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Schneidermeister in Wetten | * 1918 | † 1999
In
der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen stellt Hans Smitmans zusammen
mit seinem Vater die letzten „kassäje Söck“ am Niederrhein her. „Als ich
13 Jahre alt war, musste ich zum ersten Mal kassäje Söck zuschneiden“,
sagt er, als ihn das Kävels Bläche im März 1983 in Wetten besucht.
Die ganze Familie wirbelt winters in Vaters Werkstatt, um die warmen
Fußkleider herzustellen, einen Zwitter zwischen dünnen Pantoffeln und
dicken Socken, der mit Vorliebe in Klumpen (Holzklotschen) getragen
wird.
„Das Zuschneiden war beileibe keine schöne Arbeit“, erinnert sich Hans
Smitmans damals. Denn als Material wurde das widerspenstige Kirsey
verwendet. Und aus Kirsey wurde plattsprachlich kassäj.
Der kleine Hans muss das ungewöhnlich feste Schurwollgewebe mit einer
schweren Schere zerschnibbeln. Die Hände danken es mit dicken Schwielen.
Ungern erinnert sich Hans Smitmans an das „Fribbeln“ der Nähte: „Die
waren so hart, dass sie erst einmal ausgedrückt werden mussten“.
Dennoch beginnt das Kassäje-Söck-Schneiden mit einem Erlebnis. „Wenn die
riesigen, rohweißen Kirsey-Ballen von einer Spezialfirma aus
Ostdeutschland per Bahn angerollt kamen, waren wir alle ganz aufgeregt.“
Wochenlang wird in der Schneidermeister-Werkstatt geschnitten und
genäht. Vater Heinrich Smitmans radelt dann im November mit der ersten
großen Fuhre zum Flachsmarkt nach Goch. Auf den Erlös haben die Kinder
ein besonderes Auge. Denn er bildet den finanziellen Grundstock für das
Weihnachtsfest.
„Vier Mark fünfzig brachten die Socken“, erzählt Hans Smitmans. „Die
meisten Leute bezahlten das Geld gern - sie kannten die hervorragende
Qualität“.
Inzwischen sind die kassäje Söck „ausgestorben“. Das letzte in Wetten
hergestellte Paar vermacht die Familie dem Kevelaerer Museum - aber auch
das ist schon viele Jahre her.
Hans Smitmans ist ein meisterlicher Schneider. Am 1. April 1935 hat er
mit dem Meisterbrief die damalige kaufmännische Berufsschule in Kevelaer
verlassen. In goldener Ausgabe - wie auch sein Vater - erhält er diesen
Brief 50 Jahre später von der Handwerkskammer Düsseldorf. Bis 1970 führt
Hans Smitmans die Schneiderei seines Vaters in der Wettener Hauptstraße,
dann sattelt er in ein Angestelltenverhältnis um.
Hans Smitmans stirbt Anfang 1999, fünf Monate vor seinem 81. Geburtstag.