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Aussteiger aus Kevelaer | † 2000
In einer Kneipe in Windhoek, Namibia, hört der Schweizer Weltenbummler
Mario Richner von dem Kevelaerer Aussteiger Adolf Deininger. Mit einem
Handwagen macht sich der Abenteurer auf die Suche nach dem Deutschen.
Richner schickt einen Bericht ans Kevelaerer Blatt.
In ihm lesen wir, dass der Schweizer auf Holperpisten tagelang durch die
Wildnis marschiert, „wo barbusige Himbafrauen mit kunstvoll geflochtenen
Frisuren, ihre Kleinsten auf dem Rücken tragend, Milch zu Butter
schütteln und Kinder, nur mit einem Lendenschurz aus Ziegenleder
bekleidet, Vieh zu Weideplätzen treiben“. In der Nähe des Dorfes
Orowanjei findet er den „linksrheinischen Katholiken“, wie die Leute
Adolf Deininger in Windhoek nennen.
Für drei Monate schlägt Mario Richner sein Camp bei dem Kevelaerer auf,
der jetzt für ihn „Adi“ ist. Adis Haus ist eine Anlaufstelle für Kranke
und Hungrige. Ein befreundeter Arzt schickt regelmäßig Medikamente.
Adolf Deininger bekocht die einheimischen Kinder und gilt als die gute
Seele der Gegend.
Adi Deininger ist auch praktisch veranlagt. „Ein Esel muss her“, sagt er
zu dem Besucher aus der Schweiz, der mit einer umgebauten
Fahrrad-Rikscha unterwegs ist. „In den steinigen und versandeten
Trockenflüssen schaffst du es nie, die Kutsche selbst zu ziehen“, sagt
Adi. Der Schweizer kauft bei einem Farmer den Esel Amos, der aber keine
Lust hat, den Karren zu ziehen, und schleunigst zu seinem Vorbesitzer
zurücktrabt. Nach einer 24-stündigen „Verfolgungsjagd“ finden Mario, der
Schweizer, und Amos, der Esel, wieder zueinander. Aber es entwickelt
sich keine lange Freundschaft. Amos bleibt bei Adi Deininger, als der
Schweizer weiterzieht.
Über Adi selbst erfahren wir wenig. Bereits in den 60er Jahren ist der
Kevelaerer, ein erfolgreicher Geschäftsmann, „ausgestiegen“, hat seine
Heimat verlassen und ist in Namibia unter einfachsten Verhältnissen
längst heimisch. Warum er ausgestiegen ist, wissen wir nicht.
Sein Kontakt zur alten Heimat reißt nie ganz ab. In regelmäßigen
Abständen erhält er von Freunden einen Stapel mit Ausgaben des Kävels
Bläche, die er Satz für Satz „verschlingt“.
Das ist seit August 2000 zu Ende. In einer Traueranzeige wird im KB
gemeldet, dass Adi Deininger gestorben ist.