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Dame im Wohnstift St. Marien Kevelaer | * 1915 | † 2004
Dem massiven, schlicht gearbeiteten Schreibtisch ist anzusehen, dass er
seit Jahrzehnten im Dienst ist. Er, der viel erzählen könnte, steht
jetzt im Wohnstift St. Marien und gehört Elfriede Wedekind, die mit Elan
in Eigeninitiative eine Art Hauszeitung erarbeitet hat, in der sie ihr
Leben in Kevelaer beschreibt. Dort in ihrem „Redaktionsbüro„ besuchen
wir sie 1999.
Die Duisburgerin kam Anfang 1997 hierher: Die Kinder waren schon länger
aus dem Haus, ihr Mann ist vor 25 Jahren gestorben. Sie war alleine, und
das gefiel ihr nicht. Sie entschied sich für das Kevelaerer Wohnstift,
nachdem sie sich andere Einrichtungen angesehen hatte.
Die meisten lagen außerhalb des Ortes, jenseits von allem Leben. Das
Wohnstift St. Marien hingegen steht im Herzen der Stadt: „Hier kann ich
mich nach außen orientieren“.
Unterwegs sein - das braucht sie wie die Luft zum Atmen. „Ich bin noch
auf alles neugierig“, sagt sie und erkundet ihre neue Heimat. Es reicht
ihr nicht, das
Kroatenkreuz zu sehen. Sie gibt nicht eher Ruhe, bis sie
weiß, was es damit auf sich hat.
Sie besucht alle Veranstaltungen im Haus und ist oft „draußen“. Was sie
sieht, erlebt, erfährt und was sie bewegt an all dem, das teilt sie
ihren Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern mit. Immer wieder lässt sie ihre
Erlebnisse und das Geschehen im Stift schriftlich Revue passieren - die
Heftchen, die sie auflegt, sind mitunter über 40 Seiten stark. „Man
sieht nur mit dem Herzen gut“, ist ein Satz aus Antoine de
Saint-Éxupérys Buch „Der kleine Prinz“, der ihr sehr gut gefällt. Das
spiegelt sich in ihren Texten wider, die mit viel Gefühl geschrieben
sind.
Sie zeigen, dass Elfriede Wedekind sich gern einlässt auf die Dinge, die
ihr begegnen. Vielleicht ist das so, weil ihre Lebensmaxime lautet:
„Alles ist zum Weiterdenken da“. Und die Frau mit dem hellwachen Geist
denkt weiter. Damit ist sie in ihrem Leben häufig angeeckt, und manches
Mal wurde sie wohl auch missverstanden, wenn sie die Auseinandersetzung
suchte, die einen weiterbringen kann.
„Ich muss eine Aufgabe haben“, erzählt die alte Dame und meint: „Das war
schon immer so“.
Die Hausinformationen sind jetzt ihre Arbeit. Die Eingewöhnung in
Kevelaer fiel ihr nicht leicht. „Ich wollte zwar, aber manchmal geht
nicht der ganze Mensch mit“, erzählt sie.
Das braucht Zeit - und auch Freunde oder besser gesagt „verwandte
Seelen“ finden sich nicht von heute auf morgen. Ihre drei Kinder
besuchen sie oft, erzählt sie, und der Kontakt zu Duisburg, wo sie sich
in ihrer Pfarrgemeinde in vielfältiger Weise engagiert habe, sei nicht
abgerissen. Langeweile kennt sie nicht. Ihr Appartement im Wohnstift ist
dekoriert mit selbst gemalten und mit getöpferten Schätzen.
Im Jahre 1915 geboren, hat sie viel erlebt, und lachend erzählt sie,
dass sie in ihrer Jugend Deutsche Meisterin im Schlagballweitwurf war:
„Das gibt’s heute gar nicht mehr“.
Die Neigung zum Schreiben habe sie wohl von ihrer Tochter, scherzt
Elfriede Wedekind. Beim Besuch des Kävels Bläche zeigt sie einen neu
erschienenen Bildband, in dem ihre Tochter Beate Wohnungen bekannter
Persönlichkeiten beschreibt. Die Journalistin war Chefredakteurin des
internationalen Frauenmagazins „Elle“ und der Zeitschrift „Bunte“.
Zweiter Besuch im Wohnstift St. Marien in Kevelaer: Elfriede Wiedekind
erzählte: „Seit mehr als 50 Jahren bin ich ehrenamtlich für die
katholische Kirche im Einsatz“ - begonnen in Duisburg-Wanheimerort, wo
sie sich für den Kindergarten der St.-Petrus-Canisius-Gemeinde
einsetzte. 1968 gründete sie mit vier weiteren Mitgliedern den
„Canisius-Kurier“. 25 Jahre widmete sie sich der Ökumene. Sie war
Mitglied der Frauengemeinschaft und der Kolpingfamilie.
Später bildete sich Elfriede Wedekind zur Büchereiassistentin fort und
leitete die St.-Petrus-Canisius Bücherei. „Sie haben der Büchereiarbeit
in der Gemeinde Ihren Stempel aufgedrückt“, meinte Prälat Klaus
Malangré, der ihr im Namen des Bischofs das Ehrenzeichen des Bistums
Münster überreichte.
Zu ihrem Leben gehörten Rosenkranzandachten im Oktober,
Kreuzwegandachten in der Fastenzeit und Vespern in der Adventszeit sowie
Literaturkreise und Bibelabende in der Gemeinde.
Nach ihrem Tod im Jahr 2004 kehrte sie nach Duisburg zurück. Dort wurde
sie beerdigt.