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    SACHBEGRIFFE |
Jansen, Gisela

Unternehmerin in Kevelaer | * 1924

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Kevelaer die erste Bleigießerei gegründet. In den nächsten Jahrzehnten entwickelte sich diese Industrie weiter. Firmen wie Iding, Pohlenz, Toubarts, Brouwers und Schran entstanden. Vorwiegend wurden Devotionalien wie Christuskörper - verbunden mit Holzkreuzen -, Weihwasserkessel, Versehgarnituren und Madonnen produziert. Aber auch Sport- und Ehrenpreise, Pokale und Plaketten wurden gegossen.

Nicht nur die Wallfahrtsorte, sondern auch die einschlägigen Großhandelsbetriebe wurden beliefert. Exportiert wurde innerhalb Europas, aber auch nach Übersee. Anfang der 50er Jahre zählte man in Kevelaer etwa acht bis zehn Gießereien mit mehreren hundert Mitarbeitern wie Gießern, Lötern, Putzern, Galvaniseuren, Schleifern und Polierern.

Die Firma Paul Jansen wurde 1948 von den Eheleuten Paul und Gisela Jansen unter dem Namen Karl Jansen Metallwaren gegründet. Produziert wurde sehr provisorisch in den im Krieg beschädigten Gebäuden der Firma Karl Jansen Verlag und Buchbinderei auf der Friedenstraße. Mit finanzieller Unterstützung der Väter des Ehepaares, Karl Jansen und Wilhelm Kösters, wurde 1950 ein Neubau auf der Marienstraße erstellt. Der Firmenname wurde in Paul Jansen Metallwarenfabrik geändert.

Das Ehepaar hatte es sehr schwer, sich gegen die bereits vorhandene Konkurrenz zu behaupten, da diese über sehr viele Formen verfügte, die für eine Gießerei von größter Bedeutung sind. Der Bestand der Formen des jungen Unternehmens war sehr gering. Mit viel Einfallsreichtum wurden die Metallteile aus der Gießerei mit Holz kombiniert. Der Erfolg blieb nicht aus. Es wurden ständig neue Formen entwickelt, und so vergrößerte sich die Kollektion immer weiter.

Bereits Ende 1951 machte sich das schwere Kriegsleiden des Inhabers bemerkbar. Er musste sechs Monate in einem Sanatorium verbringen. Auch in den nächsten zehn Jahren war jährlich ein drei- bis viermonatiger Aufenthalt in einem Sanatorium erforderlich.

Trotzdem ging der Aufbau weiter. Mit Unterstützung des Betriebsleiters Josef Kanders, der für die technische Abteilung zuständig war, konnte sich die Ehefrau des Inhabers dem Verkauf widmen. Der Goldschmiedemeister > Herbert Cürvers setzte die Ideen des Ehepaares um und fertigte neue Modelle. Inzwischen wurden Geschenkartikel hergestellt wie Schlüsselbrettchen, Thermometer, Barometer, Plaketten mit verschiedenen Motiven, unter anderem die Betenden Hände von Albrecht Dürer, die reißenden Absatz fanden.

Die Betriebsräume wurden zu klein. Die angrenzende Schuhfabrik > Theodor Bergmann wurde gekauft, und neue Lager- und Büroräume wurden erstellt. 1960 wurde zum ersten Mal die Kollektion auf der Frankfurter Herbstmesse präsentiert. Neue Geschäftsverbindungen entstanden. Es wurde in rund 25 Länder exportiert.

Anfang der 1960er-Jahre waren die Produktionsstätten erneut zu klein. Eine Erweiterung der Betriebsgebäude wurde abgelehnt. Die Firma musste aufgrund vieler Vorschriften ausgesiedelt werden. Von der Stadt erwarb sie ein Grundstück von 10.000 Quadratmetern auf dem Hoogeweg 119. So entstand 1965 der erste Betrieb im heutigen Gewerbegebiet. Für die Galvanisierung wurde eine Entgiftungsanlage zur Auflage gemacht. Diese war sehr teuer und verursachte hohe Folgekosten. Sie dürfte 1965 die erste Anlage dieser Art in Kevelaer gewesen sein. Die anderen Gießereien arbeiteten bis in die 1990er-Jahre ohne Entgiftungsanlagen.

Das Galvanisieren ist ein aufwendiger Arbeitsprozess. Alle Artikel müssen zunächst in einem Bad entfettet werden. Anschließend erfolgt die Vorverkupferung. Dann wird die entsprechende Veredlung in einem Messing-, Kupfer- oder Silberbad vorgenommen. Danach werden die Artikel gefärbt, getrocknet und poliert und zum Schluss mit Lack versehen, damit die Oberfläche luftdicht abgeschlossen ist. Versilbert wurden vorwiegend Barockfüße, die an Kristallschalen montiert wurden.

Im September 1962 starb nach kurzer Krankheit der Betriebsleiter Josef Kanders. Er hinterließ eine große Lücke in der Unternehmensleitung und in der Belegschaft. Josef Kanders war seit 1950 im Betrieb - in allen Produktionsbereichen - tätig gewesen und hatte maßgeblich am Aufbau der Firma mitgearbeitet.

Die Kevelaerer Gießereien beschäftigten keine ausgebildeten Meister. Es konnten also keine Lehrlinge ausgebildet werden. Die Mitarbeiter wurden für die einzelnen Abteilungen angelernt, und nach einigen Jahren fanden sie als angelernte Facharbeiter eine Beschäftigung. In der Regel beherrschten sie dann auch nur das jeweilige Fach. Josef Kanders war in der Lage gewesen, diese Leute weiterzubilden. Nach seinem Tod übernahm Günter Kanders die Position des Vaters. Günter Kanders war zuvor bereits einige Jahre in dem Betrieb beschäftigt gewesen.

Von der Rezession in der gesamten Devotionalienindustrie in den Jahren 1962 bis 1966 blieb auch die Firma Paul Jansen nicht verschont. Sie entschloss sich zum Kauf der in Konkurs gegangenen Kevelaerer Metallwerke sowie zur Übernahme der Firma Josef Brouwers, die ebenfalls zum Verkauf anstand. Der Auftragsbestand und die Kundschaft konnten übernommen werden. Auch die Gießerei Schran musste ihren Betrieb schließen. Die interessanten Formen wurden von Jansen gekauft. Durch die Zusammenschließung dieser Firmen konnte der Umsatz bei der Firma Jansen gehalten werden.

Doch bereits nach einigen Jahren ging der Umsatz in Devotionalien drastisch zurück. Vor allem die Ausfuhr nach Irland und England reduzierte sich. 10.000 Kreuze und Weihwasserkessel waren jahrelang in diese Länder exportiert worden.

Durch den Ankauf neuer Formen stellte Paul Jansen auch Andenkenartikel her. Für Berlin, Hamburg, Bremen und Köln wurden Figuren und Plaketten mit den verschiedenen Wahrzeichen gefertigt. Für Schweden und Norwegen stellte man Sonderartikel her. Doch auch diese Artikel wurden nach einigen Jahren zu teuer für den Verkauf.

Von einer Firma wurden die Geschenkartikel originalgetreu kopiert und in Plastik hergestellt. Bei der Firma Jansen wurden alle Artikel von Hand gegossen und galvanisiert. Die Preise „stimmten nicht mehr“. Um die Firma aufrecht zu erhalten, musste eine totale Umstellung des Programms erfolgen.

Aus Italien wurden Grablaternen eingeführt. Die Nachfrage war groß. Doch die Modelle waren teilweise auf dem deutschen Markt nicht sonderlich gefragt. Hier tat sich eine Marktnische auf. Die erste eigene Grablaterne wurde von Paul Jansen gefertigt. Es ergaben sich viele Schwierigkeiten. Aber bereits das erste Modell war ein voller Erfolg. Anfang der 70er Jahre kam der Durchbruch. Die Fabrikation und der Verkauf liefen auf Hochtouren. Neue Absatzmärkte wurden erschlossen, und neue Modelle wurden gefertigt. Eine Grablaterne bestand aus fünf Einzelteilen, die zusammengelötet wurden.

Rund 70 Mitarbeiter wurden beschäftigt. Eine Werkzeugmacherei wurde mit modernsten Maschinen ausgestattet. Die Kokillen [mehrfach verwendbare Gussformen] konnten im Betrieb gefertigt werden. Man war flexibler geworden. Die Kokillen wurden verbessert, und die Fabrikation wurde vereinfacht. Inzwischen brauchte man für die Herstellung der Grablaterne, je nach Modell, nur noch zwei oder drei Formen. In den Anfängen waren noch fünf bis sechs Einzelteile zusammengelötet worden. Die Fertigung lief nun rationeller ab.

Im Jahre 1976 verstarb im Alter von 60 Jahren Inhaber Paul Jansen auf Grund seiner verschiedenen schweren Kriegsleiden plötzlich und unerwartet. Sein absoluter Arbeitseinsatz für den Aufbau des Betriebes dürfte zu seinem frühzeitigen Tod beigetragen haben. Seine Ehefrau Gisela Jansen übernahm die gesamte Leitung des Betriebes. Es waren harte Jahre, da sie bisher nur für den Verkauf, für die Entwicklung von neuen Modellen und den kaufmännischen Bereich zuständig gewesen war. Sie musste sich mit vielen technischen Dingen auseinander setzen. Diese Probleme waren früher von ihrem Ehemann gelöst worden.

1977, ein Jahr nach dem Tod von Paul Jansen, und zwar am Sterbetag, entstand in der Spritzerei ein Brand. Am nächsten Tag begannen die dreiwöchigen Betriebsferien. Der Sachschaden war erheblich. Etwa 150 Schablonen für verschiedene Artikel wurden vernichtet und konnten nicht mehr ersetzt werden. Die Schablonen waren im eigenen Betrieb hergestellt worden.

Katharina Duve, die älteste Tochter der Firmeninhaberin, war bereits seit einigen Jahren in dem elterlichen Betrieb tätig. Schon in früheren Jahren, nach Beendigung der Höheren Handelsschule, hatte sie ihre Lehre in der Firma beendet. Trotz eigener Familie unterstützte sie ihre Mutter in jeder Hinsicht und war regelmäßig auf der Frankfurter Messe dabei.

Ab 1980 nahm Katharina Duves Mann für einige Jahre eine Tätigkeit im Ausland auf. Der Umzug erfolgte, und die Tochter musste ihre Arbeit im elterlichen Unternehmen aufgeben. Die zweite Tochter heiratete, und ihr Mann ging aus beruflichen Gründen nach Südafrika. Der jüngste Sohn entschloss sich zu einem Medizinstudium. So wurde das Unternehmen von der Firmeninhaberin allein weitergeführt. 1984 musste der Betriebsleiter seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Heinz Lamshöft, ein langjähriger Mitarbeiter, war in den letzten Jahren als Versandleiter tätig gewesen; er übernahm die Leitung der Produktion.

Im Oktober 1998 beging die Paul Jansen Metallwarenfabrik GmbH ihr 50-jähriges Firmenjubiläum. Statt ein Fest auszurichten, bekam die > Aktion St. Nicolaus - Hilfe am behinderten Kind - einen Scheck in Höhe von 10.000 Mark überreicht. 

2001 übernahm Johannes Snelting, der frühere Weezer Bürgermeister, die Leitung des Unternehmens, das sich in die Paul Jansen Metallwarenfabrik GmbH & Co. KG, Gisela Jansen GmbH & Co KG und Paul Jansen Verwaltungs-GmbH aufgliederte.

Heute bietet die Firma Jansen ein umfangreiches Programm an Grablaternen, Vasen, Blumenschalen, Urnen und ähnlichen Artikeln zur Verschönerung der Gräber. Weiterhin werden Kerzenleuchter, Devotionalien, Außenleuchter, Hausnummern und Klingelplatten gefertigt.

© Martin Willing 2012, 2013