Kröll, Inge
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Festkettenträgerin in Wetten | * 1938
Festkettenträgerin Inge Kröll
(l.) und ihre Adjutantin und Freundin Evi
Peters.
Den Staffelstab, so sagte Wettens Geselligen-Chef Lambert
Janshen im Jahr 2007, gab der Kirchenchor Cäcilia Wetten an den
Sportverein Union weiter - und der schaffte, wovon Kevelaer nur träumen
konnte: Zum dritten Mal hintereinander trug eine Frau die Festkette der
Dorfgemeinschaft: Inge Kröll.
Zunächst hieß es beim Heimatabend in Wetten Abschied nehmen. „‘Vier von
Cäcilia - Singen verbindet‘, das ist Wirklichkeit geworden“, sagte der
Präsident der Geselligen Vereine und lobte Festkettenträgerin Käthi
Hußmann, ihren Adjutanten Hans-Peter Selders sowie den ganzen
Kirchenchor. „Es war ein ganz tolles Jahr, an das ich noch lange
zurückdenken werde“, versicherte die scheidende Festkettenträgerin.
Die Spannung stieg im voll besetzten Knoase-Saal. Sollte es zum dritten
Mal in Folge eine Frau werden, und dann noch als Vertreterin eines alles
in allem von Männern dominierten Sportvereins? Eine Dame und zwei Herren
waren in die enge Wahl gekommen. Das wussten alle. Mehr nicht. Und so
machte Willi Heuvens, Vizechef der Union, es ausgesprochen spannend. Er
erklomm die Bühne und begann, den Abend der Jahreshauptversammlung im
Februar zu rekonstruieren, dann stellte er die drei Kandidaten in aller
Ausführlichkeit vor, als sei das Trio noch komplett im Rennen.
Sicher war immerhin so viel: Alle drei waren herausragende
Persönlichkeiten. „Für uns stand fest“, sagte Heuvens und machte eine
Kunstpause, „entweder wird es eine Frau oder ein Mann...“ Und dann ging
es ganz schnell: „..Ladys first, Inge Kröll!“ Ohne Verzug brandete
Beifall auf, niemanden hielt es auf seinem Platz.
Dem Applaus sei nicht viel hinzuzufügen, sagte Lambert Janshen. Und
schon schwoll das Klatschen wieder an, als die Proklamierte aus dem
größten Verein Wettens verriet, wer ihr zur Seite steht. „Wir sind
zusammen zur Schule gegangen, wir sind Freundinnen von Kind an, und
deshalb möchte ich sie an meiner Seite haben.“ Mit dieser Beschreibung
stellte sie ihre Helferin vor: Evi Peters.
Mit dem Heimatlied „Ek sin all völ gefahre, dör‘t Leven op on neer!...“
ging es weiter.
Der Gesang des altvertrauten Lieds gelang bestens, nachdem das
Heimatquiz zuvor die „Hirnmuskeln“ hatte schwellen lassen. Wie viele
Abteilungen hat der Sportverein? Wie viele Liter Cillichörchen wurden
während der Kirmes getrunken? Und wie viele Pfeifen hat die Orgel in der
Kirche? Ob man die Pfeifen, die vor der Orgel stünden, mitzählen müsse,
fragte jemand in den Saal.
Die Tanz-Sisters brachten mit flottem Schwung die Bühne zum Beben. Und
dann warnte der glänzend aufgelegte Moderator Heiner Vos das Publikum
für die folgende Nummer vor Nachahmern. 20 Mädels im Alter von sieben
bis 14 Jahren aus dem eigenen Nachwuchs fietsten ‚leichtfüßig‘ auf
Einrädern in den Saal. Oben auf der Bühne angekommen, zeigten sie Runde
um Runde Können und Kunstfertigkeit. Sie ernteten einen dicken Applaus.
Und auch Simon und Eva Janshen, Jos van Husen und Jannick Hornbergs, die
die Gäste mit Gedichten auf „Wettes Platt“ erfreuten, wurden beklatscht.
Toll - wie sie das Plattdeutsch beherrschen.
Fast tausend Mitglieder zählt der Sportverein Union Wetten. Damit ist er
die mitgliederstärkste Gemeinschaft des Dorfs.
Inge Kröll, die Festkettenträgerin, und Evi Peters, ihre Adjutantin,
sind seit 1948 eng befreundet. Die kleine Evi, geboren im März 1938, war
1948 neu in der Volksschule in Wetten. Ihre ersten zehn Lebensjahre
hatte sie mit ihrer niederländischen Mutter in Osterblokker in
Nordholland gelebt. Der deutsche Vater war früh eingezogen worden. „Ich
habe ihn kaum gekannt.“ Nach dem Krieg, 1948, mussten alle Deutschen das
Land verlassen. Die Familie zog mit dem Vater nach Wetten. In einer
Schulpause stand Evi abseits von den anderen. „Ich kam mir verloren vor.
Ich sprach kaum ein Wort Deutsch.“ Inge Kröll, geborene Hekerens,
Jahrgang 1938, erinnert sich: „Evi war ganz allein.“ Inge ging
mitfühlend und unbefangen auf Evi zu. „Komm, du gehörst jetzt zu uns!“
An dem Tag begann ihre Freundschaft. Beide schlossen die Volksschule ab,
beide begannen eine kaufmännische Ausbildung, beide lernten bei
Fehlemann. Evi blieb nach der Lehre und wechselte später zu Metallbau
Paul Jansen. Inge wechselte nach der Ausbildung auf eine kaufmännische
Stelle am Amtsgericht in Geldern. Sehr lange blieb sie nicht...
Von Kindesbeinen an kannte sie Matthias Kröll. Er hatte
mit seiner Familie, darunter zwei Brüdern, an der Hauptstraße in Wetten
im selben Haus gewohnt - die Krölls oben mit drei Jungen, die Hekerens‘
unten mit Inge. Sie war „die Kleine“ - und, als sie beim Amtsgericht
arbeitete, bald auch Matthias Krölls Frau.
Bis 1963 blieb sie in Geldern. „Da kam unser erster Sohn.“ Sie widmete
sich ihrer Familie, die sich im Haus der Eltern Hermann und Gertrud,
geborene Vrede, ansiedelte. Die hatten 1956 an der Grünstraße, damals
vor dem Dorf „in Schopps Weij“, neu gebaut.
1963 war ihr Mann bereits seit einem Jahr Vorsitzender des Sportvereins,
der eine Menge Angebote für Jungen und Männer bereit hielt. „Für Mädchen
und Frauen gab es nicht viel“, sagt Evi Peters. Inge Kröll und sie
zählen zu den Mitgliedern, die 1966 die Gymnastikabteilung der Union
gründeten. Inge Kröll erarbeitete sich einen Übungsleiterschein,
unterrichtete und führte die Abteilung bis zu ihrem 60. Lebensjahr.
Inge Kröll hat während ihrer Zeit in der „Union“ ein Stück
Dorfgeschichte mitgestaltet und mitgeschrieben. „So ein Sportverein ist
eine tolle Sache“, sagt sie - für die körperliche Ertüchtigung, den
Gemeinschaftssinn, die Geselligkeit und für den Fangeist…