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    SACHBEGRIFFE |
Brauers, Josef

Ein Wettener und sein kurzes Leben | * 1903 | † 1946

Foto zeigt Josef BrauersIm Mai 1998 bekommt Hedwig Brauers aus Wetten einen Brief vom Deutschen Roten Kreuz. Er enthält eine Sterbeurkunde, ausgestellt auf ihren Mann Josef, den sie im Jahr 1939 geheiratet hat. Er ist aus dem Krieg nicht zurückgekehrt. Hedwig Brauers weiß nun, 60 Jahre später, wann und wo ihr Mann gestorben ist.

Als Sohn der Eheleute Heinrich und Berta Brauers wird Josef 1903 in Wetten geboren. Die Eltern betreiben eine Schuhfabrik, in der Josef ab seiner Schulentlassung arbeitet. Josef hat Freude am Vereinsleben im Dorf und belebt und prägt es durch seinen Einsatz. 1921 zählt er mit Engelbert Helmus, Peter Vos, Johann Valks, Heinrich Gipmans und Wilhelm Bohne zu den Gründern des Sportvereins Union Wetten. Für lange Jahre übernimmt er im Vorstand der Union das Amt des Schriftführers. 
Tief sitzt der Schock, als 1924 plötzlich der Vater stirbt. Zu dem schmerzlichen Verlust kommt noch der Druck der unerwarteten Verpflichtung, mit seinen Brüdern nun für die große Familie sorgen zu müssen. Seine Mutter, die 15 Kinder zur Welt gebracht hat, ist inzwischen gelähmt und hat intensive Pflege nötig. Und auch in der elterlichen Firma muss es weitergehen. 

Josef übernimmt 1938 zusammen mit seinem Bruder Alfons die Wettener Schuhfabrik, die hauptsächlich Unfallverhütungsschuhe für den Bergbau herstellt. 

Josef Brauers kann sich seine lebensfrohe Art erhalten, und auch sein musikalisches Talent wird von der Wettener Jugend sehr geschätzt. Wo Josef ist, herrscht alsbald Frohsinn. Die Jugend trifft sich im Brückelokal „Düngelhoff“. Dort setzt sich Jupp ans Klavier, es werden Lieder gesungen, und bald ist Stimmung im Saal. Alle verleben unvergessliche Stunden mit ihm. Da versteht es sich von selbst, dass er auch im Musikverein, der von seinem Vater 1897 gegründet worden ist, als Mitglied mitspielt. Zudem schätzen ihn die Schützen in der St.-Sebastianus-Bruderschaft wegen seiner engagierten Mitgliedschaft. 

So fällt die Wahl nicht schwer, als die Geselligen Vereine von Wetten 1936 ihren Festkettenträger aussuchen: Josef Brauers wird für die Sebastianer das Ehrenzeichen der Dorfgemeinschaft umgehängt. Damit wird dem Schuhfabrikanten auch Anerkennung dafür ausgesprochen, dass er immer zur Stelle ist, wenn Hilfe gebraucht wird, so auch im Kriegsjahr 1940: Für die Feuerwehr, die ein Wachlokal braucht, richtet Josef Brauers auf seine Kosten ein Zimmer in dem alten Haus zwischen Aymanns und dem Getränkeladen Hüsch - damals Aengenheyster - her („in den Hahn“). Oder 1943: Als der Kirchturm am 16. März in Brand gerät, ist Josef Brauers der erste, der unter Lebensgefahr den Brand im Gewölbe bekämpft.

Es kommt das Jahr 1944. Josef Brauers, der seit dem 31. Mai 1939 mit Hedwig Daniels aus Kevelaer verheiratet und inzwischen Vater der Kinder Marlies und Heinz Jürgen ist, wird am 5. September zum Wehrdienst einberufen - überraschend, denn er ist als „unabkömmlich“ eingestuft, da bereits drei seiner Brüder an der Front sind und die Schuhproduktion auch im Krieg wichtig ist. Zwei seiner Brüder und eine Schwester werden den Krieg nicht überleben.

Nach kurzer Ausbildung in Böhmen-Mähren wird Josef Brauers mit seiner Einheit nach Wien verlegt. Laurenz Kösters aus Wetten, der mit ihm eingezogen worden ist, berichtet: 

Die ganze Einheit besuchte den Sonntagsgottesdienst im Stephansdom. Josef Brauers gelang es, bis zur Orgel durchzukommen, und alsbald erklang das Schlußlied: „Maria breit den Mantel aus“. 

Da blieb bei den Soldaten, die fast alle vom Niederrhein stammten, kein Auge trocken, zumal alle am nächsten Tag zum Einsatz mußten.

Es ist das Letzte, was Hedwig Brauers für lange Zeit von ihrem Mann sicher weiß. Die Jahre ziehen ins Land. Die Wettener Schuhfabriken Terhoeven, Ingenillem, Brauers und Kösters produzieren wieder. Und viele weitere Jahre vergehen, bis eines Tages jener Brief des Deutschen Roten Kreuzes in Wetten eintrifft. 

Hedwig Brauers hält im Mai 1998 die Sterbeurkunde ihres Mannes in Händen - 52 Jahre nach seinem Tod. Josef Brauers ist in russische Gefangenschaft geraten und im Lager Sambor Lemberg interniert worden.

Dort stirbt er 1946, schwer erkrankt. Er ist 43 Jahre alt.

Quellenhinweis: Kevelaerer Persönlichkeiten 3

© Martin Willing 2012, 2013