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    SACHBEGRIFFE |
Kröll, Albert

Ein Tischler aus Wetten | * 1935

Albert Kröll am ArbeitsplatzEs wird weit und breit nicht viele Männer geben, die sich in der Küche so gut auskennen wie Albert Kröll: Sein Traumreich sind allerdings nicht Töpfe und Suppentassen, sondern Tische, verzwickte Nischen und alles, was man in der Küche an Mobiliar gebrauchen kann.

Albert Kröll an seinem Arbeitsplatz (1991).

47 Jahre lang baute er sie zusammen, und genau so lange ist er demselben Betrieb treu geblieben: Küchenstudio Rennings in Wetten. Im November 1999 wurde der Ruheständler von Rennings verabschiedet.

Als Lehrjunge hatte es Albert Kröll, der seine Arbeit am liebsten mit Bedacht tat, zeitweise faustdick hinter den Ohren: „Wir haben viel Blödsinn gemacht...“, erzählt er in einem Gespräch und kann sich einen steigernden Nachsatz nicht verkneifen: „...alles, was Gott verboten hat“.

Ein bisschen Ausgleich musste sein, es waren schwere Zeiten. Albert Kröll erinnert sich genau, wie er damals zu seiner Lehrstelle gekommen ist. Seine Mutter war 1951 bei Nacht und Nebel zu Jakob Rennings aufgebrochen, um einen Ausbildungsplatz für ihren Sohn zu erbitten. Es gab kaum Angebote, 90 Prozent der „Azubis“ blieben im Schusterdorf Wetten bei den Leisten: „Und das lag mir nicht. Ich wollte Schreiner werden“. Der 15-jährige Albert hatte in der Familie gewichtige Vorbilder: „Drei Onkels waren Schreiner“. Ihre Liebe zum lebendigen Werkstoff Holz hatte sich der Neffe zu eigen gemacht.

Von dem nächtlichen Bittgang seiner Mutter durfte im Dorf niemand etwas erfahren. Der große Stellenklau ging um: Arbeitsplätze waren so rar, dass einer sie dem anderen ohne Skrupel vor der Nase wegstahl. Durch einen solchen Klau verlor Krölls spätere Frau „Mäus“ ihre Ausbildungsstelle; doch seine „bessere Hälfte“ hat an die Jahre damals auch schöne Erinnerungen. So baute ihr der angetraute Albert eine maßgeschneiderte Küche, die erste weit und breit, die nicht mehr Griffe an den Laden hatte, sondern Leisten.

Mäus Kröll spricht liebenswert von ihrer ersten „Alibert-Küche“, nicht als Reminiszenz an gleichnamige Schränkchen, sondern an ihren Albert.

Mit handwerklichem Geschick allein gab Kröll sich schon vor Jahrzehnten nicht zufrieden, er wollte weitere Qualitäten für die Firma einsetzen, machte Ende 1962 seinen Meister. Und mit dieser Ausstattung hat Albert Kröll buchstäblich „alle Anforderungen gemeistert“, sagt Walter Rennings. Er vertritt die dritte Generation, bei der Kröll seine guten Dienste leistete.

Selbst 47 Jahre nach seinem Eintritt bei Jakob Rennings kann er sich keinen anderen Beruf vorstellen, in dem er so viel Freude gehabt hätte - obwohl sich vieles gewandelt hat. Neben dem Holz wird viel Kunststoff verarbeitet, „die Lehrlinge lernen nicht mehr soviel wie früher“, weil sich Anforderungen und Technik verändert haben. Während seines ganzen Berufslebens hat er sich nicht nur die Freude an der Arbeit bewahrt, sondern - etwas makaber, aber für einen Tischler keineswegs selbstverständlich - auch alle zehn Finger. Die Sägemaschine kam ihm nie zu nah, wie er es bei seinem ersten Chef Jakob Rennings hatte erleben müssen, bei einer kleinen Unachtsamkeit, weil Hektik ausgebrochen war...

Albert Kröll packte lieber alles mit Ruhe an, zwingen, meint er, lässt sich sowieso nichts. Das trifft auch auf sein liebstes Hobby zu, das er schräg gegenüber in seinem Heim an der Franz-Terhoeven-Straße ausübt: Blumenzüchten.

© Martin Willing 2012, 2013