem 101. Geburtstag, starb der freundliche Kaufmann von der
Hauptstraße.