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Vloet, Paul
Bäckermeister in Kevelaer | * 1939

Paul Vloet und seine Familie
Am 1. Juli 1973 stand der junge Paul Vloet zum ersten Mal in seiner eigenen Backstube im hinteren Windschatten der Basilika. Seine Geschäftsprinzipien waren Frische und Qualität und ließen die Planungen für einen erfolgreichen Betrieb aufgehen wie einen saftigen Hefeteig. Inzwischen hat er sich weitgehend zur Ruhe gesetzt.

Paul Vloet mit Frau Christa und Sohn Georg.
 
Vor Jahr und Tag hat das KB den Bäckermeister in jener Bürostube interviewt, in der er einst die Kaufverhandlungen mit Vorgänger Herbert Franke erfolgreich abgeschlossen hatte. Zu dieser Zeit hatte er in Geldern bereits selbstständig und mit großem Erfolg einen Rewe-Markt mit Fleischerei geführt, damals ein Novum. Es gab sogar Zeitgenossen, die die moderne Geschäftspolitik von Paul Vloet für unseriös hielten: Der operierte doch glatt mit Sonderangeboten.

Vloets Traum sah anders aus. Er liebte die Backkunst. Und diese Liebe reichte weit zurück. „Bis in meine Kindheit! Meine Mutter backte fast alles selbst, nur die großen Brote nicht; dafür knetete sie den Teig, und ich brachte ihn zum Ausbacken in eine Bäckerei.“

Und holte er die Brote später wieder ab? „Nein, ich blieb dort - oft stundenlang. Ich konnte mich von dem Duft und den Backwaren nicht trennen. Ich habe mich über jedes schöne Brot gefreut; das tue ich bis heute.“

Paul Vloet war in einer Arbeiterfamilie in Weeze aufgewachsen. Mutter und Vater, ein Schreiner bei den GeGe-Werken, hatten acht Kinder zu versorgen. Paul Vloet war das viertälteste und das erste, das einen Beruf erlernen durfte.

Da hatte er bereits als Aushilfe in einer Bäckerei Erfahrung gesammelt und einen schweren Schlag zu verkraften gehabt. Bei einem Arbeitsgang war ihm ohne sein Zutun der Stiel eines Backschiebers ins Gesicht geraten. Er verlor ein Auge. Paul Vloet erinnert sich: „Mein Vater wollte kaum glauben, dass ich ausgerechnet in dieser Bäckerei meine Ausbildung beginnen wollte.“

1961 war ein besonders intensives Jahr: Der junge Mann knete 80 bis 90 Stunden in der Woche Teig um Teig, besuchte nebenbei den Meisterkursus in der Bäckerfachschule in Geldern und lauschte als Katholik auch noch in einem Brautkurs den Verhaltensmaßregeln der Kirche, um seine Christa Fleuren zum Traualtar führen zu können. Er erreichte beide Ziele: den Meister und seine Eheschließung. 1962 kam Sohn Georg auf die Welt.

In der Backstube seines Arbeitsgebers sammelte Paul Vloet weit über sein Tätigkeitsfeld hinaus Erfahrungen zu Betriebsabläufen, Logistik und Strukturen. Paul Vloet: „Schon früh hatte ich den Kopf voller Ideen, wie ich eine eigene Bäckerei anpacken würde; und ich dachte, wenn ich andere wirtschaften sah und meinen Stundenlohn betrachtete, ‚das kriegst du auf eigene Rechnung hin‘.“

Als er dann seine eigene Bäckerei hatte, achteten er und seine Frau Christa immer darauf, dass die Mitarbeiter sich bei ihnen wohl fühlten. Das klappte augenscheinlich: Die Fluktuation war sehr gering, obwohl sie den Stamm von zunächst sieben auf über 30 Angestellte ausbauten. Das Ehepaar Vloet sah zu, dass die Mitarbeiter gut von ihrem Geld leben konnten und sich ständig qualifizierten. Paul Vloet: „Niemand, der bei uns vernünftig gearbeitet hat, ist jemals brotlos geworden.“

Im Laufe der Jahre waren bei Paul und Christa Vloet über 50 Jugendliche in der Lehre. „Wir haben uns viel Mühe mit den jungen Leuten gemacht, besonders mit denen, die nicht die besten Voraussetzungen mitbrachten. Jeder, der wollte, hat später in seinem Beruf einen Arbeitsplatz gefunden.“

In die Stadtgeschichte schrieb Paul Vloet sich außerdem 1987 mit dem "Wunderbrot von Kevelaer“ ein, mit dem die Bäckerei Vloet weithin bekannt wurde: Das Brot "Malsovit" half beim Abnehmen...

Paul Vloet hatte weitere Qualitäten. Bevor er mit seiner Frau den Betrieb aufbaute, hatte er sich in der fünften Jahreszeit unter die Narrenkappe begeben. „Jahrelang bin ich in meiner Heimatgemeinde Weeze für den MGV und die Kolpingfamilie in die Bütt gegangen.“ Einmal, er schmunzelt, hieß es später in der Tageszeitung: „Der Saal drohte einzuschlafen, dann kam Paul Vloet…“ Als er sich 1973 selbstständig machte, war ihm klar, dass er dafür keine Zeit mehr haben würde.

Doch nach einigen Jahren zog er Bilanz und stellte fest, dass außer Backen, Schlafen und Familie nicht viel los war. „Ich wollte noch etwas anderes machen. Da lag die Arbeit in der Bäckerinnung nahe.“

Es ist kein Geheimnis, dass er von der Innung für meisterliches Schaffen, Berufsethos und berufsständische Treue hochgeschätzt wird. 2004 erhielt Paul Vloet das Goldene Ehrenzeichen, die höchste Auszeichnung, die die Handwerkskammer Düsseldorf an Ehrenamtsträger vergeben kann – eine Wertschätzung all seiner Engagements, für die er teilweise schon zuvor Ehrungen erhalten hatte, die andere allenfalls am Ende ihrer Berufslaufbahn bekommen.

Mehr als 15 Jahre hatte er der Gesellenprüfungskommission und fast 20 Jahre dem Vorstand der Bäcker-Innung angehört und dort als stellvertretender Obermeister und als Obermeister gedient; viel bedeutet ihm die Ernennung zum Ehrenobermeister; zudem arbeitete er überregional als Vorstandsmitglied des Verbandes des Rheinischen Bäckerhandwerks und stellvertretender Landesinnungsmeister.

Verlässlich jedes Jahr erhielt Vloet zudem Bestnoten für seine Backwaren.

Das Jahr 2004 hielt eine weitere Auszeichnung bereit: Vloet bekam den Marketingpreis der Stadt Kevelaer.

2005 übergab er Bäckerei und Café an seinen Sohn Georg. Dessen Sohn Manuel hat ebenfalls eine Bäckerlaufbahn eingeschlagen.

Paul VloetJetzt hat Paul Vloet mehr Zeit für die Mußestunden - bei den Bürgerschützen, singend im KMGV, dessen Präsident er einige Jahre war, und kegelnd im Club der „harmlosen Jungs“. Paul Vloet: „Die heißen nicht nur so, sie sind es im Laufe der Jahre geworden.“

Bei den Bürgerschützen landete Paul Vloet 1989 den Königsschuss.
 
Nach Jahrzehnten ohne Urlaub reist er gern mit seiner Christa. Und liebend gern dankt er ihr für all die gute Begleitung in den über 50 Jahren ihrer Ehe.

Einmal sagte er bewegt vor großem Publikum: „Wir haben zusammengehalten in guten und in schlechten Tagen.“ Dann kam bei ihm der Schalk durch: „Die schlechten Tage haben wir abgeschafft. Es gibt nur noch gute!“

► Nachfolgend das vollständige Interview, das Delia Evers 1999 mit dem Bäckermeister führte.

Seit dem 1. Juli 1973 arbeiten Sie hier an der Basilikastraße. Geht Ihre Liebe zur Backkunst noch weiter zurück?
Bis in meine Kindheit! Meine Mutter backte fast alles selbst, nur die großen Brote nicht; dafür knetete sie den Teig, und ich brachte ihn zum Ausbacken in eine Bäckerei.

Und holten ihn später wieder ab?
Nein, ich blieb dort - oft stundenlang. Ich konnte mich von dem Duft und den Backwaren nicht trennen. Ich habe mich über jedes schöne Brot gefreut; das tue ich bis heute.

Sie sind in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen. Ihr Vater war Schreiner bei den GeGe-Werken in Weeze.
Eine prägende Zeit für mich! Ich war das viertälteste Kind von acht - und das erste, das einen Beruf erlernen durfte. Dafür bin ich meinen Eltern dankbar. - Damals in der Lehre hat niemand gefragt, wie lange gearbeitet werden musste, was zu tun war und was man am Ende dafür bekam.

Eine wichtige Erfahrung für Sie, als Sie sich anschickten, selbst Unternehmer zu werden?
Bestimmt! Ich hatte schon früh den Kopf voller Ideen, wie ich eine eigene Bäckerei „anpacken“ würde; und ich dachte, wenn ich andere wirtschaften sah und meinen Stundenlohn betrachtete: Das kriegst Du auf eigene Rechnung hin.

Sind die Erfahrungen aus dieser Zeit für Sie noch wichtig?
Meine Frau Christa und ich arbeiten bis heute dafür, dass unsere Mitarbeiter sich bei uns wohl fühlen. Das klappt augenscheinlich: Die Fluktuation ist sehr gering, obwohl wir unseren Stamm von zunächst sieben auf 30 Angestellte ausgebaut haben; einige sind von Anfang an dabei. Ein zweites Anliegen: Wir sehen zu, dass unsere Leute gut von ihrem Geld leben können. Und ein drittes: Sie qualifizieren sich ständig. Niemand, der bei uns vernünftig gearbeitet hat, ist jemals brotlos geworden.

Trifft das auch auf Ihre Auszubildenden zu?
Im Laufe der Jahre waren bei uns über 50 Jugendliche in der Lehre. Wir haben uns viel Mühe mit den jungen Leuten gemacht, besonders mit denen, die nicht die besten Voraussetzungen mitbrachten. Jeder, der wollte, hat später in seinem Beruf einen Arbeitsplatz gefunden.

Bevor Sie mit Ihrer Frau den Betrieb aufbauten, haben Sie noch ganz andere Qualitäten an den Tag gelegt: Unter der Narrenkappe.
Jahrelang bin ich in meiner Heimatgemeinde Weeze für den MGV und die Kolpingfamilie in die Bütt gegangen. Einmal (er schmunzelt) hieß es später in der Tageszeitung: „Der Saal drohte einzuschlafen, aber dann kam Paul Vloet...“ Als ich mich 1973 mit der Bäckerei selbstständig machte, war mir klar, dass ich dafür keine Zeit mehr haben würde.

Trotzdem haben Sie sich nach weiteren Aufgaben umgesehen.
Nach einigen Jahren Selbstständigkeit habe ich Bilanz gezogen und festgestellt, dass außer Backen, Schlafen und Familie nicht viel los war. Ich wollte noch etwas anderes machen. Da lag die Arbeit in der Bäckerinnung nahe.

Es ist kein Geheimnis, dass Sie von der Innung für meisterliches Schaffen, Berufsethos und berufsständische Treue hochgeschätzt werden. Die Innung hat Sie zehn Jahre lang zum stellvertretenden Obermeister gewählt. Seit zwei Jahren stehen Sie an der Spitze. Dazu kommen zahlreiche weitere Ehrenämter. Warum machen Sie das?
Das hat mit der Liebe zu meinem Beruf zu tun. Davon möchte ich möglichst viel an andere weitergeben. Das fängt mit dem Gefühl für ein schönes, makelloses Brot an und hört bei dem wunderbaren Duft in einer Bäckerei lange nicht auf. Darum gehört für mich die Produktion unbedingt hinter den Verkaufsbetrieb.

Die Konkurrenz besonders durch die Einkaufsmärkte ist groß. Wie kommen selbstständige Bäcker damit zurecht?
Für mich war eine rationelle Produktion schon 1973 wichtig. Die aber war nicht für einen einzelnen Betrieb zu machen. Bald kam Walbeck dazu. Und wir belieferten etliche Wiederverkäufer. Zudem fuhren wir morgens täglich über 1000 frische Brötchen aus. Das kann heute niemand mehr bezahlen. Wichtig geblieben sind die Frische - bei uns werden den ganzen Tag über alle zehn Minuten bis 18 Uhr frische Brötchen angeboten - Qualität, Vielfalt und ein qualifiziertes Verkaufsteam. Wir haben eine Topmannschaft!

Haben Sie im Laufe Ihres „Bäckerlebens“ schlechte Erfahrungen gemacht?
(Zögert) Ich war noch nicht einmal Lehrling, als ich in einer Bäckerei aushalf. Dabei geriet mir der Stiel eines Backschiebers ins Gesicht. Ich verlor ein Auge. Mein Vater wollte kaum glauben, dass ich ausgerechnet in dieser Bäckerei meine Ausbildung beginnen wollte.

Und schöne Erfahrungen?
Ich freue mich sehr, dass mein Sohn Georg ebenfalls die Liebe zur Backstube entdeckt hat, wie längst auch unser kleiner Enkelsohn Manuel. Georg ist jetzt seit 15 Jahren Meister. Schwiegertochter Manuela arbeitet ebenfalls im Betrieb mit. Sie ist Einzelhandelskauffrau, kümmert sich um die EDV und natürlich neben Manuel auch um ihr zweites Kind Christina.

Sie haben Ihr Zuhause seit vielen Jahren in Kevelaer.
Ja! Kevelaer ist mein Zuhause. Ich finde die Stadt wunderbar!

Soweit das Interview.

► Seine Einstellung zu seinen Angestellten zeigte Paul Vloet, als er 1998 das 25-Jährige des Betriebs feierte. Sie waren seine Ehrengäste. Das KB schrieb:

 Paul und Christa Vloet haben über 200 Menschen eingeladen, die ihnen lieb und wichtig sind: Allen voran die eigene Belegschaft.

Die Standesvertreter kamen „von allein“; sie wollten den Rahmen für eine Auszeichnung nutzen. Der Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks verlieh Paul Vloet wegen seiner großen Verdienste die Ehrenmedaille des Verbandes.

Normalerweise, meinte der stellvertretende Landesinnungsmeister Klaus Stendebach, bekomme man das Metall erst bei sehr vielen Verdiensten am Ende einer Berufslaufbahn. Paul Vloet habe es sich bereits jetzt verdient, so wie viele andere Ehrungen auf höchster Ebene und so wie seit Jahren viele Goldmedaillen für beste Bäckerqualität.

Dann zeigte Paul Vloet, dass ihm an diesem Abend noch etwas anderes wichtig war: Er rief seine Christa auf die Bühne und erzählte, dass sie auf den Tag genau seit 37 Jahren verheiratet seien. „Wir haben zusammengehalten in guten und in schlechten Tagen“, sagte er bewegt, bevor wieder der Schalk durchkam:

„Die schlechten Tage haben wir abgeschafft. Es gibt nur noch gute!“

Kammann, Vloet, Ophey
Bäcker unter sich (v.l.): Egon Kammann, Paul Vloet und Franz Ophey (1995).