|
|
INHALTSVERZEICHNIS |
Im Gebet dabei: Die Lichterprozession der Motorradfahrerwallfahrt 2013
Der Höhepunkt der
Motorradfahrerwallfahrt 2013 bahnt sich an. Es ist Samstag, 20. Juli.
Gegen 21 Uhr starten die Biker ihre Maschinen, um in einer
kilometerlangen Lichterprozession zum Kapellenplatz zu fahren, wo Pilger
und Einwohner einen nächtlichen Gottesdienst feiern.
Eine Web-Cam am Priesterhaus schickt alle zehn Sekunden ein
aktualisiertes Bild vom Kapellenplatz ins Internet. Ich liege in 300
Kilometer Entfernung in meinem Bett und verfolge von meiner
ostfriesischen Wahlheimat das Geschehen, so gut es geht, über die Bilder
im Internet.
Links an der hölzernen Halterung, die mein iPad hält, so dass
ich den kleinen Tablet-PC gut im Bett nutzen kann, ist die silberne
Pilger-Ehrennadel zu sehen, die mir Pfarrer Stefan Zekorn im Jahr 2009
zur 25. Motorradfahrerwallfahrt vor dem Gnadenbild angesteckt hat. Ich
liege im Bett, erwartungsfroh, was die Bilder von der Wallfahrt
betrifft, und ermattet von den Nebenwirkungen der Bestrahlungen und
Chemotherapien, die ich seit mehreren Wochen in der Auricher Klinik über
mich ergehen lassen muss, seitdem ein ziemlich großer Lungentumor bei
mir festgestellt worden ist.
Gegen 21 Uhr klingelt das Handy von Delia. Marianne Heutgens aus
Kevelaer ruft an und versucht, uns über die Telefonleitung am
Glockenläuten der Basilika teilhaben zu lassen. Viel hören wir nicht.
Glockengeläut und Maschinenlärm der auf den Kapellenplatz einfahrenden
Biker vermischen sich.
Sozusagen in homöpathischen Dosen bereitet mich Delia auf eine bewegende
Überraschung an diesem Abend vor. Sie sagt, Marianne habe die
Initiative ergriffen und in die Wege geleitet, dass während des
Gottesdienstes auch für mich eine Fürbitte gesprochen werde. Marianne,
die treue Seele aus Kevelaer, hatte deswegen Wallfahrtsrektor Rolf
Lohmann angesprochen, und der hatte darum gebeten, das Anliegen mit dem
Verein Motorradfahrerwallfahrt zu besprechen, denn der Verein sei der
Veranstalter und für den Ablauf verantwortlich. Marianne fand sofort
offene Ohren im Vorstand, und wenige Stunden vor der Lichterprozession
wurde entschieden, dass für mich eine Fürbitte gesprochen werde.
Ich sitze nun mit Delia in
meinem Bett, das Handy am Ohr und bin verbunden mit dem Geschehen vor dem
Gnadenbild der Trösterin der Betrübten. Die Uhr zeigt nach 22
Uhr, als im Gottesdienst für andere Menschen gebetet wurde. Und
schließlich sagt Monika Voss, die Kevelaerer Sängerin mit der
wunderbaren Stimme:
Ich bitte Sie noch einen Augenblick um Ihre besondere Aufmerksamkeit für
eine weitere Fürbitte. Seit Wochen zünden Menschen am Kapellenplatz
Kerzen für den (Stifter und) Mitgründer der Motorradfahrer-Wallfahrt,
für Herrn Martin Willing, an. Auch wir bitten Maria um Fürsprache, dass
Martin - im Vertrauen auf Jesus Christus – eine gesegnete Zeit geschenkt
wird.
Wir bitten dich, erhöre uns.
Und sie sagt:
Das Lied, das gleich folgt, singe ich in besonderer Weise für Martin Willing.
Ich sinke tiefer in die Kissen, und als Monika Voss ihr ergreifendes
Lied von den tausend Kerzen anstimmt, kann ich nicht anders und muss
meinen Tränen freien Lauf lassen. Delia neben mir geht es nicht anders.
Wir sind Marianne Heutgens, Monika Voss und den vielen Motorradfahrern,
den Pilgern vor dem Gnadenbild, überaus dankbar für diese Zuwendung aus
Kevelaer. Ich werde sie nie vergessen.
Später gehen mir weitere Gedanken
durch den Kopf. Was ich da während der Lichterprozession habe erfahren
dürfen, ist tausendmal wertvoller und gewichtiger als jede Form von
"Anerkennung", der wir - und ich natürlich auch - lebenslang nachrennen.
Ich will mir meine kindliche Freude erhalten, die mich umfängt, wenn ich
Zuwendung spüre wie am Samstag von Kevelaer aus, als die Biker vor dem
Gnadenbild unserer Gottesmutter für mich beteten.
Monika Voss sang in dem Refrain: "Herr, wird danken Dir!".
Ich habe den Dank jedes Mal bekräftigt und ebenfalls zum Himmel geschickt:
"Herr, wir danken Dir!"
An diesem Abend war ein kranker, aber glücklicher Kevelaer-Freund trotz
großer Entfernung der Trösterin der Betrübten ganz nah.
INHALTSVERZEICHNIS |
© Martin Willing 2012, 2013