|
|
|
Landwirt, Kommunalpolitiker und Heimatforscher aus Wetten | * 1927 | † 1998
Paul Selders war der Bauer vom Hülshorsthof in Wetten, der „Hölzert“,
ein scheinbar einfacher Mann, geboren 1927 als jüngstes unter 15 Kindern
von >
Mathias und Berta Selders. Das Format von Paul Selders als Mensch
hatte kein blendendes Etikett, sein Wissen als Heimatforscher kein
akademisches Gütesiegel. Er war kein Bildungsbürger, und doch: Er könnte
ihnen und vielen anderen Menschen ein Vorbild sein, wenn sie ihn gekannt
und erkannt hätten.
Es ist einfach, sich lateinische Wörter zu erschließen, wenn man ein
„großes Latinum“ im Rücken hat. Paul Selders kämpfte sich, ohne höhere
Schulbildung, bei seiner jahrelangen Erforschung der Wettener
Geistlichkeit mit Hilfe eines Wörterbuchs durch die fremden Begriffe,
auf die er in den Archiven stieß, und trug Wissen in mühevoller
Kleinarbeit zusammen, die niemand vor ihm auf sich genommen hatte.
Sein Streben nach Durchblick in einem Nebel von Details entsprach keiner
Laune, die abebbte, sobald die Mühe begann. Sich Ziele setzen und dabei
seine Grenzen respektieren, dann aber die Ziele mit Energie und
Durchhaltevermögen bis zum Abschluß verfolgen, dafür könnte Paul
Selders, der einfache Bauer aus Wetten, der 1954 den elterlichen
Hölzerthof („Hülshorsthof“) übernommen hatte und Maria Dicks heiratete,
besonders jungen Menschen ein Vorbild sein, wenn sie von ihm wüßten. Der
Jugend wird Bildung satt und genug geboten, Paul Selders mußte sie sich
unter ungünstigsten Voraussetzungen im fortgeschrittenen Alter nach und
nach erkämpfen.
Als Landwirt fleißig und erfolgreich - 1955 legte er die Meisterprüfung
als Landwirtschaftsmeister ab -, war Paul Selders im Dienst für andere
unbeugsam und mutig.
Als Kommunalpolitiker legte sich der Christdemokrat mit den Mächtigen an
und zog vor Gericht, als er seine Berufskollegen von der Stadt ungerecht
behandelt empfand. Sein feinfühliger Sinn für Gerechtigkeit und
Anständigkeit wurde verkannt, als ihm Parteimitglieder 1984
überfallartig das Direktmandat streitig machten und ihn zur Seite
schoben. Diese Verletzung, überflüssig und dumm, trieb Paul Selders aus
der Kommunalpolitik.
Als er seinen 70. Geburtstag in einer Gaststätte „groß“ feierte, da war
das Verhältnis zu den meisten seiner „Freunde“ aus den 80er-Jahren
wieder im reinen. Er war voller Lebensfreude, obwohl er zu diesem
Zeitpunkt vielleicht ahnte, daß eine Tod bringende Krankheit von ihm
Besitz ergriffen hatte. Der Autor dieser Zeilen war an Paul Selders´
Ehrentag in Rom und rief ihn abends aus dem Windschatten von St. Peter
an: „Schöne Grüße vom Papst“. Paul, der so gerne lachte, war für einen
Scherz immer zu haben.
Durch den frühen Tod seiner Frau Maria († 1993) zunächst aus dem Tritt geraten, hatte er gegen Vereinsamung angekämpft. Die Beschäftigung mit der Heimatgeschichte und mit seiner beeindrukkenden Ahnentafel half ihm über den Tag hinweg. Unsere Besuche auf dem Hölzerthof wurden häufiger, die Gespräche gingen tiefer.
Paul Selders mit seiner Frau Maria. Links: > Karl Dingermann.
Ende 1997, die Krankheit hatte ihn schon gezeichnet, fragten wir ihn,
wie er heute über das Leben jetzt und später denke. Paul war erfüllt von
der Zuversicht, nach dem Tod das größte Geheimnis seines Glaubens, die
Auferstehung, zu erfahren. Er verehrte die Gottesmutter aus voller Seele
und zählte, als Wettener, zu den zuverlässigsten „heimlichen“
Beschützern des Wallfahrtsortes Kevelaer.
In Agnes Hoffmanns aus Twisteden fand Paul Selders, inzwischen schwer
erkrankt, einen neuen Mittelpunkt für sein Leben. Um dem Kranken
Strapazen zu ersparen, kam der Standesbeamte auf den Hülshorsthof und
vollzog dort im Dezember 1997 die Trauung. Bereits gut ein halbes Jahr
danach - im Juli 1998 - starb er.
Die
Dorfbevölkerung nahm regen Anteil an der Enthüllung der
Bronzetafel mit den Wettese Knoase (1994).
Auf einer Bronzetafel im Dorfkern ist Paul Selders für alle Zeiten
präsent: Dort steht sein kleines Gedicht „Wettese Knoase“ zu lesen:
Wettese Knoase
In Wette sin de Knoase geck
se danze on se sprenge
hoch boven öwert Kerkendack
sin sei öhr Lied ant senge.
Van onder sog et üt näs Qualm
denn üt de Kerk koes komme
dröm gov die Feuerwehr Alarm
on woll dän Brant gaw stelle.
Wiej et Water spritzte hoch bis bowe
duw floge se gaw ütren die Knoase
sent dem hitten de Wettesen all
"de Knoasespeuters" öwerall.
Enthüllungsfeier 1994
mit
Festkettenträgerin Hedwig Vos und Adjutantin Lore Broeckmann.
*
Paul Selders Textstellen in der Kevelaerer Enzyklopädie: |
| Mathias Selders | |