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Wenn
die Politik den Rotstift ansetzt und dem Kevelaerer Haushalt ein
gesünderes Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben verpasst, muss das
Streichkonzert anders klingen als im Privathaushalt, für den nur ein
Gesetz gilt: Gib nicht mehr Geld aus als du hast! Außerdem geht es in
den Familien nur um Ausgaben, die sie selbst betreffen und niemanden
sonst berühren. Das unterscheidet den Privatetat grundsätzlich vom
öffentlichen: Der Stadthaushalt operiert mit unserem, also mit
Steuergeld, und betrifft viele Bürger direkt oder indirekt.
Was die Ratsmitglieder Anfang des nächsten Jahres treiben, wenn sie den
2013er-Etat verabschieden, ist keine abstrakte
Haushalts-Mathematik, sondern greift in das Leben der Einwohner ein. Und
das nicht nur mit Steuern, Abgaben und Gebühren.
Der Stadtetat bestimmt über die Teilhabe vieler Menschen am
gesellschaftlichen und kulturellen Stadtleben. Er muss beispielsweise
berücksichtigen, dass immer mehr ältere Bürger in Kevelaer wohnen,
die allerdings nicht immer feine Renten beziehen: Von denen haben manche eine
vorzügliche, manche eine miserable Altersversorgung. Auch in
Kevelaer wächst die Anzahl der Älteren, die sich kostendeckende
Eintrittspreise für städtische Kulturangebote nicht leisten können.
Bei den jungen Familien und den immer zahlreicher werdenden
Alleinerziehenden sieht es kaum besser aus: Es werden immer mehr, die
mit den steigenden Kosten zum Beispiel für Energie, Wohnen oder Erhalt der Gesundheit
nicht mehr klarkommen. Wenn die Stadt Angebote streicht, Zuschüsse senkt
oder Gebühren erhöht, trifft es also die besonders, denen sie eher
helfen müsste.
Die Politiker haben die Pflicht, das Allgemeinwohl zu bedenken, wenn sie
Beschlüsse fassen. Es gibt unterschiedliche Auffassungen, wieweit das
gehen soll. Wie gut, dass sich mehrere Fraktionen die Entscheidungsmacht
teilen müssen - in Kevelaer haben wir es sogar mit sechs Fraktionen zu
tun: Sie können nicht einfach gemäß ihrer Klientel bestimmen, sondern
müssen um eine mehrheitsfähige Lösung ringen, die den Bedürfnissen
möglichst vieler Menschen gerecht wird.
Dabei ist eine Richtschnur immer richtig: Im Zweifel für die Schwachen.
Samstag, 17. November 2012
© Martin Willing 2012, 2013