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Traktat von Venlo | unterzeichnet am 7.9.1543
Er war ein historischer Wendepunkt in der heimischen Geschichte - der Friedensschluss vom 7. September 1543, den man auch "Traktat von Venlo" nennt: Das Gelderland wurde Teil der katholischen Niederlande und öffnete sich für die historischen Entwicklungen, die die Landkarte der Großregion um Rhein und Maas veränderten, darunter auch für das unbedeutende Heidedorf Kevelaer, wo 1642 die Wallfahrt entstehen sollte.
Kaiser Karl V.
Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg und Geldern-Zutphen hatte 1543 vor
der Übermacht des deutschen Kaisers Karl V. kapituliert und sich dem
neuen Landesherrn unterworfen. Damit hatte das Herzogtum Geldern
aufgehört, selbstständig zu sein.
Es
wurde nun als Provinz in das burgundisch-habsburgische Reich des Kaisers
eingefügt und geriet ab 1548 unter die Herrschaft des spanischen Königs
Philipp II., des Sohns des deutschen Kaisers. Philipp verwaltete das
frühere Herzogtum Geldern von Madrid aus.
König Philipp II.
♦ Frank Keverling Buisman führt zu dem Traktat von Venlo (1543) aus:
Der Monat September 1543 war für die
Geldrischen eine spannende und aufregende Zeit. Innerhalb weniger Wochen
verlor das Territorium seine Selbstständigkeit und wurde Teil eines
weitaus größeren Länderverbundes, des burgundisch-habsburgischen Reichs.
Es wurde gezwungen, einen neuen Landesherrn - in der Person Kaiser Karls
V. - zu akzeptieren. Auftakt zu den dramatischen Ereignissen war die mit
Zerstörungen einhergehende Eroberung des Jülicher Städtchens Düren durch
Karl V. am 22. August 1543; dieser stand an der Spitze eines
beeindruckenden Heeres von mehr als 40.000 Mann. Herzog Wilhelm von
Jülich-Kleve-Berg und Geldern-Zutphen fügte sich den Realitäten. Nach
Befragung der Delegierten all seiner Länder entschloss er sich, die
Forderungen Karls V. anzunehmen.
Am 7. September 1543 verzichtete er zugunsten des Kaisers auf seine
Ansprüche auf die Landesherrschaft über die beiden Territorien Geldern
und Zutphen. So endete der mehr als 70 Jahre dauernde Kampf um die
geldrische Erbfolge, die mit der Besatzung Gelderns durch Karl den
Kühnen 1473 begonnen hatte.
Frank Keverling Buisman, Der Frieden und das Traktat von Venlo (1543) und die Folgen für die Verwaltung von Geldern und Zutphen. In: Johannes Stinner/Karl-Heinz Tekath (Hrsg.), Gelre - Geldern - Gelderland, Geschichte und Kultur des Herzogtums Geldern, Geldern 2001, Verlag des Historischen Vereins für Geldern und Umgegend, S. 65.
Der Vertrag von Venlo hat nicht nur die Bildung eines niederrheinischen Staates verhindert, sondern auch dazu geführt, dass es für Herzog Wilhelm auf der europäischen Bühne gar keinen Platz mehr gab. Schließlich führte die verhältnismäßig schwache Regierung Wilhelms dazu, dass die noch bestehende Union der übrigen Herzogtümer (Kleve, Jülich und Berg) nach seinem Tod 1609 in nur wenigen Jahren völlig auseinander brach. (Buismann a.a.O., S. 66)
♦ Jean Real (Bild) schreibt zum gleichen Thema:
Sofort [nach dem Tod von Herzog Karl am 30.6.1538 nach einer fast 50-jährigen Regierung - Einschub von M.W.] bestieg Wilhelm als erwählter Herzog den geldernschen Herzogsthron und vereinigte, nach dem am 9. Februar 1539 erfolgten Tode seines Vaters Johann, die Länder Geldern, Jülisch, Cleve, Berg, Mark und Ravensburg unter seinem Szepter. Doch die Herrschaft über Geldern war nicht von langer Dauer, denn Karl V. machte seine Rechte auf Geldern geltend und erkannte den Herzog Wilhelm nicht an. 1543 rückte der Kaiser mit einer gewaltigen Armee siegreich über Düren, Jülich, Sittard, Roermind nach Venlo vor. Wilhelm gab nun jeden Widerstand auf, er unterwarf sich dem Kaiser und verzichtete auf Geldern und Zütphen in dem berühmten Frieden von Venlo am 12. September 1543. Geldern hörte hiermit auf, ein eigenes, selbständiges Herzogtum zu sein, es bildete von jetzt an eine Provinz der Niederlande. Fortan teilte es das Schicksal der Niederlande, die seit dem Jahre 1548 den "burgundischen Kreis" bildeten und so in Beziehungen zum deutschen Reiche blieben.
Jean Real, Das ehemalige Herzogtum Geldern, seine Entstehung und seine Grenzen [gedruckt 1929 bei Schaffrath in Geldern], Die Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Geldern und Umgegend, Unveränderter Nachdruck der Hefte 1 bis 54 (alles bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Erschienene), Erster Band, Geldern 1974, S. 27.
♦ Dr. Robert Plötz (Bild) fasst zusammen:
Seit dem Friedensschluß von Venlo (1543) war das Gelderland (...) politisch mit den burgundischen Ländern vereinigt, die der nachmalige römisch-deutsche Kaiser Karl V. (1519 bis 1556) 1506 von seinem Vater erhielt. Nach der Abdankung Karls V. fiel der ehemalige burgundische Reichskreis an die spanischen Habsburger. 1556 (bis 1598) tritt Philipp II. seine Herrschaft an, Brüssel wird zum weltlichen Zentrum der spanischen Niederlande und damit auch für das Oberquartier Gelderland. Mecheln bei Brüssel bildet als Sitz des Erzbischofs das geistliche Zentrum, wobei der Bischof von Roermond für das Gelderland und damit Kevelaer zuständig ist.
Robert Plötz, Die Wallfahrt nach Kevelaer - Ein Wallfahrtsort und seine Geschichte, Duisburg 1986 (Mercator-Verlag). S. 11.
♦ Dr. Robert Plötz führt aus:
Im Lauf seiner wechselvollen Geschichte kam das Herzogtum [Geldern] 1473 zum burgundischen Reichskreis. Unter Kaiser Karl V. verlor Geldern seinen Status als selbständiges Territorium (Vertrag von Venlo 1543) und wurde den spanisch-habsburgischen Niederlanden zugeschlagen. Im Zuge des spanischen Erbfolgekrieges eroberte Preußen 1703 einen Teil des Oberquartiers Geldern, der im Vertrag von Utrecht 1713 auch völkerrechtlich an Preußen abgetreten wurde. Seitdem gehörte Kevelaer zum preußischen Anteil des Herzogtums Geldern.
Robert Plötz, Unsere Heimat Nr. 2/1998.
♦ Bei Theo Bercker heißt es:
Durch den Traktat von Venlo im Jahre 1543 war das Herzogtum Geldern dem deutschen Kaiser Karl V., in dessen Reich die Sonne nicht unterging, zugefallen. Er wurde damit der zehnte Herzog von Geldern. Er vereinigte das Gelderland mit seinen Niederlanden, Geldern verlor seine politische Selbständigkeit. Karl V: dankte 1556 in Brüssel ab, die deutsche Kaiserwürde übertrug er seinem Bruder, der als Ferdinand I. fortan die Kaiserkrone trug. Sein Sohn Philipp aber erhielt mit der Krone Spaniens Neapel und Mailand die Freigrafschaft Burgund und die Niederlande: Damit war er gleichzeitig der elfte Herzog von Geldern. Karl V. zog sich nach seiner Abdankung in die Stille und Nähe des Klosters San Yuste in der spanischen Provinz Estremadura zurück, wo er 1558 sein sorgenreiches und kämpferisches Leben beschloß.
Theo Bercker, 400 Jahre Diözese Roermond, Geldrischer Heimatkalender 1959, S. 87 f.
♦ Bernhard Keuck berichtet über die Folgen:
Nur drei Jahre nach dem Frieden von Venlo, 1546, fordert in Geldern ein Plakat alle Juden auf, binnen eines Monats das Herzogtum zu verlassen. (...) Nachdem 1556 das Plakat noch einmal erneuert worden war, lässt 1570 Generalstatthalter Herzog Alba ein letztes Mal ein solches Verbot verkünden, da ihm zugetragen worden ist, dass sich in Zutphen ein Jude aufhält. Unnachgiebig macht er den Städten klar, dass sich Juden im Herzogtum Geldern nicht mehr aufhalten dürfen.
Bernhard Keuck, Die Juden im Gelderland bis zum Ende des Ancien Régime. In: Bernhard Keuck/Gerd Halmanns, Juden in der Geschichte des Gelderlandes, Geldern 2002, S. 19.