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MARTIN WILLING

Mein Goggo Sport brauchte Sprit

Wie ich zur schreibenden Zunft kam

Meine ersten Sporen verdiente ich wie ein schlechtes Mädchen: Ich tat's einfach ohne jede Hemmung, denn mein silberfarbener Goggo mit der aufregenden Zusatzbezeichnung „Sport" musste betankt und laufend repariert werden und mein Einkommen als Schüler bestand nur aus dem Taschengeld, das mir meine Eltern zukommen ließen.

Goggomobil Sport CoupéDas war eigentlich nicht zu wenig, aber die Kosten meiner Fahrzeuge im zarten Führerscheinalter - Motorräder BMW R 50 und 60, Isetta, Lloyd Alexander und nun Goggo Sport - sprengten stets mein Budget, das ich mit dem Lohn für Gelegenheitsjobs auffüllen musste.

Ein solches Goggo Sport-Coupé fuhr ich als Primaner - feilich nicht in Taubenblau wie bei diesem Museumsstück, sondern mit Silberbronze angepinselt: Es war mein Silberpfeil...

Jochen Heger, einer meiner Freunde aus der Moerser Schulzeit, hatte bei der „Rheinischen Post" als freier Mitarbeiter angeheuert. Von ihm stammte der Tipp, dass die Lokalredaktion schier unerschöpflichen Hunger nach Zeilen habe, die köstlich honoriert würden. Mein Goggo, der Silberpfeil, brauste in Richtung RP.

Im Schreiben war ich zwar geübt, und schnell war ich auch. Aber von der journalistischen Arbeit hatte ich keine Ahnung, als ich zu den Jugendwinterspielen des Adolfinums, des Gymnasiums in Moers, geschickt wurde. Der kleine Zweispalter, der erste Zeitungsartikel in meinem Leben, erschien am 20. März 1964 im Lokalteil der Moerser RP. Er war an Dürftigkeit nur schwer zu überbieten und bestand zur Hälfte aus der Aufzählung, wer wieviele Punkte geschafft hatte.

Ich wechselte bald zur Moerser Lokalredaktion der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", die mich erfreulich oft durch den Kreis jagte: Neue Orgel in Orsoy, Konzert eines Männergesangvereins in Alpen, Marionettentheater in Rheinberg, Wiener Sängerknaben in Homberg und Shakespeare-Abend in Moers waren die Themen, die ich im Oktober 1964 für die WAZ aufbereitete. Dann verging kaum eine Woche, in der ich nicht einen oder zwei Artikel im Blatt hatte.

Selbst anspruchsvolle Aufträge, zum Beispiel einen Diskussionsabend über die Todesstrafe im November 1964, vertraute Lokalchef Schorsch Häckel dem Schüler an. Unter Häckel, dem Zigarrenraucher mit der tiefrollenden Stimme, wuchs ich, ohne es schon zu ahnen, mit hohem Tempo in den Journalistenberuf hinein.

Zeitungsausschnitt aus der WAZEinmal ging ich fremd. NRZ-Kulturberichterstatter Dr. Rendenbach, im Hauptberuf Lehrer am Adolfinum, das ich noch besuchte, bat mich, für ihn ein Jazzkonzert mit Claude Luter in Homberg zu besuchen. Meine Konzertbesprechung („Lauter Beifall nach der Pause„) erschien am 10. November 1964 unter dem Pseudonym „zy" in der „Neuen Ruhr Zeitung".

Anfang einer Serie in der WAZ Moers: Glossen aus dem Alltag.

Diese Glosse in der WAZ Moers vom 21. November 1964 war der Anfang einer Serie: Ich schrieb nun regelmäßig Lokalspitzen für die Rubrik „... und außerdem„ und führte mein erstes Autorenkürzel „-mang-" ein.

Mein letzter Artikel als Schüler des Adolfinum erschien am 30. März 1965 in der Moerser WAZ. Es war eine Glosse mit der ergreifenden Frage, ob Kurfürst Friedrich Wilhelm ein „Großer" war oder nur ein gemeiner Kurfürst. Danach ging ich in die Abiturprüfung, fiel durch und marschierte durch - zur WAZ-Redaktion in Dinslaken, wo ich am 1. April 1965 mein Volontariat begann, für das ich noch als Schüler einen Ausbildungsvertrag mit dem Essener Zeitungshaus unterschrieben hatte.

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