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Oratorianer

Mit der Wallfahrtsleitung beauftragte Patres aus Mecheln

Vier Jahre nach der 1642 entstandenen Wallfahrt zur Trösterin der Betrübten: Der zuständige Bischof von Roermond musste handeln. Denn am äußersten Rand seines Bistums, in dem Dörfchen Kevelaer, ging es offenbar drunter und drüber. Der immer größer werdende Strom von Pilgern musste kanalisiert werden. Der örtliche Pastor brauchte dringend Unterstützung durch Geistliche.

Die Oratorianer vom Mutterhaus in Mecheln hatten bereits Erfahrungen in einem aufstrebenden Wallfahrtsort gesammelt, nämlich in Scherpenheuvel (heute Belgien), dessen Gnadenbild zur „Mutter“ des Gnadenbilds von Luxemburg geworden war. Und das Bildchen von Kevelaer war ein Abbild der Luxemburg-Madonna.

Auf Anraten des Erzbischofs von Mecheln, Jac Boonen, und auf Veranlassung des ernannten Bischofs von Roermond, Hendricus Calenus, reiste im April 1646 Generalvikar Anton Bossmann (Bosman) von Roermond nach Kevelaer, um hier Patres des Oratoriums des Herrn Jesus der Erzdiözese Mecheln einzusetzen. Die Zulassungsurkunde, abgesegnet durch das Domkapitel von Roermond, bestimmte: Die nach Kevelaer zu schickenden Oratorianer sollten die Kevelaer-Wallfahrt „in derselben Weise, Form und Bedingung“ führen wie die Oratorianer des Philipp Neri in Scherpenheuvel.

Als „Vorhut“ schickte der Bischof die beiden Priester Laurentius Veraegten und Ludwig van Omel, die im April 1646 in Kevelaer ankamen. Zwei Tage nach ihrer Ankunft wurde Christian de Cort, Superior des Oratoriums in Mecheln, offiziell in den Besitz der Wallfahrtskirche (der bereits erstellten Kerzenkapelle) eingesetzt - ein feierlicher und juristisch bedeutsamer Akt, dem von Seiten der Kirche der Vorsitzende des bischöflichen Gerichts in Roermond, der Dechant des Dekanats Geldern, die Pastöre Henricus van Wetten (Kevelaer) und Wilhelm Heys (Twisteden) sowie der bisherige Wallfahrtsvikar, Mathias Ramaeckers, beiwohnten. Von weltlicher Seite gehörten die Kevelaerer Schöffen Jan Holtappels und Jan Reynders sowie die Kapellenmeister (Küster) Hendrik Cautmans und Geurt Reynders dazu.

Wo wohnten die beiden nun ständig in Kevelaer eingesetzten Patres Veraegten und van Omel? Das erste und vielleicht einzige Gasthaus am Platze war das von Geurt (Gottfried) Reynders, dort gelegen, wo heute Alt Derp (Stassen) steht. Die Familie Reynders nahm die Oratorianer auf, die hier bis Anfang Mai wohnten. Dann zogen sie um in eine benachbarte Behausung direkt an der Südseite der St.-Antonius-Kirche. Die Pfarrkirche war erst 1620, also 26 Jahre zuvor, fertig gestellt worden. In der „Halle“ an der Kirche hatte bis dahin der Geistliche Mathias Ramaeckers gewohnt, der dem Pastor von Kevelaer, Henricus van Wetten (1645-1649), als Wallfahrtsvikar zur Seite stand. Vermutlich handelte es sich bei dem Kirchanbau um einen Raum für den Schulunterricht. In dem - so dürfen wir annehmen - zur Wohnung umfunktionierten Klassenzimmer übernachteten die beiden Patres länger als ein Jahr, nämlich bis Mitte Juni 1947. An jenem Tag wurden die ersten Zellen im neuen Kloster (Priesterhaus) bewohnbar und von den Oratorianern bezogen.

Der Bau des Klosters war durch Spenden finanziert worden. Für den täglichen Unterhalt der Patres hatte ihnen ihr geistlicher Mitbruder Mathias Ramaeckers vor seinem Wegzug von Kevelaer im Auftrag des Bischofs umgerechnet 100 Reichstaler zugesprochen - eine Menge Geld, das Ramaeckers zum Teil in Fremdwährung auszahlen musste, weil er nicht genug Münzen auftreiben konnte, die hier gültig waren.

Foto zeigt Oratorianer ClemputteDie Oratorianer-Patres wirkten in Kevelaer bis zur Zwangsauflösung des Klosters in der französischen Besatzungszeit (1802). Melchior van Clemputte, der letzte Oratorianer-Vorsteher, der zugleich Pastor von St. Antonius Kevelaer war, durfte nach der Klosterauflösung sein Pfarreramt weiter ausüben, was er bis 1817 tat.

Melchior van Clemputte.

Der letzte in Kevelaer lebende ehemalige Oratorianer war der Geistliche Melchior Laureys, der in Kevelaer als 90-Jähriger Ende 1851 starb.

© Martin Willing 2012, 2013