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    SACHBEGRIFFE |
Pauen, Dr. Werner

Medizinaldirektor im Kreis Kleve | * 1921 | † 2010

Dr. Werner PauenIn seinem Elternhaus war die Marienverehrung Teil des täglichen Lebens. Der Vater, bereits 43 Jahre alt bei Werners Geburt, Kommunalbeamter in Neuss unter Kaiser Wilhelm II., und die sehr viel jüngere Mutter behielten ihre Zuversicht auch dann noch, als der einjährige Werner nach einer Pockenerkrankung ohne Bewusstsein auf Leben und Tod lag. Die Ärzte hatten das Kind aufgegeben, und einer sagte: „Das hängt jetzt nur noch von dem da oben ab“. Vater Pauen setzte sich in den Zug und pilgerte - es war das Jahr 1922 - nach Kevelaer. An der Gnadenkapelle betete er und fuhr noch am selben Tag zurück nach Neuss. Abends schlug das Kind seine Augen auf, Werner wurde gesund. 

In der Familie Pauen hat es nie einen Zweifel gegeben, wem die Rettung des Kindes zu verdanken war.

Nach dem Abitur (1940) wurde Werner Pauen zum Reichsarbeitsdienst und wenig später zur Wehrmacht eingezogen. Er kam nach Wien, wo Pauen, der eigentlich Theologie, nun aber Arzt werden wollte, zu den Sanitätern stieß. Der Überfall Hitlers auf Russland war noch nicht bekannt, als Pauens Einheit von Wien nach Osten bis in die Ukraine auf den Weg geschickt wurde. Wenige Wochen später lernte Pauen Russland als Schlammwüste, kurz darauf in der Nähe des Schwarzen Meers als Eiswüste kennen. Pauens Einheit zog tiefer in die russische Weite, zeitgleich mit der 6. Armee von General Paulus, die sich auf Stalingrad zubewegte. Pauen und seine Kameraden bogen ab in Richtung Kaukasus.

Ab 1943 ging es nur noch rückwärts, zum Glück auch für Werner Pauen, dessen Einheit heim ins Reich nach Essen-Kupferdreh verlegt wurde, um der ausgebombten Bevölkerung zu helfen. Der Sanitäts-Eisenbahnzug mit Operationswagen, ein mobiles Notkrankenhaus, fuhr von Essen aus überall dorthin, wo die Not am größten war. 
Und noch einmal ging es für Pauen nach Russland. Mit drei Verwundeten lag der Sanitäter 1944 in einem Trichter, der von russischen Granatwerfern beschossen wurde. Die Einschläge kamen präzise immer näher. Der siebte Einschlag traf bereits den Rand des Trichters. „Da habe ich angefangen laut zu beten, und die anderen beteten mit: Unter Deinem Schutz und Schirm ...“ - „Das Feuer hörte auf, wir konnten in der Dunkelheit aus dem Trichter klettern und entkommen.“ Pauen, nun zum zweiten Mal vor dem Tod gerettet, hat später seinen sechs Kindern den Zusatznamen Maria geben.

Nach weiterem Fronteinsatz in Polen wurde die Einheit mit Werner Pauen nach Emmerich verlegt. Die linke Rheinseite war bereits in der Hand der Engländer und Kanadier, weiter nördlich tobte die Schlacht um Arnheim. Pauen musste als Sanitäter einen Trupp von 15 Mann begleiten, der nachts in Schlauchbooten über den Rhein paddelte, um feindliche Stellungen auszukundschaften. Bei Warbeyen stießen sie auf ein Gehöft, in dem sie schlafende Kanadier aufschreckten, die sich in die Dunkelheit flüchteten. Ohne Verluste kehrte der Stoßtrupp nach Emmerich zurück. Pauen hatte, was ihm später beinahe zum Verhängnis werden sollte, aus dem Bauernhof zwei Stückchen kanadische Seife mitgehen lassen.

Mitte April - Sanitäter Pauen war beim Häuserkampf in Herne eingesetzt - wurde er von zwei US-Soldaten gefangen genommen. Die Hölle tat sich für ihn in Rheinberg auf: Ende April 1945 betrat Pauen eine nasse Wiese in Rheinberg im berüchtigten Kriegsgefangenenlager, das bald zur Schlammwüste wurde. Zwei Kekse und ein Löffel Spinat - die tägliche Essensration. Mit Blechdosen gruben die Gefangenen Löcher in die Erde, um sich zu schützen. Wer floh, wurde wie Wild abgeschossen. (Die KB-Serie „Blutiger Winter“ geht auf das Lager später ein.)

Nach 14 Tagen wurden Pauen und neun andere Sanitäter aus dem Lager geholt und nach Mönchengladbach gebracht, wo ein großes US-Lazarett in Zelten aufgebaut werden sollte. Bei Aldekerk warf Pauen einen Zettel vom Lkw, auf den er die Adresse seiner Eltern und diese Notiz gekritzelt hatte: „Kriegsgefangenennachricht! Habe Krieg überlegt, bin in amerikanischer Gefangenschaft.“ Ein älterer Mann hob den Zettel auf und radelte tatsächlich am nächsten Tag zu Pauens Eltern nach Neuss. Im Oktober 1945, mit Auflösung des Lazaretts, schlossen ihn seine Eltern in die Arme.

Medizinstudium, Heirat mit seiner Frau Liesel, Doktorarbeit und Qualifizierung zum Amtsarzt bestimmten seine ersten zehn Jahre nach Kriegsende. Als Amtsarzt in Schleiden lernte er Dr. Gustav Mertens kennen, der hier - nach seiner Pensionierung als Oberkreisdirektor des Kreises Geldern - die kommissarische Leitung übernommen hatte. Mertens machte Pauen auf Geldern aufmerksam, wo die Stelle des leitenden Amtsarztes besetzt werden sollte. 

Im Oktober 1972 trat Pauen als Leitender Medizinaldirektor im Kreisgesundheitsamt in Geldern seinen Dienst an. Nach der Kreisneugliederung (1975) blieb er für den Altkreis zuständig, während sein Kollege Dr. Capelle für den Nordkreis verantwortlich war. Das änderte sich auch zunächst nicht, als Dr. Besse ins Klever Kreisgesundheitsamt nachrückte. 1978 - nach Besses Pensionierung - übernahm Pauen die Gesamtleitung für den Kreis Kleve, bis er 1985 selbst in Pension ging. Weil sein Nachfolger Dr. Wennekers mit 46 Jahren plötzlich starb und Pauen der einzige Arzt mit Amtsarztqualifikation im Kreis war, half Pauen anschließend bis zur Neubesetzung mit Dr. Ries stundenweise aus. 

1987 zogen Liesel und Werner Pauen von Geldern nach Kevelaer um, wo sie in der Humboldtstraße einen Bungalow gebaut hatten. Zehn Jahre später verstarb Pauens Frau. „Ich freue mich über jede Stunde, die ich mit ihr zusammen war.“

2002 wurde Pauen zum 50-jährigen Arztjubiläum von der Ärztekammer geehrt. Im selben Jahr zerstörten Rowdys den Schriftzug „Haus Christoph“ an seinem Haus. „Wir hatten ihn schon an unserem ersten Haus in Schleiden angebracht - zur Erinnerung an unseren Sohn Christoph, der im Alter von vier Jahren tödlich verunglückt ist“, sagte der Mediziner. Er selbst starb im Mai 2010.

© Martin Willing 2012, 2013