Krippenmarkt
Kevelaer
►
"Kevelaer
im Advent" | 1989 erster Krippenmarkt
Die Wallfahrtsstadt brauchte lange, bis die vorweihnachtliche
Veranstaltungsreihe "Advent in Kevelaer" ihre Form gefunden hatte, die
von vielen Menschen am Niederrhein als außergewöhnlich empfunden wird.
Auch in Kevelaer war jeweils im Dezember bis in die 1980er-Jahre eher
"vorweihnachtlicher Rummel" anzutreffen. Dem wurde 1985 mit "Advent in
Kevelaer" ein Kontrastprogramm gegenübergestellt, das in einer
gemeinsamen Anstrengung von Wallfahrtsleitung, Verkehrsverein und
Stadtverwaltung aufgelegt worden war.
Große Weihnachtskrippe
mit
lebenden Tieren: Krippenmarkt Kevelaer (2006).
Erstmals wurde 1985 zudem der Kreuzgang des
Forums Pax Christi
(diesen Namen gab es damals noch nicht) für eine adventliche Ausstellung
freigegeben. Hier wurden nun geschmückte Tannenbäume und Adventsgestecke
gezeigt. Den Weihnachtsschmuck hatten Vereine und Gruppen gebastelt. Die
Besucher konnten über den schönsten Schmuck abstimmen und etwas
gewinnen.
Zwar war dieser kleine adventliche Markt durchaus reizvoll, aber es
fehlte noch ein Alleinstellungsmerkmal mit Anziehungskraft. So besann
man sich auf die Bedeutung der Krippenherstellung in Kevelaer, die hier
im 19. und 20. Jahrhundert einen bedeutenden Wirtschaftszweig
dargestellt hatte.
Seit dem Wechsel vom Ton- zum Gipsguss konnten die Figuren in beliebig
hoher Stückzahl hergestellt werden. Aber nicht nur technische, sondern
auch inhaltliche Veränderungen hatten den Wandel möglich gemacht. Die
bis ins 19. Jahrhundert vorherrschende „barocke Krippe“ bestand aus sehr
vielen verschiedenen Figuren. Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts bildete
sich eine neue Krippe heraus - die Nazarener-Krippe mit einer deutlich
geringeren Anzahl von Figuren.
Die wenigen Hauptfiguren (Heilige Familie, Ochs, Esel, Drei Könige) und
Zusatzfiguren (Diener, Hirten, Schafe) komplettierten nun bereits eine
Krippe. „Das war von großer Bedeutung für deren Herstellungsprozess“,
schreibt Peter Lingens (
Gipsgießer und Polychromeure in Kevelaer).
Jetzt konnten die Figuren in ihrer überschaubaren Anzahl vollplastisch
gestaltet werden, während früher meist nur Kopf und Hände geschnitzt
worden waren und Bekleidung aus Stoff den (nicht ausgeformten) Körper
bedeckt hatte. Mit der Vollplastik war der Weg frei zum Gießen - damals
vorwiegend in Gips, heute vorwiegend in Kunstharz. Billigartikel sind
die gegossenen Figuren nicht, denn die von Hand aufzutragende Farbgebung
(durch Polychromeure) ist kostenintensiv.
Die Produktion von Krippenfiguren in Kevelaer blühte auf. Die
Herstellung begann schon im Juli eines Jahres, so beispielsweise im
„Atelier für Gips- &
Elfenbeinmasse-Statuen Seb. Ambrogi“. Eine „komplette“ Krippe hatte
zwölf oder 20 Figuren, je nachdem wieviele Tiere - Lämmer - dazu gehören
sollten. Viele Saison-Arbeiter verdienten in den Kevelaerer Werkstätten
ihr Geld.
Für den Devotionalienhandel der Wallfahrtsstadt spielt der
Krippenverkauf in der Adventszeit nach wie vor eine herausragende Rolle.
Aus ganz Deutschland kommen Sammler, die sich jedes Jahr eine weitere
Figur leisten wollen. Dieses Potenzial sollte nach einer Idee des
damaligen Wirtschaftsförderers
Hans-Josef Kuypers mit Hilfe eines
Kevelaerer Krippenmarkts erschlossen werden.
1989
begann der Krippenmarkt mit einer eher bescheidenen Auswahl. „Ich habe
regelrecht Klinken geputzt“, sagte Kuypers (1993). Die Kevelaerer
Krippenhersteller seien sich „nicht grün“ gewesen. So stellten 1992 nur
zwei Krippenverkäufer auf dem entsprechenden Markt im Forum Pax Christi
aus.
Klinken geputzt:
Hans-Josef
Kuypers (1989).
Der schleppende Verlauf in den Anfangsjahren sei dem Konzept des
Krippenmarkts geschuldet, klagten heimische Krippenbauer. Kevelaer sei
keine traditionelle Krippenbauerstadt und könne durch einen Krippenmarkt
auch nicht dazu gemacht werden. Die Idee
zündete dennoch. Mit der Großkrippe, die lebende Tiere aufnahm (Ochs und
Esel), bekam der Krippenmarkt 1993 neue Anziehungskraft. Für
Krippenhersteller und -verkäufer in ganz Deutschland wurden die
Einladungen aus Kevelaer immer wichtiger.
Kuypers solle sich an Auswärtige wenden, hatten 1993 die beiden einzigen
Kevelaerer Krippenhersteller (
Dammers für Werke aus Holz und
Replika für Krippen aus Kunststoff) dem Geschäftsführer des
Verkehrsvereins empfohlen. Sie selbst fühlten sich vom Verkehrsverein
und seinem Geschäftsführer nicht angemessen behandelt und waren vom
Verlauf der ersten Krippenmärkte enttäuscht.
Der Krippenmarkt in Kevelaer entwickelte sich trotz des etwas holprigen
Starts zu einer auch wirtschaftlich bedeutenden Veranstaltung.
Vom
Krippenverkauf leben in Kevelaer zwischen 150 und 200 Menschen, so
schätzte es 1995 der Sprecher des Krippenmarkts, Michael Helgers (
Christliche
Kunst Bauer). Von den Besucherscharen profitierten seiner Meinung
nach nicht nur die Fachgeschäfte, sondern auch der übrige Einzelhandel
und die Gastronomie.
Lebendiges Krippenspiel
unter der Leitung von Karl Timmermann auf dem Krippenmarkt
(2012).
Der Krippenmarkt, heute als Teil von „Kevelaer im Advent“ eine
Attraktion, zieht jedes Jahr ungewöhnlich viele Menschen an. Das
Erfolgsgeheimnis liegt wohl darin, dass der Markt im
Forum Pax
Christi - so wie der ebenfalls erfolgreiche Adventsmarkt in
Winnekendonk - von kommerziellen Begleiterscheinungen frei geblieben
ist.
„Der Krippenmarkt“, sagte 1996 ein Geschäftsmann in Kevelaer, „reißt uns
'raus“. Ohne ihn gäbe es weniger Kunden in der Adventszeit.
Im Herbst 2013 verständigte sich der Verkehrsverein mit den Kaufleuten
auf ein neues Konzept für den Krippenmarkt. Erstmals seit 25 Jahren -
solange besteht der Krippenmarkt schon - werden die Krippenmarktbesucher
auch mit ess- und trinkbaren Genüssen verwöhnt. Das kleine
gastronomische Angebot beschränkt sich allerdings auf die
Museumspassage, um das Forum Pax Christi alkoholfrei zu halten. Die
Besucher können hier auch zu erlesenen Backwaren des Kevelaerer
Backhandwerks greifen.
Die Zusammenarbeit zwischen Verkehrsverein und Kaufleuten auf der einen
und das gastronomische Angebot auf der anderen Seite entsprach den
Vorstellungen des neuen Geschäftsführers des Verkehrsvereins, Dr. Rainer
Killich. Der Erweiterung des Krippenmarkts bis in den Museumsbereich
hatten zuvor Museumsdirektor Dr. Burkhard Schwering, Bürgermeister Dr.
Axel Stibi und Wallfahrtsrektor Rolf Lohmann zugestimmt.
► Fünf Betriebe - die Cafés Nederkorn,
Heilen und Platzer, außerdem die Bäcker Janssen-Heursen und Kammann -
präsentieren vom 30. November bis zum 18. Dezember "Schau-Backen". Am
eigentlichen Jubiläumstag des Krippenmarkts - Samstag, 7. Dezember -
sind die Geschäfte in der Stadt bis 20 Uhr geöffnet. - Der Kevelaerer
Krippenmarkt ist ab Samstag, 30. November, täglich von 14 bis 18 Uhr, an
den Wochenenden von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Am 6. und 8. Dezember
erscheint jeweils gegen 15 Uhr der Nikolaus und verteilt Weckmänner.