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Verfasser von über 50 Romanen, darunter "Kevelaer" | * 1855 | † 1933
Lauffs
Vater, der Notar Johann Peter von Lauff, wurde 1858 nach Kalkar
versetzt. Hier erlebte der junge von Lauff seine Jugend, besuchte ab
1868 ein Gymnasium in Münster (1876 Abitur), trat in den Militärdienst
ein und war in Köln, Berlin und Thorn/Ostpreußen stationiert. 1882
heiratete er eine Tochter des Kölner Großindustriellen Wilhelm Anton
Hospelt.
In Thorn verfasste von Lauff sein erstes Werk „Jan van Calker“ (1887).
In rascher Folge entstanden nun unter anderem Romane, die von Lauff im
Rheinland berühmt machten. Er wurde einer der bekanntesten
Schriftsteller im deutschen Kaiserreich, und er erwarb zudem den Ruf,
der literarische Entdecker der niederrheinischen Landschaft und ihres
Volkstums zu sein, wenngleich seine Dichtkunst unterschiedlich bewertet
wurde.
In seinem Kevelaer-Roman (1910), dessen Handlung Anfang des 20.
Jahrhunderts spielt, dramatisierte von Lauff eine fiktive
Auseinandersetzung „reformfreudiger Katholiken“ mit der als
reformunfähig gezeichneten römisch-katholischen Kirche. Wofür von Lauff
seine Romanhelden kämpfen ließ, hatte mit der katholischen Kirche nicht
mehr viel zu tun. Den Gnadenort Kevelaer stellte er als einen Geschäfte
machenden Markt dar, über den „die Mutter Gottes […] Tränen aus ihren
lieben Augen“ vergoss - „aber sie mußte alles über sich ergehen lassen,
denn fanatisches Menschenwerk und die Dogmen der Priester sind stärker
als göttliche Satzung.“
Der Dichter zeichnete von Kevelaer („Ein Fieber ging von ihm aus“) ein
realitätsfernes Zerrbild, das bei Erscheinen des Romans heftige,
ablehnende Reaktionen auslöste. Er griff im Kevelaer-Roman besonders
auch das Unfehlbarkeitsdogma (1870) an.
Von Lauff war durch und durch vom preußischen Kulturkampf geprägt,
dessen Überwindung in der Zeit nach Bismarck der Dichter nicht
mitvollzogen hatte. Während am Niederrhein von Lauffs Roman auf scharfe
Ablehnung stieß, wurde er von nichtkatholischer Seite mit Lob und
Beifall bedacht. Sein Roman spielt in der Kevelaer-Literatur keine
bedeutende Rolle mehr, so wie von Lauffs Gesamtwerk mehr und mehr in
Vergessenheit gerät.
Josef von Lauff ist Ehrenbürger der Stadt Kalkar, wo er auch begraben
ist.
Der frühere Kaplan von St. Marien Kevelaer, Markus Trautmann, befasste
sich mit diesem Roman und dem Schriftsteller im Herbst 2010 in der
Kirchenzeitung "kirche+leben". Trautmann schrieb u.a.:
Jenseits der Berge
– damit ist der "Ultramontanismus" als bedeutsame Strömung im
politischen Katholizismus jener Jahre gemeint. Zugleich wird der innere
Konflikt angedeutet, in dem sich die Katholiken zwischen Staat und
Kirche befanden. Von daher wird auch deutlich, dass der Roman "Kevelaer"
weniger religiös als vielmehr national motiviert mit der Kirche ins
Gericht geht. Es ist eine vergiftete gesellschaftliche Atmosphäre,
welche die Handlung des Romans "Kevelaer" von Joseph Lauff atmet.
(...) Vor einigen Jahren hat sich der in Kevelaer lebende
Kirchenhistoriker und frühere Verlagsgeschäftsführer Dr. Gerhard
Hartmann mit dem Werk Lauffs eingehend beschäftigt – auch in der
Absicht, möglicherweise "Kevelaer" noch einmal neu herauszubringen.
Seine Einschätzung fiel ernüchternd aus: Zwar biete der Roman
"ansprechende Landschafts- und Detailschilderungen, die einem Kevelaerer
durchaus nahe gehen. Eine besondere literarische Qualität erreichen sie
aber keineswegs, dazu war Lauff ein viel zu sehr produzierender
Erfolgsautor der damaligen Zeit, der fast jährlich einen Roman
herausgebracht hat, von denen heute niemand mehr einen kennt – mit
Ausnahme des spezifischen Kevelaer-Romans."
(...) Der Roman "Kevelaer" thematisiert nicht nur die Spannungen zwischen preußischem Staat und katholischer Kirche, sondern beschreibt zugleich die damals virulenten innerkirchlichen Auseinandersetzungen zwischen "Reformkatholizismus" und "Integralismus". Letzterer wollte alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, zumindest unter Katholiken, den Weisungen der Kirche unterordnen, während der Reformkatholizismus (fälschlich als "Modernismus" bezeichnet) die Öffnung zur Gesellschaft anstrebte. Auch der Held im Roman wird als Sympathisant des Reformkatholizismus geschildert. "Lauff tut dies nicht aus seiner inneren Überzeugung heraus", urteilt Gerhard Hartmann, "sondern ganz und gar aus spät-kulturkämpferischer preußischer Staatsverehrung heraus, was ja als Günstling Wilhelms II. nahe liegend ist. Somit erfährt dieser innerkatholische Diskurs bewusst eine politische Note."
(...) Ein Resümee zum Buch nach 100 Jahren, zumal in Kenntnis der nachfolgenden Geschichte? Der dort pathetisch beschworene Loyalitätskonflikt zwischen Papst und Kaiser erledigte sich mit dem Untergang des Kaiserreichs.
Veröffentlichungen
(Auswahl):
„Jan van Kalkar“ (1887), „Kärrekiek“ (1901), „Pittje Pittjewitt“ (1903),
„Frau Aleit“ (1905), „Die Tanzmamsell“ (1907), „Schnee“ (1907),
„Kevelaer“ (1910), „Die Brinkschulte“ (1913), „Sinter Klaas“ (1921),
„Die Seherin von der Getter“ (1923), „Volk ohne Ehre“ (1923), „O du mein
Niederrhein“ (1930), „Spiegel meines Lebens“ (1932), „Die Heilige vom
Niederrhein“ (1933).