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Dondert, Niers, Rhein
Hochwasser, Überschwemmungen, extremer Frost und Wetterchaos - nichts
Neues für die Niederrheiner. Im Januar 1703 trat die Niers über die Ufer
und ihr Wasser überschwemmte weite Landstriche - ein Glücksfall für die
Festungsstadt Geldern, denn der maître de camp, Don Domingo de
Betis, ihr Befehlshaber, hätte die Stadt gegen die 2000 Soldaten der
Generalstaaten unter ihrem Anführer Fagel nicht verteidigen können. Die
Belagerer versackten im Schlamm und konnten nicht nah genug an die Festung
herankommen. Das Hochwasser der Niers bewahrte die Stadt - wenigstens in
jenen Tagen - vor Schlimmerem.
Gleichwohl blieben die jährlichen Niers-Überschwemmungen in
Friedenszeiten ein Unglück, besonders für Landwirte und Mühlenbetreiber.
Der 1770 gebaute Nierskanal brachte Abhilfe: Führte der Fluss zuviel
Wasser, wurde es nun über den Kanal in die Maas abgeleitet werden.
Dieser Nierskanal hatte Konsequenzen auch für den Wasserhaushalt in
Kevelaer, denn von ihm wurde die Dondert abgeschnitten, die daraufhin zu
einem Bächlein wurde, was sie bis heute geblieben ist.
In den Jahren 1801 und 1809 traten - trotz allen Hochwasserschutzes -
gewaltige Überschwemmungen im Niersgebiet ein. 1816/17 sorgte der
pausenlose Regen für dramatische Missernten, die in Kevelaer eine
regelrechte Hungersnot auslösten. Und auch die Dondert-Anlieger mussten
- wie heute - bei extremer Wasserführung mit dem Schlimmsten rechnen. Im
Winter 1880/81 wurden Dondert-Anlieger so heftig betroffen, dass für die
Notleidenden sogar gesammelt werden musste, wie wir einer Anzeige im KB
entnehmen:
Kevelaerer
Krieger-Theater im Saale des Herrn H. Reffeling.
Sonntag, 2. Januar 1881. Es kommt zur Aufführung: Wurst wider Wurst.
Lustspiel in fünf Acten von Joseph Becks. Hierauf: Lebende Bilder.
Kassenöffnung 6 Uhr. Anfang 7 Uhr. Entree a Person 40 Pfg. Der
Reinertrag ist zum Besten der Ueberschwemmten an der Dondert. Die
Direction.
Winterliches Hochwasser weichte 1881 den Boden so stark auf, dass das
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Kroatenkreuz am Leutgraben der „Scherreskathe“ umkippte. Extremes
Rhein-Hochwasser mit schlimmen Folgen für den heutigen Kreis Kleve trat
1919 und 1926 ein. In jenem Kastrophenjahr 1926, als Rhein und Maas über
die Ufer traten, wurden niederländische Dörfer zu Inseln in einer
Wasserwüste. Das KB schrieb:
Gegenwärtig herrscht eine so große Erwerbslosigkeit, wie sie unser Vaterland noch nie gekannt hat. Zu diesem Elende hat eine furchtbare Hochwasserflut ganze Strecken des Landes heimgesucht, und gerade unser Niederrhein hat darunter schwer gelitten.
Nicht
Hochwasser, sondern anhaltender, klirrender Frost bescherte dem
Niederrhein im Januar und Februar 1929 ein überaus seltenes
Naturereignis: Der Rhein fror zu. Ostwind hatte seit Tagen für
klirrenden Frost in der Region gesorgt. Bald bildeten sich auf Kolken
und Meeren dünne Eisdecken, die täglich fester und dicker wurden. Im
Rhein begann das Wasser zuerst zwischen den Kribben und Sandbänken vom
Uferrand her zu gefrieren. Der Strom führte Treibeis. Nach wenigen Tagen
sah man kein Schiff mehr.
Dann kam der Februar. Anneliese Etz-Koch über den Eisgang in Rees:
Als wir […] den gewohnten Gang zum Rhein machten, bot sich uns der Anblick einer riesigen starren Eis- und Schneewüste. Der Rhein „stand“. […] Die Unbeweglichkeit des Eisfeldes war gewaltig. Man konnte nicht glauben, daß unter der Starre das Wasser noch floß. Es dauerte jedoch noch mehrere Tage, bis wie ein Lauffeuer die Kinde sich bereitete: „Der Rheinübergang wird freigegeben. Heute mittag reitet der Reiterverein über den Rhein. Die städtischen Arbeiter haben eine Straße gebahnt.“ Das war aber auch notwendig gewesen, denn die zum Teil meterdicken Eisschollen hatten sich nicht nur aneinander, sondern stellenweise auch übereinander geschoben.
Der zugefrorene Rhein war für das ganze Land die Attraktion des Jahres. Sie war von kurzer Dauer:
An einem der nächsten Abende gegen neun Uhr beginnt ein Rufen und Laufen auf der Straße, als wäre die ganze Stadt unterwegs. Die Glocken läuten, […] Und da hören wir es auch schon, das Rufen und Schreien: „De Rhin krüjt! De Rhin krüjt!“ Gleichzeitig hören wir […] ein gewaltiges Brausen und Donnern in der Luft, vermischt mit aufgeregten Rufen der Bürger und dem Gekrächze der Dohlen. […] Wahrhaftig! Da strömt er wieder, die gewaltige Strom! Die Fahrrinne ist schon meterbreit. Die Gewalt der drängenden Eismassen ist so groß. (Anneliese Etz-Koch, Der gefesselte Strom. Eisgang in Rees 1929. In: Kalender für das Klever Land 1984, ab S. 100)